Die meisten Menschen lassen sich ziemlich klar in eine der folgenden beiden Kategorien einteilen. Die einen lesen ziemlich regelmäßig Bücher, mindestens im zweistelligen Bereich pro Jahr. Die anderen fassen Bücher nur an, wenn sie das müssen. Reingeschaut wird dabei aber trotzdem nicht. Von Lesen kann sicherlich nicht die Rede sein. Da ist dann die E-Mail oder Textnachricht der längste zusammenhängende Schnipsel seit langem. Und das ist doch eigentlich ziemlich traurig. Liest du?
Ich denke, dass viele Menschen, vor allem in meinem Alter einfach eine Phase der Verweigerung durchlaufen. Sie haben zu viel anderes zu tun, um auf Bücher zurückfallen zu müssen. Und wenn doch mal Freizeit da ist, will man sie lieber mit Serien füllen, anstatt ein Buch anzufassen, wie die, die man in seiner Schulzeit lesen musste. Aber – Überraschung – es gibt ja noch viel, viel mehr Bücher, in zahlreichen anderen Genres und Kategorien. Wenn du danach suchen würdest, wäre bestimmt etwas dabei.
Aber dazu kommt es eben gar nicht erst. Noch ist man einfach nicht bereit Lesen eine so hohe Priorität zuzugestehen, dass es einen Platz im alltäglichen Leben findet. Was will man stattdessen weniger machen? Wir haben schließlich nicht unbegrenzt Zeit und jeder muss ständig Entscheidungen treffen, wie er sie verwenden möchte. Was man nicht mit Spaß verbindet, fällt dabei unter den Tisch. Vor allem, wenn man es nicht machen muss.
Und gleichzeitig hoffe ich, dass diese Phase der Verweigerung nur vorübergehend ist. Dass du irgendwann die Frage „liest du?“ auch wieder mit ja beantworten wirst. Lesen ist nun mal eine phänomenale Aktivität, die in keinem Leben fehlen sollte. Du brauchst nur extrem wenige Voraussetzungen dafür. Keine anderen Menschen, kein Internet, kein Strom. Nur ein (gutes) Buch, genügend Licht und ein Sitz- oder Liegeplatz(, weil beim Laufen lesen nun mal nicht gerade optimal ist). Solche Voraussetzungen kannst du praktisch überall finden, sobald du im Besitz eines Buches bist, das du lesen möchtest.
Und dann kannst du die weiteren tollen Effekte vom Bücherlesen auch gleich am eigenen Leib erfahren. Auf jeden Fall wirst du durch das Buch nämlich mit einer völlig neuen Perspektive die Welt zu sehen konfrontiert. Es wurde von einem anderen Menschen verfasst. Logischerweise sieht er die Welt anders und das zeigt sich auch in seinem Buch. Das geht ja gar nicht anders. Und du kannst dich davon inspirieren lassen, die Welt mit neuen Augen sehen und ein kleines Stückchen weiser werden. Bücher lesen bedeutet die Sichtweise eines anderen mit offenen Augen wahrnehmen und verstehen lernen. Und Verständnis ist immer erstrebenswert.
Wenn das dann auch noch ein Sachbuch (kein Lehrbuch) ist, das du da liest, dann kommt noch mehr nennenswertes dazu. Der Autor hat darin nämlich sein ganzes Wissen zu einem bestimmten Thema komprimiert und verständlich aufgeschrieben. Durch das Lesen eignest du es dir effizient an (und füllst beim zweiten Durchgang noch die Lücken). Verbunden mit Abruf der Informationen, die du eben aufgenommen hast, führt das zu ziemlich viel spannendem Wissen über die Welt, auf das du immer Zugriff hast. Und um nichts anderes geht es doch beim Lernen: sich über spannende Dinge informieren, die einen schon lange interessieren, und Verknüpfungen bilden, wodurch man sie versteht.
Lesen bringt dir also neues Wissen und neue Perspektiven. Aber wie findet man den Einstieg dorthin? Was, wenn man sich tatsächlich in dieser Phase der Verweigerung befindet? Schritt 1 ist immer die Erkenntnis, dass man vielleicht doch mal ein Buch in die Hand nehmen möchte. Hat man dann Spaß daran es zu lesen, liest man noch ein anderes und noch eines. Und schon hat man angebissen. Jetzt hat man die faszinierenden Effekte vom Bücherlesen am eigenen Leib erfahren und möchte sie auch in Zukunft als Teil seines Lebens wissen.
Aber du hast sicherlich schon die Voraussetzung bemerkt: Man hatte Spaß an diesem Buch, das man in die Hand genommen hat. Der einfachste Weg, das anderen zu bescheren, ist Bücher zu verschenken, von denen man weiß, dass sie Spaß machen. Wenn du regelmäßig liest, kommst du mit vielen Büchern in Kontakt. Sicherlich gelegentlich auch mit ziemlich guten, die dir Spaß machen. Verteile sie also gezielt an andere, von denen du weißt, dass auch sie Spaß daran haben werden. Vielleicht kannst du sie ja konvertieren.
Und ansonsten braucht die Person, die das Lesen beginnt einfach ein bisschen Glück. Schafft sie es, Spaß daran zu haben?
Liest du schon regelmäßig? Wenn du bis hierher gelesen hast, schaffst du sicherlich auch ein Buch. Probier doch mal eines der vielen Bücher aus, die ich hier schon empfohlen habe. Du kannst deine Zeit eigentlich gar nicht mit einem Buch verschwenden, wenn du es mit einem offenen Geist auf dich wirken lässt. Danach kannst du ja immer noch allem widersprechen, was du darin gefunden hast. Aber zumindest hast du ein Buch gelesen. Das machen nicht viele Leute. Du gehörst dann zur erlesenen Elite.
Später wirst du dadurch auch noch weitere Meta-Fähigkeiten lernen. Zum Beispiel wie man gute Bücher findet, die sich zu lesen lohnen. (Über Empfehlungen, hinten in guten Büchern und anderswo. Sobald sie sich beginnen zu überschneiden, kommst du den guten Büchern schon ziemlich nah. Und dann kannst du ja immer noch nach deinem Interesse gehen: was willst du lesen, was eher nicht.)
Oder, dass Bücher Arbeitsgegenstände sind und nicht dafür gedacht, völlig unverschmutzt/unberührt im Regal zu stehen.
Und dann wirst du lernen Lesen zu einer Gewohnheit zu machen. Zu einem festen Bestandteil deiner Woche. Schaffst du es jede Woche ein Buch zu lesen? 50 Bücher in einem Jahr? Dann weist du, dass du es geschafft hast. Vielleicht willst du jetzt ja noch mehr lesen. Aber irgendwo muss man auch eine Grenze setzen. Du hast nicht unendlich viel Zeit pro Tag, pro Woche.
Vielleicht bildest du sogar eine Antibibliothek, in der du all die Bücher hortest, die du noch lesen willst – weil du sie anschaffst, sobald du sie lesen willst. So hast du immer einen großen Vorrat zur Auswahl und kannst dich mit Freude auf das nächste Buch stürzen. Sicherlich gibt es keine Verzögerungen, weil kein Buch da ist. Wie stellst du sicher, dass du dir auch all das merkst, was du in dem Buch gelernt hast? Vielleicht solltest du ein Buch über das Lernen lesen und dann die besten und einfachsten Techniken auch auf die Inhalte von Büchern anwenden. Es wäre schon schön, wenn du es jemandem erklären kannst, oder?
Vielleicht schreibst du sogar irgendwann dein eigenes Buch. Das wäre natürlich ziemlich cool. Sag mir dann auf jeden Fall Bescheid.
Aber jetzt nochmal die wichtigste Frage: Liest du?
Stelle sie jeder Person in deinem Leben.