Wie viel Ablenkung brauchst du wirklich?

Jeder Mensch lenkt sich ständig mit irgendetwas ab. Das ist so ein bisschen das Problem unserer modernen Zeit: alle sind durch den täglichen Gebrauch von sozialen Medien und Smartphones so an Ablenkung gewöhnt, dass man sie eigentlich gar nicht mehr loslassen will. Langeweile beziehungsweise das nicht erfüllte Bedürfnis nach Ablenkung ist immerhin ein ziemlich unangenehmes Gefühl. Aber wenn man ihm folgt, konditioniert man sich nur noch stärker.

Das ist also unser aktueller Zustand: Uns überkommt immer wieder ein Bedürfnis nach Ablenkung und wir folgen ihm sofort, ohne darüber nachzudenken. Dafür gibt es die verschiedensten Möglichkeiten, ziemlich viele durch das Internet ermöglicht. Und das passiert einfach viel zu oft. Was kann man dagegen tun? Ablenkungen aus seinem Leben zu verbannen ist nicht die richtige Variante. Das kann eigentlich nur schief gehen, was machst du denn dann die ganze Zeit?

ein bisschen Selbsterkenntnis

Vielmehr solltest du es mit Selbsterkenntnis versuchen: Also lernen zu bemerken, wann du dich ablenkst bzw. ablenken willst. Dann kannst du nämlich im nächsten Schritt auch entscheiden, ob du das Bedürfnis jetzt unterdrückst und du dich auf deine Aufgaben konzentrierst oder ob du es kontrolliert zulassen kannst. Und kontrolliert bedeutet, Zeit-beschränkt und eine ganz bestimmte Variante von Ablenkung.

Man braucht schließlich auch gelegentlich Ablenkung in seinem Leben. Immer höchst konzentriert zu sein ist einfach viel zu anstrengend. Aber das Maß ist wichtig. Sobald man nicht mehr der Herr der Ablenkungen ist, läuft etwas gehörig schief und man muss eigentlich so schnell wie möglich einen Schritt zurücktreten und die Kontrolle über sein Leben zurück erlangen. Aber wie gesagt: kontrolliert ist Ablenkung etwas sehr hilfreiches. Man muss ja auch mal abschalten und es gibt eine Menge schöner, bestimmt nicht selbstzerstörerischer Möglichkeiten dafür. Falls du sie noch nicht kennst, musst du dich einfach nur mal kurz umschauen. Jeder hat schließlich seinen ganz eigenen Mix an Ablenkungen. Was machen andere? Kannst du dir etwas davon abschauen?

Ablenkung kontrollieren

Aber jetzt nochmal stopp. Geben wir einfach hier auf, an dieser Stelle, wo man erkannt hat, wann man sich wie ablenkt und begonnen hat seine eigenen Ablenkungen zu kontrollieren? Man kann doch noch viel weiter gehen. Du hast zum Beispiel sicherlich eine Menge Verhaltensweisen die bei ganz besonderen äußeren Umständen hervortreten. Vielleicht lenkst du dich ja besonders stark ab, wenn du eine bestimmte Sorte Stress verspürst. Ganz egal, was es im Detail ist, sobald du es kennst, kannst du es bemerken und dadurch auf deinen inneren Zustand Rückschlüsse ziehen. Solche Verhaltensweisen sind, sobald du danach Ausschau hältst, ziemlich gut erkennbar und bieten dir ein hervorragendes Fenster in dich hinein. – Ups, da hab ich mich selbst von der Frage am Anfang des Absatzes abgelenkt. Natürlich ist das ein weiterer Schritt, aber noch viel wichtiger ist in meinen Augen zu verstehen, was eigentlich dahinter steckt.

Ablenkung verstehen

Hinter diesen ganzen Ablenkungen stecken zwei Aspekte: Zum einen ist man einfach an ein gewisses Maß an Ablenkung und damit Stimulation von außen gewöhnt und das fühlt sich angenehm an, also verlangt dein Gehirn mehr davon. (Und immer mehr, solange du dieses Bedürfnis sofort erfüllst.)

Stimulation

Zum anderen hat aber auch jeder Mensch sein ganz persönliches optimales Stimulationslevel. Darunter ist man gelangweilt, darüber ertrinkt man in Reizüberflutung. Dieses Level zu kennen gibt dir die Macht auch andere Stimulationsvarianten wie interessante Interaktionen mit anderen Menschen zu suchen, wenn du das nächste Mal gelangweilt bist. Und wenn du genau weißt, dass es gleich zu viel wird, gehst du einen Schritt zurück, bevor dein Gehirn wegen Reizüberflutung abschaltet. Das ist nämlich die andere Seite der Medaille: Zu viel „Ablenkung“ kann noch schlimmer als Langeweile sein. Kennst du deinen eigenen Bereich der optimalen Stimulation?
Wenn nicht ist es an der Zeit ein bisschen stärker in dich hinein zu fühlen und dich zurück zu erinnern: Wann, in welchen Kontexten fühlst du dich gelangweilt? Wo ist es fast schon zu stressig sich aufzuhalten? Letztendlich ist das nämlich eher ein Bereich, mit dem du ganz gut zurechtkommst. Aber die Regeln gelten natürlich noch immer. Zu wenig ist langweilig und zu viel stressig. Und beides kann durch gezielten Aktivitäten-Wechsel (bzw. schon die richtige Wahl im Vorhinein) behoben werden.

Und dieses Bedürfnis nach Stimulation ist übrigens der zentrale Unterschied zwischen introvertierten und extrovertierten Menschen. Je introvertierter man ist, desto sensitiver ist man intern gegenüber allen einfallenden Signalen. Dementsprechend weniger Stimulation braucht man auch, da es schneller zu einer Überlastung kommt. Extrovertierte brauche dagegen stärke Stimulation von außen, um sich nicht zu langweilen. Kein Wunder, dass sie in gefüllten sozialen Situationen geradezu erblühen.

Das ist also die eine Seite: Kenne dein optimales Stimulationslevel und verhalte dich entsprechend. Jetzt nochmal zu der Gewohnheitssache.

Gewohnheit

Viel der Ablenkung die man den ganzen Tag betreibt ist einfach nur eine Frage der Gewohnheit. Wie schon gesagt, kann man stattdessen ja auch andere Optionen wählen, um sein Bedürfnis nach Stimulation zu erfüllen. Und man kann sogar sich selbst trainieren, um die Grenzen der optimalen Stimulation zu erweitern. (Um sich sowohl auch mit weniger Input nicht unerträglich zu langweilen, als auch um bei zu hoher Stimulation nicht sofort abzuschalten. Jeder entwickelt da mit der Zeit seine eigenen Strategien, vielleicht ist es jetzt ja auch für dich an der Zeit.)

Jedenfalls kannst du aber auch diese Gewohnheit zu überwinden versuchen. Aktuell lenkst du dich ab, wenn du ein Bedürfnis nach Ablenkung und Stimulation verspürst. Durch was könntest du deine aktuellen Aktivitäten ersetzen? In welchen Situationen verspürst du dieses Bedürfnis?

Die erste Frage zu beantworten ist der erste Schritt. So hast du dein Leben eindeutig stärker unter Kontrolle. Bei der zweiten Frage wird es schon deutlich spannender. Jetzt kommst du nämlich in den Bereich, wo man seine Umgebung so anpasst, dass man ganz automatisch das Leben lebt, das man gerne hätte. Sobald du nämlich weißt, in welchen Situationen du besonders stark nach Ablenkung verlangst, kannst du sie schlicht und einfach aus deinem Leben eliminieren. (Oder zumindest seltener machen und Vorbereitungen treffen, um, sobald sie eintreffen, etwas anderes machen zu können, als sich abzulenken und sich selbst so mit der Zeit ein anderes Verhalten anzugewöhnen.)

Also auf geht’s! Überwinde deine zwanghaften Ablenkungen!

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