„Trust me, I’m Lying“ ist Ryan Holidays erstes Buch. Er deckt die dunkle Seite von Internetmedien und wie man sie manipulieren kann auf und beweist es gleich nochmal bei der Veröfentlichung seines Buches: ein geplanter Bestseller. Es geht um die Makel und Probleme, die so tief in modernen Internetmedien verankert sind, dass man sie praktisch nicht mehr loswerden kann. Wenige sind sie so wirklich präsent, kaum jemand wehrt sich dagegen. Aber jeder kann das System ausnutzen und die Nachrichten manipulieren. Ob absichtlich, wie Ryan Holiday es lange gemacht hat, oder unabsichtlich durch Falschdarstellung von Fakten.
Es ist nun mal so, dass Medien nicht die wichtigsten Neuigkeiten an den Mann bringen, sondern das, was sich am besten verbreitet. Von all den Dingen die auf der Welt in jedem Augenblick passieren, erreichen nur ein Bruchteil die Ohren der Medien. Hiervon ist wiederum nur ein Teil überhaupt wert zu Nachrichten zu werden (außergewöhnlich), davon wird nur ein Teil veröffentlicht und davon erreicht wiederum nur ein Teil weite Verbreitung. Das ist letztendlich das kleine Fenster, das dir durch Medien auf die Welt geboten wird. Und im Zentrum der immer mehr und mehr vernetzten Medien stehen Internet-Nachrichtenblogs. Hier beginnen die Probleme und hier kann jeder manipulieren, so viel er will, sobald er weiß, wie es funktioniert.
Trust me, I’m lying
Ryan Holiday ist offensichtlich der professionelle Medienmanipulator, der er behauptet zu sein. Die Beispiele und Erklärungen seiner Taten sprechen für sich und sind Augen-öffnend für alle, die bisher ahnungslos die Medien konsumiert haben. Dieses Buch sollte eine Pflichtlektüre für jeden Menschen sein, der in Kontakt mit der Welt der Nachrichten kommt. Und das ist praktisch jeder.
Die Ursache des Problems
Zum einen gibt es hier das Geschäftsmodell von Nachrichtenblogs zu erklären: Nutzer besuchen die Seite und zahlen dabei nicht mit Geld, sondern mit ihrer Aufmerksamkeit. Diese Aufmerksamkeit kann die Seite dann wiederum an Werbetreibende weiterverkaufen und also über die Anzahl der Seitenaufrufe Geld verdienen. Das ist die einzige Einkommensquelle und daran richtet sich alles andere aus:
Das hat verschiedene Konsequenzen: Zum Beispiel müssen Blogger oft zahlreiche Artikel pro Tag veröffentlichen, um überhaupt einen Hungerlohn zu verdienen. Sie haben keine Zeit für langwierige Recherche und hervorragende Artikel. Solange die Leser den Artikel anklicken (und dann den nächsten und den nächsten) ist das ausreichend. Sie produzieren lieber viele Artikel, die optimiert dafür sind die Aufmerksamkeit der Leser einzufangen. Falls du jemals das Internet betreten hast und dich ein paar Stunden später gewundert hast, wo deine Zeit geblieben ist, bist du schon Opfer dieser Konsumoptimierung geworden. Das ist eindeutig Absicht. Je mehr Zeit du auf der Seite verbringst, desto mehr Geld kann mit deiner Aufmerksamkeit verdient werden.
Und nicht nur das. Derartige Blogs veröffentlichen je nach Größe möglicherweise sogar mehrere neue Geschichten pro Minute. Je mehr Geschichten es gibt, desto mehr Personen betreten die Seite auf der Suche nach entsprechenden Informationen. Es folgt eine wahre Flut an Informationen, in der sich jeder verlieren kann, egal wie gut vorbereitet.
Links als Quelle
Zum anderen haben wir auch noch mit einem Problem zu kämpfen, das uns aus den alten Zeiten des analogen Journalismus angefallen hat: Früher war es eine wunderbar legitime Möglichkeit Zeit zu sparen, wenn man anstatt selbst zu recherchieren einfach einen Artikel einer anderen Zeitschrift zitierte. Solange die Anderen die selben (moralischen) Standards vertreten wie man selbst gibt es keinerlei Probleme.
Das Problem entsteht erst seit Links als Quellen und damit Verlässlichkeitsbeweis verwendet werden. Kaum jemand klickt auf die Links. Du könntest auf irgendetwas verlinken, das mit dem Linktext in irgendeiner Art und Weise zu tun hat. Egal was es ist, es verleiht dem Satz Aussagekraft und Gewicht. „Schau mal, ein Link. Das hat er nicht einfach nur erfunden.“ Und diese Links werden nun mal auch nicht nur innerhalb einer Ebene der Glaubwürdigkeit verwendet, sondern auch größere Publikationen mit höheren Standards verlinken zu immer tiefer gelegenen Blogs mit geringerer Reichweite und niedrigeren Standards.
So kann sich auch eine völlig erfundene Geschichte bis nach oben vorarbeiten, solange sie sich gut verbreitet und sobald sie von nur einer Seite veröffentlicht wurde. Dieser Effekt kann natürlich auch absichtlich ausgenutzt werden, besonders da Blogger nicht mal Konsequenzen zu fürchten haben, wenn sie mal etwas falsches behaupten. Diese Interaktionen beruhen ja nicht auf Vertrauen.
Iterativer Journalismus
Warum auf die Fakten warten, wenn man auch erst die Geschichte schreiben kann und später Fakten hinzufügen? So erhält man einen Post, der sich aufgrund seiner gezielt aufgeblasenen und verzerrten Natur viel besser verbreitet. Und dann noch einen Post, um die Fehler zu korrigieren, die im ersten Artikel gemacht wurden. Und vielleicht noch ein Post, der beschreibt, wie diese Geschichte überhaupt entstehen konnte. Und so weiter. Deutlich mehr Aufrufe, weil mehr und konsumfreundlichere Geschichten. Was will man mehr?
Außerdem kann man Geschichten ja später immer noch korrigieren. Das ist doch das schöne am Internet. Ein tolles Versprechen, bloß kann es leider gar nicht funktionieren. Davon abgesehen, dass sich niemand die Mühe machen wird und eine ganze Geschichte neu schreibt, werden auch die später hinzugefügten Änderungen die meisten aller Leser niemals erreichen. Sie haben die erste Fassung gelesen und werden nicht nochmal zurückkommen.
Das System ausnutzen
All diese Dinge und noch viel mehr, was in „Trust Me, I’m Lying“ aufgedeckt wird, ermöglichen ganz klare Manipulation.
Beginne mit einer Geschichte, die sich von ihrem Wesen her gut verbreitet (starke Emotionen auslöst), ob erfunden oder wahr, und erreiche, dass sie in einem Nachrichtenblog veröffentlicht wird, der derartige Geschichten schreibt. Es kann ruhig ein ganz kleiner sein. Danach treibst du es die Kette hinauf. Kontaktiere die nächst höheren Blogs mit einem Link zum ersten Artikel und Bitte um aufgreifen. Und dann noch höher, bis du ganz oben angekommen bist. Je mehr Arbeit du dem Blogger dabei abnimmst, desto besser. Er bekommt praktisch Aufrufe von dir geschenkt.
Egal ob wahr oder nicht, es ist auch eine Win-Win-Situation. Deine Variante der Geschichte wird verbreitet, der Blogger erhält eine Geschichte, die sich gut verbreitet. So lässt sich Aufsehen für alles mögliche erregen. Man muss aber auch vorsichtig sein! Das System kann sich auch gegen dich Wenden, und dann kannst du rein gar nichts machen.
Wenn du mehr wissen willst, empfehle ich dir das Buch „Trust Me, I’m Lying“. Dort werden auch die Werkzeuge eines Medienmanipulators erklärt.