5 Methoden für das Lateinabitur

Das Lateinabitur steht vor der Tür. Morgen ist es soweit.

Bei dieser Prüfung muss man eine Menge verschiedener Aufgabentypen bearbeiten.

Zum einen muss man Übersetzen, zum anderen muss man im Zusatzteil eine Interpretation schreiben.
Außerdem gibt es dort auch noch die Möglichkeit eine Aufgabe zum Skandieren oder zum Übersetzungsvergleich zu bearbeiten.

Der Rest ist eigentlich nur Wiedergabe und Anwenden des Fachwissens aus den letzten beiden Jahren.

Deswegen habe ich mal alle Methoden, die man für diese 4 Aufgabentypen brauchen könnte, zusammengeschrieben:

  • Satzanalyse + Übersetzungsprobleme beheben
  • Skandieren
  • Übersetzungsvergleich
  • Textinterpretation

Satzanalyse

Kurze Sätze kann man meist direkt übersetzen ohne sich lange den Kopf zerbrechen zu müssen.
Wenn man aber auf einen Monstersatz stößt, muss man manchmal ganz schön überlegen.

Mit folgender Methode kann man sich erfolgreich einen Überblick verschaffen:

  • Zuallererst sollte man den Satz komplett durchlesen

  • Dann sollte man alle Verben unterstreichen

  • und alle Subjunkionen und Konjunktionen markieren.

Hierbei sollte man ein einheitliches Schema verwenden, z.B. alle Konjunktionen umkreisen, alle Subjunktionen mit einem Ausrufezeichen darüber versehen.

  • Jetzt kann man den Hauptsatz finden und das Prädikat ein zweites Mal unterstreichen.

  • Falls in dem Satz Wörter angegeben sind, kann man sich diese markieren und die Bedeutungen über die angegebenen Wörter schreiben

  • Das gleiche kann man auch bei Wörtern machen, die man nachgeschaut hat, dazu kommen wir aber gleich

  • Jetzt sollte man die Bezüge der Nebensätze erfragen -> zusammengehörige Wörter mit Pfeil verbinden

  • Schließlich muss man den Satz in folgender Reihenfolge Übersetzen:

Man beginnt beim Hauptsatz:
– Was wird ausgesagt? (Prädikat) Das Prädikat ist immer der Ausgangspunkt.
– Wer handelt? (Subjekt)
– Wen oder was? (Akkusativobjekt)
– Wem? (Dativobjekt)
– …(übrige Attribute und Adverbialen)
– unveränderliche Wörter

Für den Fall, dass jetzt doch noch Probleme auftauchen, hat unsere Lehrerin eine Liste mit Tipps zusammengestellt:

Übersetzungsprobleme beheben

I. einzelnes Wort

1. Wort richtig erkannt?

Hat man wirklich keinen Buchstaben übersehen oder vertauscht?
parerent – parcerent
divitis – divitiis
delendis – delentis

Es hilft das Wort selbst zu schreiben, unter Umständen in Großbuchstaben

2. Wortart richtig getroffen?

regi – Substantiv: rex / Verbum: regere

Hilfe: gehe im Wörterbuch einige Wörter davor und dahinter durch

Das selbe auch hier:

3. richtiges Wort getroffen

pedes – Plural von pes, pedis (Fuß) / Singular von pedes, peditis (Fußsoldat)

Hilfe: siehe 2.

4. Form richtig erkannt?

(bei mehrdeutigen Formen)

restitui x2
reprehenderis x4
laudate x2

Es hilft die Form in ihre Bestandteile zu zerlegen

reprehend – e – ris
reprehend – eris

quisque = jeder
quis – que (= et quis) = und wer

quoque = auch / und wohin? / und wodurch?

5. Fehlt ein Wort?

  • Form von ‚esse‘ ergänzen
  • Bezugswort des Relativsatzes ergänzen (Siehe II.3.b)

II. Zuordnung von Wörtern

1. Kongruenz überprüfen

Kasus – Numerus – Genus

wichtig: Deklinationsklasse beachten (im Lexikon nachschlagen)
auxilii celeri kann nicht zusammengehören.

2. Zusammengehörigkeit kennzeichnen

Wörter deren Zusammengehörigkeit man schon erkannt hat, kennzeichnen.
Es bieten sich Verbindungslinien oder Symbole an: xx, oo, …

3. Beziehungswörter zu Relativsätzen suchen

  • Das Bezugswort steht manchmal im Relativsatz: Habeo, quae ad eum misisti litteras
  • Manchmal fehlt das Bezugswort: Qui tacent, (ii) consentire videntur

III. Konstruktionen

  1. vom Prädikat ausgehend abfragen
  2. auch in dieser Reihenfolge unbekannte Wörter nachschlagen -> man erkennt besser passende Bedeutungen
  3. im Wörterbuch unbekannte Konstruktionen nachschlagen (persuadere: mit Dat, plenus: mit Genitiv)
  4. Längere Satzteile/Sätze auf Konzeptpapier mit Einrückmethode analysieren
  5. auf die wichtigsten Satzteile (Prädikat, Subjekt, Objekt) reduzierten Satz herausschreiben + übersetzen, dann erst Attribute + Adverbien hinzufügen

IV. Sinn

  1. Stelle auslassen und weiterübersetzen, dann rückwärts den Sinn erschließen.
  2. Überschrift + Textvorspann befragen
  3. logisches Verhältnis zum Text davor/dahinter erschließen: Aufzählung, Folge(rung), Begründung, usw.
  4. Textsorte beachten! philosophischer/rhetorischer/historischer Text?; beschreibender/auffordernder Text?

Mit diesen Hilfmitteln an der Hand sollte man es schaffen den Übersetzungsteil in den ersten 2 Stunden zu bewältigen.

Kommen wir also nun zu den Aufgaben des Zusatzteils im Lateinabitur:

Skandieren

  • Zuallererst alle Hiate wegstreichen: Hiat = vokal (+m) am Wortende + (h+)vokal am Wortanfang

Nur wenn das zweite Wort es oder est ist wird von diesem der Vokal weggestrichen. Ansonsten der vordere Vokal.

  • Dann alle feststehende Längen und Kürzen antragen (der erste Vers ist auf jeden Fall im Hexameter, eingerückte Verse im Pentameter)

  • Jetzt kann man die Positionslängen markieren:

Regel: wenn mindestens 2 Konsonanten auf einen Vokal folgen ist diese Silbe lang.
Ausnahmen:
– h zählt nicht als Konsonant
– x(ks) und z(ts) gelten als 2 konsonanten
– i ist manchmal Vokal i, manchmal Konsonant j
– Muta cum liquida (b,d,g,p,t,c + m,l,n,r) und qu zählen als 1 Konsonant

  • Bei manchen grammatikalischen Phänomenen z.B. Ablativ ist der Vokal immer lang

  • Diphtonge immer lang (zusammen ausgesprochene Doppelvokale)

  • 2 Vokale die nicht zusammen ausgesprochen werden: vorderer immer kurz

  • Jetzt kann man noch die restliche Längen und Kürzen verteilen:

Bekannte Versmaße:

  • Hexameter: -vv|-vv|-vv|-vv|-vv|-x (erste vier Daktylen (-vv) können jeweils durch einen Spondeus(–) ersetzt werden)
  • Pentameter: -vv|-vv|-||-vv|-vv|x (erste zwei Daktylen können können durch einen Spondeus ersetzt werden)

Man sollte, sobald man auf der Angabe fertig analysiert hat, nur die Längen und Kürzen auf den Bearbeitungsbogen übertragen (und natürlich die Zäsur ||).

Übersetzungsvergleich

Manchmal kommt im zweiten Drittel des Zusatzteils ein Übersetzungsvergleich dran.

Wenn man weiß wie man dabei vorgehen muss, lässt sich diese Aufgabe sehr leicht lösen.

Es werden ein Lateinisches Original und zwei verschiedene Übersetzungen gegeben.

Bei diesen analysiert man dann abwechselnd folgende 3 Beurteilungsbereiche:

  • Form
  • Sprache
  • Inhalt

Form/metrische Gestaltung

Zu untersuchende Kriterien sind:

Metrik:
– Nachahmung des Versmaßes
– anderes Versmaß
– freie (rhythmische) Wiedergabe
– Ersatz durch Reim
– Prosaübersetzung

Umfang und Zahl der Verse, Verteilung der Wörter auf die Verse

Wortstellung (im Vergleich zum Original)

Sprache

  • Struktur, Satzbau (Hypotaxe/Parataxe)
  • Wortwahl (Substantive, Verben)
  • Stilmittel
  • Sprachstil/-niveau (Hochsprache, Umgangssprache, altertümliche Wendungen, …)

Dann kann man einen Kommentar zur Genauigkeit der Wiedergabe abgeben:

wörtliche, wortgetreue, detaillierte, ausladende, vereinfachte, knappe, freie, dem modernen Sprachgebrauch angepasste, elegante, gekünstelte… Übersetzung

Inhalt + Aufbau

  • Gliederung, Abfolge der Gedanken, inhaltlicher Schwerpunkt
  • Stelle der Pointe, des Witzes
  • Gefühl, Stimmung
  • evtl. Ergänzungen
  • Übertragung in unsere Gegenwart?

Wie zutreffende wurde der Inhalt wiedergegeben?

relativ nahe am Original: wortgetreu, sinnwahrend
relativ frei: auch ohne den Hintergrund des Originals wirkend, zielsprachenorientiert

Gesamturteil

Abschließend stellt man nochmal vergleichend fest, welches Gedicht, wie entfernt vom Original ist.

Normalerweise ist eine der beiden Übersetzungen relativ nah am Original, das andere eher frei.

Es müssen übrigens nicht alle Punkte beachtet werden, die ich gerade genannt habe, sie sollen eher einen Anstoß geben, auf was man alles achten kann.

Kommen wir nun zum letzten Drittel des Zusatzteils:

Textinterpretation

Auf dem Blatt, das wir dafür als Hilfestellung bestimmt drei mal ausgeteilt bekommen haben, steht folgendes:

  • Gliedern des Textes: Überschriften finden (Kernaussage formulieren)
  • Einordnen der Textstelle in den Kontext: Autor, Werk, Gattung, historischer Hintergrund
  • inhaltliche Ausarbeitung unter Einbezug des Formalen: Was wird Wie und Warum dargestellt (bei Dichtung: Metrik beachten!)
  • Fazit: Aussageabsicht nochmals auf den Punkt bringen.

Ich habe gestern bereits etwas ausführlicher über das Erstellen einer Interpretation geschrieben: Wie man wirklich jede Interpretation bewältigt.

Vielleicht hilft auch der Artikel von Montag über Gedichtintepretation.
Er bezieht sich zwar auf Deutsch und nicht das Lateinabitur aber bei Dichtung sind die Erkenntnisse vielleicht trotzdem hilfreich.

Viel Erfolg beim Lateinabitur!

Ich freue mich über jeden Kommentar oder Ergänzungsvorschlag!

Bis morgen

Julian

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