Der Bauen-Messen-Lernen-Zyklus

Der Bauen-Messen-Lernen-Zyklus ist die grundlegende Lern-Verhaltensweise eines Startups. Und Lernen ist der wichtigste Aspekt der dort durchgeführten Aktivitäten. Kann schon sein, dass nebenbei auch Produkte entstehen, die für Kunden hilfreich sind. Aber der Fokus sollte immer darauf liegen, herauszufinden, ob sich tatsächlich ein nachhaltiges Unternehmen auf der Vision aufbauen lässt.

Dieser Bauen-Messen-Lernen-Zyklus ist also von fundamentaler Bedeutung. Teams, die ihn beherrschen, lernen unglaublich schnell dazu. Alle anderen müssen erst mal ihre Startup-Muskeln entwickeln. Ein solches Verhalten muss zur Gewohnheit werden, bevor es seine wahre Macht entfaltet. Immerhin wird pro Durchlauf genau eine Hypothese getestet. Je schneller der Zyklus durchlaufen wird, desto schneller werden Hypothesen nach Hypothesen getestet. Das bedeutet, dass mit der Zeit unglaublich viele Vermutungen über den Kunden und das Geschäftsmodell mit Daten bewiesen (oder widerlegt) werden. Dadurch entwickelt sich ein klares Verständnis des Marktes, das nicht zu unterschätzen ist. Lass es dir nicht entgehen!

Der Bauen-Messen-Lernen-Zyklus

Die Bezeichnung des Zyklus kommt vom nach Außen sichtbaren Vorgehen, dass hier scheinbar abläuft: Eine Idee wird in ein Produkt umgesetzt (bauen), wodurch Daten gewonnen werden (messen), die wiederum zu neuen Ideen führen (lernen). In Realität läuft der Kreis allerdings genau andersherum ab.

Ganz zu beginn wird natürlich eine Hypothese aufgestellt beziehungsweise ausgewählt. Es wird also festgelegt, was man am dringendsten lernen möchte. Als nächstes wird aber erst mal das Experiment designt. Man überlegt sich also genau, wie man welche Daten erheben sollte, um die Hypothese zu bestätigen. Erst dann wird tatsächlich ein Produkt gebaut, mit dem dann das Experiment durchgeführt und die Hypothese validiert werden kann.

Das ergibt so auch eindeutig mehr Sinn: Erst sobald man weiß, was genau herausgefunden werden soll, kann man auch ein Produkt erschaffen, das sich auf die hierfür essentiellen Features beschränkt. Alles andere ist unnötiger Aufwand, den man aber gar nicht vermeiden kann, wenn man nicht exakt festgelegt hat, was man lernen möchte.

Ideenfindungs- und Planungsphase

Auch dieser „inoffizielle“ Teil des Bauen-Messen-Lernen-Zyklus ist natürlich wichtig. Glücklicherweise kann er allerdings fast bis auf Null reduziert werden:

Die Ideenfindungsphase kann asynchron stattfinden: Immer wenn jemandem eine neue Idee kommt, wird sie aufgeschrieben und gesammelt. Wenn dann die nächste Hypothese gebraucht wird, wählt man einfach aus dem Topf der Ideen die vielversprechendste aus und ist fertig.

Wer dann noch den Experiment-Aufbau grundsätzlich von einem Experiment zum nächsten gleich lässt, also zum Beispiel immer Split-Tests und Kohortenanalyse verwendet und dabei standardisierte (und vor allem umsetzbare) Messgrößen verfolgt, ist auch mit der Planung des Experiments schon fertig: Man baut ein MVP, testet seine Auswirkungen wie eben beschrieben und hat dann sofort Daten zur Hand, die belegen, ob die Hypothese wahr oder falsch ist. Dementsprechend wurde dazugelernt und die getestete Veränderung wird dauerhaft in das Produkt aufgenommen oder fallen gelassen.

Das heißt aber auch, dass die Hypothese klar formuliert sein muss. Erst wenn sich durch die Daten glasklar entscheiden lässt, welche Antwort auf die Frage, die die Hypothese gestellt hat, die richtige ist, entfaltet sich die wahre Macht des Bauen-Messen-Lernen-Zyklus. Weiterhin darf der Plan also auch nicht sein: Wir bauen es und schauen dann mal was passiert. Bei diesem Ansatz kann man nur gewinnen: beim Schauen was passiert. Dazulernen ist nur begrenzt möglich. Besser man testet von Anfang an klar formulierte Hypothesen und gewinnt so eindeutig belegtes Wissen über den Kunden, das Produkt, das Geschäftsmodell, etc.

Bauen

Beim erschaffen des MVP gilt: Je weniger Aufwand, desto besser. (Kleine Erklärung am Rande: Man sagt zwar Minimum Viable Produkt, es ist allerdings meistens nur eine eher kleine Veränderung in einem Gesamtprodukt.)

Das bedeutet, dass alles, was nicht direkt beim validieren der Hypothese hilft, unnötiger Aufwand ist. Und unnötiger Aufwand sollte vermieden werden. Was, wenn die Hypothese sich als falsch herausstellt? Dann war das nicht nur unnötiger Aufwand, sondern sogar Verschwendung von Ressourcen. Ein Startup hat keine zusätzlichen Ressourcen, die es verschwenden kann.

Solange also Qualität nicht direkt Teil der zu testenden Hypothese ist, muss man sie an dieser Stelle vernachlässigen. Darum kann man sich immer noch kümmern, sobald die Hypothese bestätigt wurde. Dann ist es schließlich kein unnötiger Aufwand, sondern vielleicht sogar die nächste Hypothese: Lässt sich durch höhere Qualität eine noch größere Auswirkung dieser Veränderung erzielen?

Jetzt sind wir aber schon beim nächsten Durchlauf des Bauen-Messen-Lernen-Zyklus. Kümmern wir uns doch lieber erst um die Fertigstellung des aktuellen:

Daten messen

Wie genau die Techniken funktionieren, die ich jetzt schon mehrfach genannt habe, werde ich wann-anders erklären. (Split-Test, Kohortenanalyse, …) Jetzt geht es erst mal um die Grundlagen:

Der wichtigste Punkt ist natürlich objektive und vor allem umsetzbare Messgrößen zu verwenden. Umsetzbar bedeutet, dass sich die Veränderungen in den Daten ganz klar dem Experiment zuordnen lassen und von keinen anderen Faktoren abhängen. Man kann daraufhin also Veränderungen der Daten umsetzen, indem man die Veränderungen durch das MVP rückgängig macht oder wiederholt. Diese eindeutige Zuordnung von Bemühungen mit Resultaten ist wichtig, um die Hypothese korrekt zu beantworten. Wer leere Messgrößen, wie zum Beispiel Gesamtzahlen misst, täuscht sich selbst über die Auswirkungen seiner Bemühungen hinweg und wundert sich irgendwann, wenn die Gesamtzahlen einen unerklärlichen Dämpfer erhalten. Wer in der Produktentwicklung ist jetzt bitte hieran Schuld?

Weiterhin sollte man in jedem Experiment möglichst die selben Daten verfolgen. Genauer gesagt die, die vom Wachstumsmotor als am wirkungsvollsten vorgegeben werden. Auf diese Weise werden Experimente und ihre Auswirkungen vergleichbar und man konzentriert sich vor allem auf die effektivsten Punkte: was gemessen wird, wird auch verbessert.

Und das beste: Sobald man eine gewisse Zeit lang Daten gesammelt hat, ist eine klare Hypothese automatisch bewiesen oder widerlegt. Da gibt es keinen Interpretationsspielraum, der dir einen Strich durch die Rechnung macht, sondern du kannst sofort zur nächsten Hypothese übergehen. Der Zyklus startet von vorne.

Anwendung

Dieser Bauen-Messen-Lernen-Zyklus wird an einer ganz bestimmten Stelle angewendet: In der Optimierungsphase. Also, sobald die Grundwerte etabliert wurden, von denen aus man sich zu den Zielwerten vorarbeiten will. Hierbei werden ständig weitere Hypothesen getestet, wie sich die Motordaten verbessern lassen, um tatsächlich das prognostizierte Wert-Erschaffungs- oder Wachstums-Ziel zu erreichen. Stellt sich das als unmöglich heraus, müssen neue grundlegende Hypothesen gefunden werden, ansonsten kann sich diese Optimierungsphase bis in alle Ewigkeit fortsetzen. (Beziehungsweise bis Produktmarktreife erreicht wird.)

Jetzt ist nur noch eine Frage relevant: Wie gut kannst du diesen Zyklus anwenden? Wie geübt sind deine Startup-Muskeln?

Kommentar verfassen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.