Ich bin mir sicher, dass jeder, der regelmäßig längere Texte zu allen möglichen Themen schreibt, so wie ich es mache, dieses Phänomen kennt. Texte lassen sich unterschiedlich leicht schreiben. Manche benötigen nur eine halbe Stunde und fühlen sich dann schon super formuliert an. Bei anderen quält man sich gefühlt stundenlang herum und ist immer noch nicht zufrieden mit dem Ergebnis. (Mit der richtigen Technik schafft man das dann oft auch noch in unter einer Stunde – bei vergleichbarer Textlänge. Im ersten Fall kann man allerdings auch kurzerhand ohne wirklichen Mehraufwand einen doppelt so langen Text aus dem Ärmel schütteln, während normalerweise doppelte Wörterzahl dreifache Anstrengung bedeutet.) Wo liegt der Unterschied? Und noch wichtiger: Kann man das ganze ausnutzen, sobald man weiß, was hier vor sich geht?
Das ist doch der einzige wahre Grund Wissen zu erwerben: Weil man dadurch einen Vorteil gegenüber denen hat, die sich einfach von ihren Instinkt leiten lassen. (Letztendlich ist das übrigens auch eine Form des Wissens, da hier das Unterbewusstsein auf seine Erfahrungen zurückgreift.) Wer derartige Vorteile schon öfter erfahren hat, beginnt dann auch Wissen anzuhäufen, das sich noch nicht direkt anwenden lässt – in der berechtigten Hoffnung, dass es später mal nützlich sein wird. Und das wird selten enttäuscht, solange man sich nicht mit völlig abstrusen Themen beschäftigt. Aber ich schweife ab. In diesem Fall wird der Lernerfolg darin liegen, dass man bestimmte Situationen erkennen kann, in denen man sich schwerer tun würde, wenn man nicht rechtzeitig auf ein angrenzendes Thema wechselt, über das man viel besser schreiben kann. Wie schon gesagt, kann das immerhin eine Halbierung der Arbeitszeit und vor allem eine viel größere Zufriedenheit mit dem Endergebnis bedeuten. Was ist jetzt also der große Unterschied?
Was macht Texte unterschiedlich leicht zu schreiben?
Ich habe eine ganz klare Vermutung: die Dauer mit der man sich bereits vor dem Schreiben im Kopf mit einem Thema auseinandergesetzt hat, ist indirekt proportional zur Menge der Gedanken, die man sich dann während dem Schreiben machen muss, um einen einigermaßen zusammenhängenden Text zu produzieren. Je besser du mit einem Thema vertraut bist, desto erfolgreicher kannst du einfach los-reden und nach 1000 Wörtern aufhören. Du hast dann schon fertige Argumente im Kopf, kennst die wichtigen Themen und kannst sogar instinktiv eine sinnvolle Reihenfolge auswählen. Hier braucht man oft nicht mal eine Rahmenlinie, an die man sich später hält. Der Effekt wäre gering. (Natürlich macht man es trotzdem, um sich keine schlechten Gewohnheiten zuzulegen. Vorher die Struktur eines Textes festzulegen, ist immerhin einer der besten Produktivitätstipps beim Schreiben.)
Möglicherweise geschah diese Beschäftigung mit dem Thema völlig unterbewusst und erstreckte sich auch nur auf angrenzende Themen, das ist allerdings völlig egal. In diesem Fall hast du immer noch einige Ideen, sobald du das Artikelthema vor dir siehst und brauchst dir keine Sorgen zu machen, dass du unterwegs stecken bleibst. Nur bei dir völlig unbekannten Themen riskierst du eine Situation, die man wie die Pest vermeiden sollte: Mentale Blockade, weil dir wirklich überhaupt nichts einfällt. Dann hilft nur noch die richtige Technik, aber dazu kommen wir später.
direkte Konsequenzen
Zum einen solltest du natürlich, sobald du ein Thema siehst, für das du noch keinen fertig ausformulierten Artikel im Kopf hast, sofort auf die Suche nach angrenzenden Themen und Bereichen gehen, zu denen du auch noch etwas zu sagen hast. Was sind die wichtigen Punkte? Welche Nebentangenten kannst du andeuten und vielleicht in späteren Artikeln aufgreifen? Je mehr du hier findest, desto mehr Stoff hast du später beim Ausformulieren deines Artikels. Desto sicherer fühlst du dich und desto besser wird der Artikel.
Besonders bei neuen Themen ist das wichtig: Finde in deinem Kopf verknüpfte Informationen. Niemand schreibt dir schließlich vor, in welche Richtung genau du den Artikel tragen wirst, was genau du alles aufnehmen wirst. Am Ende wird es eben eine Argumentation aus deiner ganz eigenen Perspektive. Wenn du gut schreiben kannst, ist das auf jeden Fall für alle lesenswert. Und sobald du verknüpfte Informationen gefunden hast, hast du die Blockade vermieden. Dann findest du gleich noch mehr und noch mehr und schon kann man sich fast den fertigen Artikel vorstellen.
Weiterhin bedeutet das natürlich auch, dass man gleich von Anfang an die Themen auswählen sollte, bei denen man schon fühlt, dass man etwas zu sagen hat. Warum sich unnötig das Leben schwer machen, wenn man auch erst mal die „einfacheren“ Texte in Angriff nehmen könnte? Gleichzeitig könnte man allerdings auch genau den entgegengesetzten Weg gehen, um besonders durch die Situation gefordert zu werden. Wer weiß, wonach dir dann im Moment der Sinn steht, aber du hast dann zumindest die Wahl. Du kannst genau den Weg gehen, den du gerade brauchst, anstatt dieses Ergebnis letztendlich dem Zufall zu überlassen. Und spüren, ob man zu einem Thema etwas zu sagen hat, kannst du mit ein bisschen Übung auf jeden Fall. Probier es mal aus!
Auf der anderen Seite verlangt diese Erkenntnis allerdings auch einfach generell über ein breites Spektrum an Ideen und Themengebieten informiert zu sein. Wer wie ein Wissensstaubsauger durch die Welt läuft und sie die Meinungen anderer Leute zu allen möglichen Themen anhört und für sich selbst adaptiert, kann logischerweise viel mehr Artikel schreiben, als jemand, der stets in seiner eigenen kleinen Nische bleibt. In diesem Bereich kommt Neugierde eben automatisch. Man muss bloß noch lernen, sie auf die ganze Welt auszudehnen. Wie neugierig bist du?
die richtige Technik
Und schließlich sollte man auch noch eine Technik entwickeln, die einem in den Situationen hilft, in denen die mentale Blockade unmittelbar bevorsteht. Aber keine Sorge. Das Thema, zu dem man überhaupt nichts zu sagen hat, gibt es gar nicht. Vor allem, wenn er innerhalb der Kategorie der bisher behandelten Themen bleiben soll, um nicht die Leser vor den Kopf zu stoßen. Vielleicht hast du mal nicht die besten Voraussetzungen, weil du praktisch noch nie über eine Sache nachgedacht hast, das ist dann aber auch schon alles. Du holst das ganze einfach jetzt nach. Und zwar auf eine höchst effektive Art und Weise.
Die richtige Technik ist simpel: Zuallererst sammelst du alle Ideen, die dir zu dem Thema einfallen. Mit ein bisschen Übung fließen hier nur so die (unzusammenhängenden) Worte aus dir heraus und ansonsten probierst du jetzt halt endlich mal die ganzen Kreativitätstechniken aus, von denen du gelesen hast. Im zweiten Schritt wird das ganze dann noch organisiert und in eine funktionierende Struktur gebracht und schon kannst du so vorgehen, als ob du all das von Anfang an geplant hast. Wird bestimmt niemand merken und dich kostet es auch nur 20 Minuten mehr als normalerweise. Voilà, fertig.