Effekte, die man beim Lernen ausnutzen kann

Die Wissenschaft hat bereits einige Effekte erkannt, die das Lernen betreffen.

Wenn man sich dieser bewusst ist, kann man sie ganz gezielt ausnutzen – oder vermeiden.

Eine Auswahl der besonders wichtigen Effekte werden hier jetzt kurz vorgestellt. Natürlich inklusive von Tipps, wie man das Wissen um Ihre Existenz am besten anwendet.

Potenzgesetz des Vergessens

In den ersten paar Stunden nach dem Lernen eines neuen Stoffgebiets vergisst man besonders schnell.

Bereits nach wenigen Stunden kann man schon bis zu 40% des Lernstoff wieder vergessen haben.

Nach einem Tag ist es noch mehr und eine Woche später kann man sich nur noch an die letzten Bruchstücke erinnern.

Das erinnert an eine Potenzfunktion, da das Wissen ja praktisch pro halbem Tag auf die Hälfte reduziert wird.

Wenn man denn Stoff dagegen aber rechtzeitig wiederholt, beschafft man sich nicht nur das verlorene Wissen zurück, sondern das Vergessen geht jetzt auch langsamer. Vielleicht mit 1/4 des Stoffes pro Tag.

Am nächsten Tag wiederholt man wieder, sodass das Vergessen noch langsamer geht. Das macht man so lange, bis man irgendwann so langsam vergisst, dass das gelegentliche Anwenden des Wissens eigentlich schon Wiederholung genug ist.

Wie groß genau die Rate des Vergessens in jedem Fall ist, ist hierbei unwichtig.

Sie unterscheidet sich bestimmt auch von Person zu Person.

Wichtig ist, dass man sich dieses Effektes bewusst ist und möglichst am selben Tag und dann die nächsten Tage nochmal den Stoff wiederholt.

Wäre ja ärgerlich, wenn man ihn vergessen hat, bevor man ihn dann braucht.

Das am selben Tag wiederholen, könnte zum Beispiel durch ein konzentriertes Durchlesen der eigenen Zusammenfassung vor dem Einschlafen geschehen.

So nutzt man nebenbei auch noch den Schlaf zum lernen.

für das wiederholen nach einem Tag, drei Tagen, einer Woche, kann man sich ja im Lernplan ein bisschen Platz freihalten.

Als nächstes kommt ein Effekt, den man gezielt zur Steigerung der Lernleistung einsetzen kann.

Priming

Dieser Effekt besagt, dass, wenn man sich vor dem Lernen auf den Stoff einstimmt, dieser viel besser abgespeichert wird.

Das Gehirn wird sozusagen voraktiviert und ist dadurch eher bereit den Stoff gleich beim ersten Mal aufzunehmen.

Diesen Effekt kann man schon dadurch erreichen, dass man einfach vor dem Lernen ein bisschen über den jetzt kommenden Stoff nachdenkt.

Man könnte sich zum Beispiel überlegen, wie er im Bezug zu etwas anderem steht, dass man davor gelernt hat.

Oder man schreibt sich die Fragen auf, die man sich durch das Lernen zu beantworten erhofft.

Hauptsache man hat sich im Kopf schon ein bisschen mit dem Thema beschäftigt, das man als nächstes Lernt.

Dann ist das Gehirn schon ein bisschen auf den Lernstoff eingestimmt und man merkt sich viel mehr.

Serieller Positionseffekt

Dieser Effekt bewirkt, dass man sich Sachen, die ganz am Anfang oder ganz am Ende stehen besonders gut merkt.

Fast schon so wie dieses Stilmittel, wodurch das erste und letzte Wort eines Satzes betont ist.

In diesem Fall bezieht sich aber Anfang und Ende auf eine Lerneinheit. Besonders die Dinge die man kurz vor und kurz nach einer Pause lernt, werden noch besser abgespeichert.

Daraus folgen jetzt zwei empfohlene Verhaltensweisen:

Zum einen sollte man die Lerneinheiten in mehr kürzere Abschnitte einteilen, zwischen denen man kleine Pausen macht.

Auf diese Weise wird nebenbei auch noch die Konzentrationsfähigkeit nicht so sehr verbraucht.

Zum anderen sollte man in der Mitte einer Lerneinheit besonders aufmerksam sein. Auf diese Weise werden die Inhalte, die nicht vom seriellen Positionseffekt profitieren nicht vernachlässigt.

Neu + Markant

Keine Ahnung wie dieser Effekt genannt wird.

Jedenfalls ist das eine weitere Art und Weise wie Lernstoff als besonders würdig gelernt zu werden markiert wird.

Wenn man ab und zu etwas Neues oder besonders Markantes im Lernstoff findet, wird diese Sache wie mit einem Spot angestrahlt. Sie sticht förmlich heraus und wird besonders gut erinnert.

Diese gesteigerte Aufmerksamkeit kommt dabei auch den benachbarten Informationen zugute und sie werden auch besser abgespeichert.

Man muss aber aufpassen.

Wenn alles was man gerade liest neu ist, geht der Effekt kaputt. Man sieht keine Verbesserung.

Es funktioniert leider nur, wenn nur ein Teil des Stoffes neu oder markant ist.

Ansonsten gewöhnt sich das Gehirn daran und ist nicht mehr so aufgeregt darüber etwas interessantes gefunden zu haben.

Diesen Effekt könnte man dadurch ausnutzen, dass man sich eine ungewöhnliche Sichtweise auf den Stoff überlegt.

Dadurch wird vielleicht eine Information besonders hervorgehoben und alle anderen profitieren davon.

Besonders angebracht ist das auch, wenn man den Stoff gerade wiederholt und feststellt, dass man einen bestimmten Bereich nicht mehr kann.

In diesem Fall sollte man besonders hier auf die Suche nach etwas ausgesprochen Interessantem gehen.

Zeigarnik-Effekt

Dieser Effekt ist nach der Wissenschaftlerin benannt, die ihn als erste entdeckt hat.

Er besagt, dass man sich an unabgeschlossene Dinge besonders gut erinnern kann.

Dies kann man auf viele verschiedene Arten und Weisen ausnutzen, wenn man einmal nach Anwendungsmöglichkeiten Ausschau hält.

Besonders einfach geht es aber zum Beispiel dadurch, dass man sich am Abend, wenn man den Stoff des Tages wiederholt, alle noch offenen Fragen aufschreibt, die einem dazu einfallen.

Dann denkt dein Gehirn während dem Schlaf über diese Dinge nach und der zugehörige Stoff wird wunderbar abgespeichert.

Vielleicht findet es ja sogar eine Antwort auf die Frage..

Das war es jetzt leider vorübergehend mal mit dem positiven Anteil dieser Effekte.

Kommen wir aber erst mal zu einem Exemplar, das meist nicht so große Auswirkungen hat.

Interferenz

Hierbei handelt es sich genau um das, wonach es sich anhört.

Ähnlicher Stoff, der direkt hintereinander gelernt wird, stört sich gegenseitig. Es liegt sozusagen destruktive Interferenz zwischen den einzelnen Informationen vor.

Ich habe das bis jetzt eigentlich nur beim Vokabeln-Lernen beobachtet. Besonders wenn man in alphabetischer Reihenfolge neue Wörter lernen soll, vertauscht man schnell ihre Bedeutungen.

Trotzdem sollte man natürlich darauf achten, dass die Themen von direkt aufeinander folgenden Lerneinheiten sich ein wenig unterscheiden.

Wenn sie zu ähnlich sind, verwechselt man am Ende noch die verschiedenen Unterschiede und muss diese beiden Themen erneut lernen, diesmal mit extra Konzentration und der Bemühung nicht beides direkt hintereinander aufzufrischen, sondern zwischendurch mal etwas anderes zu machen.

Die Moral dieses Effekts ist also, dass aufeinander folgende Informationen Unterschiede beinhalten sollten, die groß genug sind.

Emotionen als Lernkatalysator

Wie man sich fühlt, während man lernt, hat einen großen Einfluss auf den Lernerfolg.

Negative Emotionen wie Langeweile, Unlust, Frustration, Zwang oder Stress führen zu einer starke Abnahme der Lernleistung.

Wenn man dagegen mit einer positiven Grundstimmung an die Arbeit geht erhöht sich die Lernleistung um ein Vielfaches.

Das lässt sich ganz einfach ausnutzen.

Man muss sich lediglich vor dem Lernen in eine positive Stimmung bringen.

Wie genau man das erreicht ist jedem selbst überlassen.

Ob positive Körpersprache, Lachen oder ein schönes Buch, was auch immer einen positiv denken lässt und nicht zu sehr vom Lernen ablenkt, kann man im Vorhinein nutzen.

Hauptsache man nimmt diese positive Einstellung mit in die Lerneinheit hinein.

Als nächstes kommen 2 Effekte, die etwas mit der Umwelt, nicht mit dem Lernen direkt zu tun haben.

Kontext/Zustandsabhängiges Lernen

Beim Lernen wird auch immer der Kontext in dem die Information abgespeichert wurde, mit abgelegt.

Das ist der Grund, warum man sich zum Beispiel bei besonderen Gerüchen gleich in die Zeit einer bestimmten Erinnerung versetzt fühlt, wenn man sie erneut riecht.

Das bedeutet aber auch, dass Lernstoff, der bei Lärm und lauten Stimmen gelernt wurde, in einem ähnlichen Kontext besser abgerufen wird, als in einem grundsätzlich verschiedenen, zum Beispiel einem ruhigen Prüfungsraum.

Ähnliches gilt übrigens auch für den körperlichen Zustand des Lernenden.

An Dinge, die wir im betrunken Zustand erfahren haben, erinnern wir uns manchmal nur, wenn wir das nächste Mal wieder betrunken sind.

Man sollte also darauf achten, dass die Lernatmosphäre dem Prüfungskontext ähnelt.

Dadurch steht der erfolgreichen Erinnerung zumindest in dieser Hinsicht nichts im Wege.

Dieser erste der beiden Effekte, die mit der Umwelt zu tun haben, äußert sich also auf gute und auf schlechte Weise.
Der nächste hat dagegen nur wünschenswerte Auswirkungen. Wenn man ihn den ausnutzt.

Ich habe es mal unter der Technik zusammengefasst, die man dabei sozusagen anwendet.

Platzlernen

Wenn man etwas an einem ungewöhnlichen Ort lernt, wird es besonders gut abgespeichert.

Mit ungewöhnlich meine ich hier, dass er sich vom normalen Lernplatz unterscheidet.

Man sollte also ab und an mal an einem ungewöhnlichen Ort lernen.

Das bietet sich natürlich besonders bei wichtigen Themen oder der letzten Wiederholung vor der Prüfung an. Diese Informationen will man schließlich am besten behalten.

Wichtig ist übrigens auch, dass man es hier nicht übertreibt.

Wenn man jedes mal an einem neuen Platz lernt, geht der Effekt verloren. (Ähnlich wie bei Neu+Markant)

Stattdessen sollte man einen festen Platz haben, an dem man meistens lernt.

Dieser wird dann mit dem Lernen bzw. Arbeiten assoziiert und man kommt leichter in den richtigen Arbeitsflow hinein.

Der letzte Effekt von dem ich heute schreiben werde, ist biologischer Natur.

Es handelt sich um eine Beschränkung unseres Gehirns.

Chunking

Hiermit ist die Tatsache, dass unser Kurzzeitgedächtnis nur 3-7 Informationsblöcke (Chunks) gleichzeitig festhalten kann.

Die genaue Anzahl ist genetisch bedingt. Manche können sogar bis zu 9 Chunks gleichzeitig im Kopf halten.

Diese Tatsache ist deswegen so wichtig, weil alle neuen Informationen erst mal im Kurzzeitgedächtnis zwischengespeichert werden, bevor sie ins Langzeitgedächtnis gelangen können.

Und nur dort werden sie für lange Zeit aufgehoben.

Das Kurzzeitgedächtnis vergisst Informationen dagegen schon nach 20 Sekunden. Oder halt wenn neue Chunks die alten verdrängen.

Zum Beispiel weil man zu viele Einzelinformationen auf einmal lernt.

Statt sich jetzt darüber zu ärgern, dass das eigene Gedächtnis so beschränkt ist, sollte man viel eher folgendes daraus lernen:

Alle neuen Informationen müssen sofort miteinander verknüpft werden.

2 Informationen, die nicht zusammengehören, besetzen verschiedene Chunks. Wenn man dagegen einen Zusammenhang findet, ist plötzlich ein Chunk mehr für andere Informationen frei, die man dann auch noch mit diesen 2 Ursprünglichen Daten verbindet.

Außerdem sollte man diese neuen Informationen auch mit bereits Bekanntem aus dem Langzeitgedächtnis verknüpfen.

So hat man später einen guten Ansatzpunkt um die Informationen wiederzufinden.

Wenn Informationen nämlich nicht mit anderen verknüpft sind, kann man sie nicht abrufen. Das Gehirn weiß gar nicht, wie es sie finden soll.

Wie man diese Informationen jetzt am besten miteinander verknüpft werde ich morgen genauer erklären.

Für jetzt reicht es erst mal all diese Effekte zu kennen und hoffentlich auch zu beachten.

Wiederholung der Effekte

  • Potenzgesetz des Vergessens
  • Priming
  • Serieller Positionseffekt
  • Neu + Markant
  • Zeigarnik-Effekt
  • Interferenz
  • Emotionen als Lernkatalysator
  • Kontext/Zustandsabhängiges Lernen
  • Platzlernen
  • Chunking

Ich hoffe du hast ein paar neue Effekte kennengelernt, die du ab sofort beachten kannst.

Nein – eigentlich hoffe ich, dass du sie alle schon gekannt hast und bereits gezielt ausnutzt 😛

Bis morgen

Julian

PS: Dieser Artikel ist Teil einer Serie zum ‚das Lernen lernen‘. Hier geht’s zum Überblick über alle Artikel.

Links zum vorherigen und nächsten Artikel findest du ganz unten.

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