Warum ist Aufwärmen so wichtig?

Aufwärmen kennst du in dieser Wortwahl vermutlich nur vom Sport.

Dort wärmt man sich vor der Belastung auf um Verletzungen zu vermeiden. Man bereitet die Muskeln auf die ungewohnten Bewegungen vor und kann sie danach ohne Verletzungen ausführen.

Ein weniger direkt erstrebter Effekte vom Aufwärmen ist aber auch, dass man sich nach dem Aufwärmen deutlich flüssiger bewegen kann. Das liegt nicht nur an den aufgewärmten Muskeln, sondern auch daran, dass der Kopf in den richtigen Modus kommt.
Wenn man sich vorher auf andere Dinge konzentriert hat, braucht man ein bisschen, bevor man sich völlig auf die neue Sache konzentrieren kann. Dafür ist das Aufwärmen dann auch optimal.

Mir geht es aber heute nicht so sehr, um das Aufwärmen vor dem Sport. Das man das machen sollte und warum wissen ja eh schon die meisten und ich muss also nicht weiter ins Detail gehen. Vielmehr will ich euch zeigen, dass es diese Aufwärmphase auch in anderen Bereichen gibt, und welche Rolle sie spielt:

Aufwärmen in anderen Bereichen

Nur mal zwei kurze Beispiele, die vermeintlich nicht miteinander verbunden sind.

Musizieren

Das Einspielen beim Musik Machen kennt jeder.

Vielleicht hast du es bisher noch nicht so gesehen, aber es ähnelt stark dem eben beschriebenen Aufwärmen.
Nicht nur muss man vielleicht die eigenen Muskeln ein bisschen für die erforderlichen Bewegungen bereit machen, sondern vor allem muss man den richtigen Modus in seinem Kopf erreichen.

Erst sobald man sich komplett auf die erforderlichen Aufgaben eingestellt hat, kann man sie besonders gut durchführen.

Sobald man sich dieses Effektes bewusst ist, wird man ihn auch bei sich selbst bemerken. Mir geht es zumindest so, dass die ersten paar Stücke nicht so gut laufen, wie sie könnten, wenn ich mich nach einer längeren Pause (1x schlafen) wieder ans Klavier setze.

Vielleicht bemerkt man auch, dass das Warm-Werden länger dauert, wenn man sich vorher auf eine komplett andere Sache konzentriert hat. Dann ist man schon auf einer vielversprechenden Spur, die ich nachher noch näher erläutern werde.

Jetzt aber erst mal noch kurz das zweite Beispiel:

Schreiben

Auch beim Schreiben ist es so, dass es am Anfang vergleichsweise schwer geht.

Erst wenn man mal eine Weile geschrieben hat, kommt man so wirklich in den erforderlichen Modus hinein.
Dann geht das Texte-Produzieren plötzlich (oder eher mit der Zeit immer mehr) deutlich einfacher von der Hand.

Ganz nebenbei ist es dabei sogar so, dass auch die Qualität des geschriebenen zunimmt, sobald man sich eine Weile im Schreibmodus befindet. Schriftsteller, die das erkannt haben, gehen manchmal sogar so weit, dass sie einfach alles, das sie in der ersten Arbeitsstunde produzieren löschen, ohne es eines weiteren Blickes zu würdigen. Danach können sie dann direkt bessere Texte produzieren und müssen nicht den Müll vom Anfang editieren.

Die Gemeinsamkeit

Beide Aktivitäten haben also offensichtlich eine Aufwärmperiode, was vermutlich daran liegt, dass sie so komplette Konzentration erfordern, um sie gut zu machen.
Diese Erkenntnis wird auch dadurch gestützt, dass auch alle anderen Konzentration-lastigen Aktivitäten einen Aufwärmzeitraum aufzeigen.

Sobald man dann diesen Aufwärmzeitraum hinter sich gebracht hat, kann man die Aufgabe deutlich besser bewältigen. Der Kopf ist jetzt einfach komplett bei der Aktivität ankommen, und kann sie mit optimaler Effektivität bewältigen.

Konzentration

Das hat bestimmt jeder einmal erlebt.

Sobald man sich vollständig auf eine bestimmte Sache konzentriert, wird alles andere ausgeblendet. Man versinkt vollständig in der vorliegenden Aktivität und bekommt nichts anderes mehr mit. Man lebt sozusagen komplett im Augenblick.

In einer solchen Situation können einen nur noch Dinge unterbrechen, auf die wir trainiert sind uns unterbrechen zu lassen. (Oder die Aktivität wird unmöglich gemacht.) Damit meine ich vielleicht den Schrei deines Babys oder wenn jemand deinen Namen direkt in dein Ohr ruft. So etwas unterbricht dann doch die Konzentration.

Aber ansonsten bleibt man völlig vertieft, bis man die Aufgabe hinter sich gebracht hat und von selbst wieder damit aufhört.

Aufwärmen dient also dazu diesen Zustand zu erreichen. Man muss eine Weile lang suboptimal funktionieren bzw. spezielle Dinge machen, die einen vorbereiten, bevor man diesen optimalen Bereich erreicht, in dem man am besten funktioniert und alles andere ausblenden kann.

unterbrechen

Vielleicht denkst du es ist nicht so schlimm, wenn du unterbrochen wirst. Immerhin ist es dann bestimmt etwas wichtiges, das deiner Aufmerksamkeit bedarf.

Aber neuerdings lassen wir uns auch immer mehr von unseren Smartphones unterbrechen. Es muss nur einen kurzen Signalton abgeben und schon schauen wir nach, welche Benachrichtigung denn gerade eben angekommen ist. Und schon erlauben wir auch Unterbrechungen, die eindeutig nicht notwendig waren.

Bei diesen Unterbrechungen gibt es nämlich ein Problem.

Sobald man den optimalen Modus verlässt, braucht man eine erneute Aufwärmperiode, um ihn zu erreichen. Es wurde sogar wissenschaftlich erwiesen, dass dieser Zeitraum nach einer noch so kurzen Unterbrechung ganze 20min dauern kann. 20min in denen du nur suboptimal vorwärts kommst. 20min bis du dich wieder vollständig konzentrieren kannst, bis du vollständig in der Aufgabe versinken kannst.

Und das jedes mal, wenn du unterbrochen wirst.

Auch wenn du eine Nachricht bekommst, die dich überhaupt nicht betrifft oder die du getrost auch später beantworten könntest.

Wenn du also diesen optimalen Konzentrationszustand in deinem Kopf effizient nutzen willst, solltest du versuchen alle Unterbrechungen zu vermeiden.

Natürlich kann man nicht alles einfach ausblenden. Wenn das Haus brennt, in dem du dich aufhältst, solltest du es schleunigst verlassen, solange es funktioniert.

Aber dein Handy kannst du auf lautlos schalten. Oder zumindest alle nicht lebensnotwendigen Benachrichtigungen deaktivieren.
Und wenn du mal eine Pause von der Arbeit machst, ist es am besten nicht den Modus in deinem Kopf zu verlassen. Mach einfach nur Dinge, die keine Konzentration erfordern, zum Beispiel einen kleinen Spaziergang oder so.

Zurück zum Aufwärmen.

Was man daraus lernen sollte

Wann immer du etwas machst, das Konzentration erfordert, solltest du versuchen die Aufwärmperiode zu akzeptieren. Du kannst nichts gegen sie unternehmen. Sie ist notwendig, um das optimale Leistungslevel zu erreichen.

Sobald du das ausnutzt, kannst du mit deinem Körper arbeiten und nicht gegen ihn, weil du nicht weißt wie er funktioniert.

Nutze doch einfach gezielt das Aufwärmen, um so viel Fehler wie nötig zu machen.
Manches muss einfach raus.
Auch bei Kreativität muss man am Anfang erst mal alle schlechten Ideen aufschreiben, bevor dann die weniger schlechten anfangen zu kommen.

Bemerke alle Situationen in denen das auch bei dir so ist.

Dann arbeitest du nicht gegen dich, sondern mit dir!

Julian

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