In „A Brief History of Time“ von Stephen Hawking geht es um die Geschichte der Physik, also wie sich unser Weltbild im Laufe der Zeit verändert hat. Und nicht nur das. All die interessanten Erkenntnisse, werden auf eine klar verständliche Art und Weise erklärt und in Zusammenhang gesetzt. Durch das Lesen dieses Buches habe ich vermutlich mehr über die Zusammenhänge der Physik gelernt, als in meiner gesamten Schulzeit. Und das alles, ohne Formeln.
Ganz recht. Das Buch kommt vollständig ohne Gleichungen, Formeln und dergleichen aus. Mit Worten alleine malt Hawking die wunderschöne Welt der Physik in den Verstand des Lesers, ohne ihn zu überfordern. Wenn man etwas nicht sofort versteht – das ist immerhin Physik – geht man einfach noch mal eine Seite zurück und liest das ganze nochmal. Und nochmal. Und dann hat man es verstanden. (Zumindest auf dem Level auf dem es hier erklärt wird.) Man braucht die exakten Formeln schließlich gar nicht. Das Buch richtet sich an ein Publikum, dass diese Erkenntnisse vermutlich nie in ihrem Alltag anwenden möchte und deshalb auch gar keine Formeln braucht. Vielmehr wollen die Leser eines, das alle Physiker verbindet: die Welt besser verstehen. Am besten komplett.
Das Universum in seiner Gesamtheit zu verstehen war schon lange das Ziel der Physik. Inzwischen hat es sich ein bisschen verschoben, da wir bewiesen haben, dass man nie alles exakt wissen kann. Es gibt eine gewisse Unschärfe, eine Grenze des Wissens, weswegen wir ein neues Ziel haben: Das Universum so komplett zu verstehen, wie es das Heisenberg´sche Ungewissheitsprinzip zulässt. Wenn wir das erreicht haben, können wir wahrhaft behaupten alles verstanden zu haben. Um das zu erreichen, müssen wir all die wissenschaftlichen Teiltheorien miteinander verbinden, die wir im Laufe der Zeit entwickelt und verfeinert haben. Es geht darum die Theorie von Allem zu finden.
A Brief History of Time
Hawking beginnt das Buch bei Newton und seinen universalen physikalischen Gesetzen der Bewegung und der Gravitation. Dass sich diese Gesetze der Gravitation als nicht ganz korrekt herausgestellt haben und später durch Einsteins allgemeine Relativitätstheorie ersetzt wurden, ist nicht das entscheidende. Vielmehr handelt es sich hier erstmals um eine Theorie, die alles mit einschließt, nicht nur die Erde. Dementsprechend konnte hiermit auch erstmals die Bewegung der Planeten ziemlich exakt vorausgesagt werden. (Kepler´sche Gesetze)
Dieses heliozentrische Weltbild war der erste Schritt, den die Menschen gegangen sind von ihrer privilegierten Stellung im Zentrum des Universums in immer größere Unbedeutsamkeit. Inzwischen wissen wir, dass wir uns nur auf einem durchschnittlichen Planeten befinden, der um eine durchschnittliche Sonne im äußeren Bereich einer durchschnittlichen Galaxie kreist. Diese Galaxie ist wiederum nur eine von vielen in unserer ziemlich durchschnittlichen Lokalen Gruppe. Und generell geht man inzwischen davon aus, dass das Universum von jedem Punkt aus in jeder Richtung auf großem Maßstab exakt gleich aussieht. Moderne Theorien halten sogar die Existenz eines Multiversums für möglich, in dem unser Universum mit seiner Startkonfiguration und seinen physikalischen Gesetzen nur eines von vielen ist. Vermutlich ein ziemlich durchschnittliches. Die einzige Beruhigung die für uns übrig bleibt, ist das Wissen, dass wir Mitglied der Spezies sind, die das alles herausfinden kann.
wissenschaftliche Erkenntnisse
Wissenschaftliche Erkenntnis folgt immer einem ganz bestimmten Weg. Jemand stellt eine Theorie auf Grund bisheriger Beobachtungen auf, die auch zukünftige Ereignisse vorhersagt. Genau diese werden also zur Hand genommen, um die Theorie zu überprüfen. Je öfter die Theorie Recht hat, desto mehr steigt unser Vertrauen in sie. Sobald wir ein einziges Gegenbeispiel finden, wissen wir, dass wir eine neue brauchen. Aber dann stehen uns zumindest mehr Daten zur Verfügung und wir können eine korrektere Theorie finden. Die vorherige Theorie wird also verfeinert oder es wird eine komplett neue Beschreibung der Tatsachen aufgestellt. In jedem Fall kommt man der Wahrheit ein Stückchen näher – bis die Theorie wieder widerlegt wird.
Wie schon beschrieben war eine der wichtigsten Erkenntnisse des letzten Jahrhunderts die Tatsache, dass wir niemals alles exakt wissen können. Vielmehr wird die Welt durch Quanteneffekte beherrscht und alle Theorien, die das nicht beachten, (klassische Theorien) wurden Schritt für Schritt durch neue ersetzt, die die Realität noch exakter beherrschen. Es bleibt nur noch eine große Theorie übrig, die noch nicht „quantifiziert“ werden konnte: Einsteins Relativitätstheorie. Sobald wir eine Quantentheorie der Gravitation gefunden haben, kommen wir der Theorie von allem einen kleinen Schritt näher. Und wir stehen kurz davor. Immerhin sagt die Relativitätstheorie ihren eigenen Untergang bereits voraus: In ihr existieren Singularitäten. Punkte, die sie selbst nicht beschreiben kann. Eine Theorie, die die Existenz von Situationen voraussagt, in der sie selbst nicht anwendbar ist, kann nicht korrekt sein. Gleichzeitig bleibt sie aber eine sehr mächtige Annäherung an die Realität und in sehr vielen Situationen erfolgreich anwendbar. Erst seit kurzem beginnt die Wissenschaft Theorien zu diskutieren, die sie ersetzen könnte.
imaginäre Zeit
Imaginäre Zeit ist Stephen Hawkings eigene Idee, wie man diese Singularitäten (Urknall, schwarze Löcher) Vergangenheit werden lassen kann, und das perfekte Beispiel, warum ich dieses Buch so toll fand. Es führt mir vor Augen, wie wenig ich noch verstehe, wie viel ich noch zu lernen habe, da ich immer noch keinen blassen Schimmer habe, was genau damit gemeint sein soll.
Gleichzeitig inspiriert es aber auch dazu, selbst eine wissenschaftliche Einstellung gegenüber dem Leben einzunehmen. Es geht darum Fragen zu stellen, bis man alles verstanden hat. Die Annahmen zu erkennen und zu versuchen das eigene, aktuelle Weltbild zu widerlegen, um der Wahrheit einen Schritt näher zu kommen. Beginnen Theorien explizit zu formulieren und darauf basierend Voraussagen für die Zukunft zu machen.
Wir alle machen das schon instinktiv in uns drinnen. Sobald man den wissenschaftlichen Prozess bewusst anwendet, wird er viel mächtiger. Man vermeidet erfolgreicher die Makel, die wir ansonsten unbemerkt mit uns herumtragen: Sehr verbreitet ist zum Beispiel unsere Tendenz widersprüchliche Daten zu ignorieren. Standardmäßig streben wir nach Belegen unserer Überzeugungen, hiermit können wir uns antrainieren nach Widerlegungen zu suchen. Erst dadurch können wir der Wahrheit immer näher kommen, anstatt irgendwelchen falschen Vorstellungen zu erliegen.
Bist du bereit einen ähnlichen Plan für dein eigenes Leben zu fassen? Dann lies dieses Buch. Lerne über die Geschichte der Physik, verstehe unsere aktuellen Konzepte der Realität und lass dich inspirieren selbst nach der Wahrheit zu suchen.