Das ist doch ein ziemlich coole Vorstellung, oder? Zurückgehen können zu einem bestimmten Tag in der Vergangenheit, um zu sehen, was mir damals wichtig genug war, sodass ich darüber geschrieben hat. Wenn ich ein bisschen Zeit habe, kann ich sogar sehen, wie sich dieses Interesse (oder zumindest die Themenauswahl, also die Dinge, die in meinem Leben präsent waren,) im Laufe der Zeit entwickelt hat. Die Artikel auf diesem Blog stellen eine Zeitleiste meiner Gedanken dar, die jetzt schon über ein Jahr in die Vergangenheit reicht. Ich kann daran sogar bemerken, wie ich besser geworden bin. (Hoffentlich.)
Tagebücher können denselben Effekt haben. Sobald du gelegentlich deine Gedanken aufschreibst und aufhebst, kannst du später zurückgehen, um mal zu sehen, was du dir gedacht hast. Dann hast du deine eigene Zeitleiste. Was wirst du mit ihr anfangen?
Ich habe aktuell noch keine Pläne dafür, aber die Möglichkeiten sind schon ziemlich spannend. Zumindest ich selbst bin schließlich sehr an meiner persönlichen Entwicklung interessiert. Wie habe ich mich im Laufe der Zeit verändert? Was ist heute immer noch genauso wie damals? Und wenn du auch so eine Zeitleiste anlegst, kannst du die selben Dinge auch über dich herausfinden. Für mich klingt das auf jeden Fall aufregend.
Aber wie sieht es bei dir aus. Würdest du gerne, was vor einem halben Jahr deine Gedanken beherrscht hat? Vor einem Jahr, vor drei Jahren? Willst du dir selbst die Möglichkeit geben, soetwas in Zukunft über den heutigen Tag herausfinden zu können?
Wenn ja, dann lies weiter.
Und glaub mir, das ist nur einer der vielen sehr guten Gründe eine Gewohnheit des täglichen Schreibens zu beginnen. Du musst das geschriebene ja nicht in Aufsatzform veröffentlichen. Du kannst es, wie schon gesagt, auch in ein Tagebuch schreiben oder auf Sprachaufnahmen festhalten. Oder du malst repräsentative Bilder auf einen Zettel, den du irgendwo aufhebst. Irgendetwas, das deine Gedanken festhält, sodass du sie später wiederfinden kannst, wenn du schon lange vergessen hast, was du damals gedacht hast.
Wenn du ehrlich bist, weißt du vermutlich nicht mal mehr, was du gestern, heute morgen oder vor 5 Minuten gedacht hast. Unsere Gedanken sind unglaublich flüchtig und oft nicht mal relevant für unsere tatsächlichen Handlungen. Und selbst wenn sie das sind, werden trotzdem vor allem die Handlungen und die aus ihnen entstandenen Sinneseindrücke in deinen Erinnerungen hinterlegt. Wahrscheinlich kannst du dich ziemlich oft erinnern, was du an einem bestimmten Tag gemacht hast. (Wenn nicht geht auch das mit Hilfe eines Tagebuchs.) Zeitpunkte in deiner Erinnerung, denen du ganz bestimmte Gedanken zuordnen kannst, sind dagegen sogar sehr selten.
Und doch will man den eigenen Gedanken nicht völlig ihre Bedeutung absprechen, oder? Nur weil wir sie so schnell vergessen, heißt das doch nicht, dass es nicht auch wichtig für unser Leben ist, was wir wann denken. Das informiert unsere Verhaltensweisen und Entscheidungen. Dort beginnt die Initiative zu persönlicher Veränderung. In unseren Gedanken erträumen wir eine Welt, wie wir sie gerne hätten und machen uns dann daran sie Realität werden zu lassen.
Wenn du das auch so siehst, erkennst du auch wie spannend es ist, sich doch erinnern zu können, wann man was gedacht hat, welche Probleme und Situationen damals besonders präsent waren, wieso man an bestimmte Dinge geglaubt hat. Und das ziemlich weit in die Vergangenheit. Ist doch nicht schlimm, dass dieses Erinnern Werkzeuge außerhalb deines Verstandes braucht. Zu lesen, was du damals geschrieben hast, ist eine völlig legitime Art und Weise sich zurückzuerinnern, sein jüngeres Selbst zu verstehen.
Also, möchtest du auch soetwas können? Ich werde sicherlich bald damit beginnen gelegentlich alte Artikel, die ich vor langer Zeit geschrieben habe, zu lesen. Wenn du noch heute damit anfängst, kannst du dich irgendwann in der Zukunft an den heutigen Tag zurückerinnern. Dann ist er nicht ganz so bedeutungslos. Und es gibt dir das Gefühl lieber etwas gutes mit diesem Tag anfangen zu sollen, oder? Wirst du stolz sein, dich an diesen Tag erinnern zu können, wird die neue Frage.
Also schreibe deine Gedanken auf. Auf ein Blatt Papier, das du mit dem heutigen Datum irgendwo abheftest. In ein Tagebuch. Oder digital. Ist wirklich egal. Hauptsache du kannst es wiederfinden. Das ist also wirklich nicht viel Aufwand und glaub mir: eines Tages wirst du dich darüber freuen diese Aufzeichnungen zu besitzen.
Wirst du dich auch über das freuen, an was du dich dadurch erinnern kannst? Das ist doch ein ziemlich starker Antrieb: Mach etwas aus diesem Tag. Lass ihn zählen. Er wird nicht in der Dunkelheit des Vergessens versinken. Also sorge dafür, dass das nicht vielleicht doch besser gewesen wäre. Du darfst jetzt keinen Schritt mehr zurückgehen.
Was ist trauriger als eine coole Gewohnheit, die nie bis dorthin gekommen ist: zur Gewohnheit. Wo man versucht hat etwas in seinen Tag zu integrieren, nur um wieder aufzugeben, kurz bevor es einfacher geworden wäre. Das funktioniert sogar bei den anstrengendsten Gewohnheiten: Sobald du es lange und oft genug gemacht hast, wird es so fest integriert, dass es für dich leichter ist, einfach der anstrengenden Routine zu folgen, als daraus auszubrechen und etwas anderes zu machen. Du wirst es merken, wenn du dort ankommst. Also gib nicht vorher auf. Mach das dokumentieren deines Tages, deiner wichtigsten Gedanken zu einer täglichen Gewohnheit, die dich dein ganzes Leben begleitet. Du wirst das nicht bereuen.
Und selbst wenn du deine Notizen niemals wieder anschauen wirst, hat diese Gewohnheit trotzdem eine Daseinsberechtigung. Das gibt dir Klarheit im Kopf. Du kannst besser verstehen, was aktuell wichtig ist in deinem Leben. Du kannst Bereiche erkennen, in denen du unbedingt handeln solltest. Du formulierst dabei Wahrheiten aus, die du vorher nie in Worte fassen konntest. Dadurch erhältst du Selbsterkenntnis und vielleicht sogar ein bisschen Weisheit.
Und es ist fast schon meditativ einfach alles aus sich herauszuschreiben, was einem in den Sinn kommt. Freewriting sollte jeder mal ausprobieren. Manchmal merkt man einfach gar nicht, wie voll eigentlich der eigene Kopf ist. Erst wenn man ihn leert kann diese befreiende Wirkung gespürt werden. Also beginne damit deine Gedanken aufzuschreiben.
Sogar wenn das nur ziemlich indirekt geschieht, ist das noch wertvoll für dich. Diese Artikel hier sind schließlich auch nicht direkt meine Gedanken. Aber über was ich schreibe, entspringt dann doch dem, was mich auch beschäftigt. Das macht diesen Blog zu einer Zeitleiste meiner Gedanken. Ist das nicht cool? Lege dir auch soetwas zu!