Manchmal stolpert man im Leben über Dinge, die man unglaublich faszinierend findet, von denen man sich kaum noch lösen kann. Manchmal sträubt man sich dagegen, versucht es zu vermeiden und installiert Systeme in seinem Leben, um es nicht noch einmal zu machen. Zum Beispiel weil man von jeder neuen Serie sofort in ihre Welt hineingezogen wird, und das darauf folgende Suchtverhalten unterbinden möchte.
Manchmal will man das aber weiter verfolgen, über das man da gestolpert ist. Vermutlich, weil das mit den eigenen Werten übereinstimmt, weil man wichtige Fähigkeiten dabei lernen kann. Dann tut sich wieder das Kaninchenloch vor dir auf, aus dem du eben noch krampfhaft heraus-klettern wolltest, und dieses mal rennst du geradezu hinein, stürzt dich Kopfüber hinunter. Mal sehen, was es hier alles zu entdecken gibt.
im Kaninchenloch
Oben hast du vielleicht noch einen sehr weiten Blick gehabt, jetzt bleibt dir gar nichts anderes übrig, als dich auf die Tunnel vor dir zu konzentrieren. Sobald du so tief eingetaucht bist, spielt nichts anderes mehr eine Rolle, du erlebst Flow und die Zeit vergeht schneller und langsamer zugleich. Du beschäftigst dich hoch konzentriert mit dem Thema vor deiner Nase und nimmst es mit allen Sinnen auf.
Vielleicht ist es ein total faszinierendes Buch, das dich genauso in seinen Bann zieht, wie die oben beschriebenen Serien. Vielleicht ein neuer Wissensbereich, von dem du schon immer gespürt hast, dass er doch eigentlich existieren müsste. Oder vielleicht auch ein einfacher Einstieg in eine Fähigkeit, die du schon immer meistern wolltest. Was genau es ist, ist eigentlich egal. Du wirst eine Menge lernen können, über die Romanwelt, den Wissensbereich, die Fähigkeit – und wenn du aufmerksam bist, auch über dich selbst und alles andere, was auch noch eine Ebene dahinter liegt.
Nutze die Gelegenheit, dass du so ein wunderbares Buch gefunden hast, und denke in den Pausen darüber nach, was es so gut macht. Wie kannst du das imitieren? Wie findest du noch mehr Bücher mit diesen Eigenschaften? Nutze die Gelegenheit, um mehr Informationen darüber zu sammeln, was dich anspricht, was dich fasziniert, worin du dich stundenlang verlieren kannst. Das sind doch die Dinge, die du in deinem Leben besonders erstreben und anreichern solltest. Nutze die Gelegenheit, um die besten Lern-Strategien zu trainieren. Und so weiter.
Außerdem kannst du vielleicht erkennen, wie du das Kaninchenloch gefunden hast, und daraus lernen, wie du soetwas erneut finden kannst. Dann kannst du immer wieder neue Kaninchenlöcher auftun, wenn dein Leben zu langweilig wird.
Aber ganz egal, ob du diese ganzen Dinge auch noch beachtest oder nicht, ein solches Erlebnis, wo man in ein Kaninchenloch hinein-stürzt, ja geradezu hinein-rennt, ist wirklich faszinieren. Es hat aber auch eine Schattenseite:
wird dein restliches Leben ausgeblendet
Im Kaninchenloch wird dein ganzes restliches Leben ausgeblendet. Du weißt nicht mehr, dass du eigentlich etwas essen solltest oder dass du später noch eine Verabredung hast. Du vergisst völlig dich um den Haushalt zu kümmern, einzukaufen oder all die anderen Dinge zu machen, die du normalerweise auch noch in deinem Leben machen würdest.
Und das ist offensichtlich nicht optimal.
Aber was willst du dagegen machen? Sobald du ein Kaninchenloch verspürst, einfach wegrennen? Das funktioniert ja schon bei denen, die du gar nicht betreten willst, nicht wirklich und dieses mal ist es sogar auch noch schade. Willst du dich wirklich um diese tolle Erfahrung bringen?
Das einzige was hilft ist jeden einzelnen Tag eine „First-Things-First“-Strategie zu verfolgen und zusätzlich auch noch die Zeit zu beschränken, die man in dem Kaninchenloch verbringen darf. Keine Sorge, das kann immer noch ziemlich viel sein.
Glücklicherweise ist unser Kaninchenloch ja nur eine Metapher und du kannst dich sozusagen heraus-teleportieren, wenn du dich um etwas anderes kümmern musst/willst. Dein Verstand wird natürlich noch eine Weile darin zurückbleiben und du kannst dich in Gedanken kaum von dieser faszinierenden Sache lösen. Also musst du dich stark konzentrieren, wo auch immer das nötig ist, bis die Nachwirkungen deines Aufenthalts im Kaninchenloch abgeklungen sind. Aber das schaffst du!
Zuerst zur Zeitbeschränkung: Addiere doch mal Schlaf, Arbeit und alle anderen verpflichtenden Aktivitäten des Tages auf. Wie viel bleibt dann noch übrig? Willst du das alles dem Kaninchenloch widmen? Stelle dir einen Wecker, bevor du es betrittst, mit der Zeit, die du dir vorgenommen hast, und erlaube dir selbst nicht ihn zu ignorieren. Solltest du dann also schon relativ früh am Tag ein Kaninchenloch betreten haben, kannst du es rechtzeitig verlassen, um auch noch all die anderen Sachen machen zu können.
First-Things-First
Was sind die wichtigsten Aspekte deines täglichen Lebens? Ich bemühe mich zum Beispiel jeden Tag einen Artikel mit mehr als 1000 Wörtern zu schreiben, ausreichend Sport zu machen und ein paar Minuten der Reflexion zu widmen. Zusammen mit meiner Arbeit, die logischerweise eine hohe Priorität bekommen muss, sind das die Dinge, die ich zuerst mache. Egal, was ich sonst noch alles vorhabe, darum kümmere ich mich als erstes am Tag. Alles andere ist danach überhaupt erst erlaubt. (Mit der Ausnahme der abendlichen Reflexion. Die ist logischerweise abends das letzte was ich tue – theoretisch.)
Also was sind deine „First-Things“, die Dinge, die du als erstes machst, bevor irgendetwas anderes dran ist? Denk mal drüber nach, definiere sie ordentlich, und dann halte dich auch daran. Glaub mir dein Leben ist viel entspannter, wenn du alles schon gemacht hast, was du machen musst. Andernfalls trägst du immer so ein bisschen Druck mit dir herum („das, das und das muss ich ja auch noch heute machen“) und das wäre doch echt doof.
Darüber hinaus, sobald du diese zwei Strategien in deinem Leben verfolgst, sind Abzweigungen in das Kaninchenloch deiner Wahl absolut zu empfehlen. Das ist unglaublich faszinierend, du lernst eine Menge und jeder sollte gelegentlich eine solche Erfahrung machen: komplett in eine andere Welt, eine neue Fähigkeit oder was auch immer einzutauchen und nie wieder herauskommen zu wollen.
Wie tief geht das Kaninchenloch noch? Was finde ich hinter der nächsten Biegung? Kann ich mich bis zu anderen Kaninchenlöchern durchbuddeln, die ich in der Vergangenheit erkundet habe?
Wie gesagt, es ist unglaublich faszinierend und absolut zu empfehlen. Wenn du das nächste mal also eines findest: Kurzer Check, ob die Sicherheitsvorkehrungen noch in Takt sind, und schon geht es hinunter.