Die letzten 2 Tage habe ich über verschiedene Möglichkeiten gesprochen, wie man sich selbst dazu bringen kann wichtige Aktivitäten in das eigene Leben zu integrieren. Wenn der Zeitpunkt nicht wichtig ist, kann man es einfach in die Morgenroutine integrieren und ist dann schon vor dem Frühstück damit fertig – jeden einzelnen Tag. Wenn es allerdings wichtiger ist, mit welcher Einstellung man an eine Sache herangeht, als ob man sie überhaupt macht, muss man zuerst die eigene innere Einstellung ändern. Auch dafür gibt es glücklicherweise Techniken. Aber wenn man es mit etwas zu tun hat, dessen Zeitpunkt man nicht voraussagen kann, von dem man bloß sicherstellen will, dass es jeden Tag stattfindet, weil man alle Gelegenheiten dazu nutzt, bleibt nur noch die Murmelmethode. Gleichzeitig kann sie sogar auch dabei helfen die innere Einstellung zu ändern, indem sie einen anderen Ansatz wählt, als den von gestern. Dabei ist sie möglicherweise etwas schwieriger erfolgreich durchzuziehen, dafür aber umso ertragreicher und dauerhafter wirksam. Auch hierfür lohnt es sich also die Methode anzuwenden.
Ein Anwendungsszenario
Bei dieser Technik ist es besonders wichtig zu verstehen, in welchen Momenten sich die Methode anwenden lässt, da du sie nur dann auch wirklich gewinnbringend verwenden kannst.
Ein Beispiel wäre das führen bedeutungsvoller Unterhaltungen. Jeder von uns kommuniziert ziemlich oft den gesamten Tag über, aber wie oft führen wir wirklich bedeutungsvolle Konversationen? Sobald du mal danach Ausschau hältst, bist du möglicherweise stark geschockt. Sie sind viel seltener, als man sich selbst eingeschätzt hätte, und doch kann man so viel positives aus ihnen ziehen, wenn sie doch mal stattfinden. Wie kann man jetzt dafür sorgen, dass man mehr tiefe Unterhaltungen führt?
Zum einen kann man sich informieren, wie das überhaupt geht. Wie bei allem auf der Welt kann man auch hierbei besser werden und es gibt zahlreiche gute YouTube-Videos bei denen man starten kann. Vielleicht schreibe ja auch ich mal einen kurzen Artikel darüber. Aber darüber hinaus helfen traditionelle Strategien nicht weiter. Du kannst nicht einfach jeden Morgen als Teil deiner Morgenroutine eine tiefe Unterhaltung führen. (Außer du hast einen fabelhaften Gesprächspartner, der zufällig auch genau dann eine Unterhaltung führen möchte. Jeden Morgen. Allerdings hat man doch normalerweise Unterhaltungen mit den verschiedensten Personen.) Selbst wenn man sich extra für eine Unterhaltung trifft, zum Beispiel in einem Restaurant, kann es passieren, dass man keine tiefe Unterhaltung führt. Wie kann man zum Beispiel sicherstellen, dass man jeden einzelnen Tag eine tiefe Unterhaltung hat?
Das ist doch schon ein erstrebenswertes Ziel, oder? Man schlägt dabei zwei Fliegen mit einer Klappe: Man wird immer besser beim Unterhaltungen führen, einer Fähigkeit, die sehr hilfreich im Leben sein kann; und man lernt all diese interessanten Dinge über die Welt und die Personen, mit denen man sich unterhält. (Wer diesen letzten Punkt nicht nachvollziehen kann, hatte noch nie eine echte Unterhaltung.)
Ich schlage eine einfache und ziemlich elegante Technik vor: die Murmelmethode.
Die Murmelmethode.
Das Prinzip ist wie gesagt einfach: Du trägst die ganzen Tag eine Murmel mit dir herum (oder auch zwei). Immer an einem ganz bestimmten Platz, zum Beispiel deiner rechten Hosentasche. Die Murmel selbst hat dabei keine Bedeutung, nur ihre Position. Sobald du dann eine echte Unterhaltung führst, darfst du die Murmel an einen anderen Platz bewegen, zum Beispiel die linke Hosentasche. Dabei prägst du dir genau ein, welches Erlebnis das erlaubt hat.
Abends gehst du dann alle Murmeln durch, die es in die linke Hosentasche geschafft haben, und erinnerst dich zurück. Wie ist es dazu gekommen? Was hättest du besser machen können? Was hast du neues gelernt? (Die Fragen ändern sich, sobald man die Murmelmethode auf ein anderes Szenario anwendet.)
Und das war es auch schon. Die Wirkung ist trotzdem Phänomenal. Zum einen wird man den ganzen Tag durch die Murmel in der Hosentasche daran erinnert, dass man noch eine Unterhaltung führen möchte. Zum anderen lernt man durch die abendlichen Reflexionen eine komplett andere Perspektive auf die Welt einzunehmen. Man wird geradezu zur Unterhaltungsmöglichkeit-Suchmaschine. Und genauso geht es dir dann auch bei allen anderen Unternehmungen.
Die Wahrnehmung ändern
Grundsätzlich gilt bei der eigenen Wahrnehmung, dass man nur das sieht, wonach man Ausschau hält. Der einzige Weg die daraus resultierende, selbstverstärkende Spirale wie man die Welt sieht, zu ändern, ist sich selbst aktiv dazu zu zwingen nach bestimmten Dingen Ausschau zu halten. Eben indem man erst dann die Murmel bewegen darf.
Wenn man zum Beispiel lernen möchte, mehr schönes in der Welt zu sehen, bewegt man die Murmeln eben immer dann, wenn man etwas entsprechendes bemerkt. Verbunden mit der abendlichen Reflexion über die Dinge, die du bemerkt hast, lernst du dadurch ganz schnell, wie viel schönes es in der Welt gibt. In Zukunft wirst du es viel einfacher bemerken. Deine eigene Wahrnehmung hat sich verschoben.
Und so funktioniert das für alles, worauf du es anwenden möchtest. Sobald es darum geht, bestimmte Dinge im Laufe des Tages wahrzunehmen und womöglich daraufhin eine entsprechende Handlung durchzuführen, ist die Murmelmethode die perfekte Möglichkeit dich selbst entsprechend zu trainieren. Du wirst merken, dass dein Bild von der Welt sehr stark davon geformt wird, was du in ihr wahrnimmst. Und dieses Bild bestimmt dann wiederum, wonach du Ausschau hältst. Es verstärkt sich selbst. Die Fähigkeit diesen Kreis zu durchbrechen, das eigene Bild der Welt nach Willen und mit relativ wenig Aufwand zu formen, ist eine wahre Superkraft.
Anwendungstipps
Ich hoffe du wirst mal versuchen das umzusetzen. Natürlich lässt sich die Murmelmethode nur auf eine Wahrnehmungsaufgabe auf einmal anwenden, aber mehr Aspekte gleichzeitig zu verändern, ist sowieso zum Scheitern verurteilt. Den größten Erfolg wirst du immer dann haben, wenn du deine volle Aufmerksamkeit auf eine einzige Sache richtest.
Außerdem ist es doch nicht schwer es mal auszuprobieren. Du brauchst nur einen kleinen Gegenstand, der in deine Hosentasche passt, und schon kannst du losgehen und deine eigene Wahrnehmung der Welt verändern. Aber sei vorsichtig welches Ziel du dir setzt. Das System funktioniert logischerweise in jeder Richtung. Wenn du dir nicht sicher bist, dass die angestrebte Wahrnehmungsänderung etwas gutes ist, solltest du sie nicht versuchen. Ansonsten richtest du vielleicht Schaden an, den du nur schwer wieder rückgängig machen kannst. (Zum Beispiel weil du dann gar keine Motivation mehr hast, die Rückgängigmachung zu versuchen.)