Das limbische System und seine 3 Stressreaktionen

Die 3 Stressreaktionen sind wahrhaft universale nonverbale Signale. Jeder Mensch auf dieser Welt hat schließlich ein ähnliches Gehirn. Jeder von uns hat ein limbisches System, das schon seit Millionen von Jahren das Überleben unserer Vorfahren gesichert hat. Wir alle haben also die selben evolutionär bewährten Mechanismen mit Gefahr umzugehen.

Und da das Überleben von Gefahren praktisch die Hauptaufgabe ist, bei der unser limbisches System den Körper lenkt, sind die zugehörigen nonverbalen Signale besonders ausgeprägt. Sobald du ein entsprechendes Verhalten siehst, kannst du dir ziemlich sicher sein, dass es nicht einfach nur zufällig aufgetreten ist.

Es wurde vom limbischen System absichtlich so gesteuert, weil dir ein solches Verhalten vor 100 Generationen das Leben gerettet hätte. So schnell wie sich unsere moderne Welt verändert ist die Evolution einfach nicht.

Ganz sicher kannst du dir dann aber sein, wenn auf die Stressreaktion auch noch ein Beruhigungsverhalten folgt. Das ist praktisch das Gehirn, das zu deinem Körper sagt: „ich bin gestresst, bitte stimuliert mich zur Entspannung“. Wie genau sich das äußert, kommt heute ganz zum Schluss.

Unser limbisches System

Wie schon gesagt ist unser limbisches System für das Sicherstellen unseres Überlebens zuständig. Es existiert schon viel länger als unser Homo-Sapiens-Gehirn, der Neocortex, und ist deswegen evolutionär perfekt an die besten Überlebensstrategien angepasst.

Sie sind sozusagen in die Hardware eingebaut, es kann gar nicht anders als sich genau so zu verhalten, wie es am besten fürs Überleben ist. Alle anderen Gehirne wurden schließlich durch nicht-lange-genug-zum-paaren-Überleben aussortiert.

Jedenfalls ist das limbische System nicht mit der Fähigkeit zu denken ausgestattet. Es reagiert einfach instinktiv und damit viel schneller als alles, was wir jemals mit unseren Gedanken steuern können.

Dementsprechend ist es auch besonders ehrlich. Es ist also fast unmöglich Körpersprache zu fälschen. Sogar mit lebenslanger Übung, bekommt man es nur teilweise hin, sein Gesicht einen Großteil der Zeit zu kontrollieren, wenn man das denn gerade möchte. Zumindest Mikrosignale werden einem immer entwischen, die ein aufmerksamer Beobachter auf jeden Fall bemerkt.

Das ist aber nicht schlimm. Gefahren zu überleben ist wichtiger als irgendwelches Fälschen von Körpersprache. Bei jedweder Gefahr, sei sie echt – vielleicht sogar lebensbedrohlich – oder nur eingebildet (z.B. ein erschreckender Gedanke), wird also die evolutionär bewährte Reaktionsfolge ausgelöst, die uns schon so oft davor gerettet hat, das nächste Mittagessen der örtlichen Großkatze zu werden.

die bewährte Reaktionsreihenfolge

Zuerst ist Freeze angesagt. Nicht bewegen! Das dient dazu nicht deine Position durch Bewegung zu verraten und gibt deinem Neocortex Zeit die Situation zu analysieren. So kannst du es vielleicht sogar vermeiden von dem Fressfeind überhaupt entdeckt zu werden. Die meisten dieser Wesen haben sich schließlich nach Bewegung orientiert.

Vielleicht stellt sich aber auch heraus, dass das eine doofe Idee war, weil du schon entdeckt wurdest oder die Gefahr anderer Art war: In diesem Fall ist jetzt Flight dran. Komm so schnell wie Möglich aus dem Gefahrenbereich heraus oder bring zumindest einen gehörigen Abstand zwischen dich und die Gefahr. Du musst nur schneller als der Langsamste sein.

Manchmal reicht aber auch das nicht. Dann ist es Zeit für Fight. Kämpfe um dein Überleben, das ist deine einzige Chance. Sorry.

moderne Ausprägungen der 3 Stressreaktionen

Offensichtlich müssen wir heute nicht mehr regelmäßig Fressfeinde vermeiden. Den Platz als bedrohlichste alle Gefahren haben inzwischen andere Dinge eingenommen: ernste Gespräche, polizeiliche Interviews, oder einfach nur ein gewisses Unwohlsein. (In manchen anderen Teilen der Welt ist es leider viel ernster.)

Dementsprechend sind heutzutage unsere 3 Stressreaktionen etwas subtiler. Man kann nicht einfach aus dem Bürogebäude rennen, nur weil man plötzlich eine Menge Arbeit mit einer unmöglichen Deadline aufgedrängt bekommen hat.

Dennoch sind sie immer noch klar erkennbar, wenn man weiß, worauf man zu achten hat.

Bewegungen sind nicht so willkürlich, wie du vielleicht noch denkst!

Freeze

Jeder kennt die Situation, in der man plötzlich stocksteif stehen bleibt, sich die Hand an die Stirn schlägt und schnell nach Hause eilt. Das passiert zum Beispiel, wenn in der Sekunde, in der einem wieder einfällt, dass man vergessen hat den Herd auszumachen.

Alternativ bewegen sich vielleicht plötzlich deine Hände nicht mehr, wenn es spät abends an deiner Wohnungstür klopft, oder dein Fuß hört plötzlich auf zu wippen, wenn ein echt gefährliches Gesprächsthema angeschnitten wird.

Es gibt aber auch noch abgewandelte Varianten: Zum Beispiel bewegen sich Geschäftsdiebe „besonders unauffällig“, indem sie ihre Armbewegungen einschränken und ihren Kopf gebeugt halten. Witziger Weise sind sie dadurch besonders leicht erkennbar.

Ähnliches „im Offenen verstecken“ zeigt sich auch durch Arme eng an den Körper pressen, Kopf einziehen, anderweitig Sichtbarkeit verringern und Augenkontakt vermeiden.

Das hast du alles schon mal gesehen und das alles ist eine Reaktion auf eine bemerkte Gefahr. Was war die Gefahr?

Flight

Die Bedürfnis zur Flucht wird zum Beispiel durch das Drehen des Fußes zum nächsten Ausgang befriedigt. (Zeigt, dass man jetzt gerne in diese Richtung gehen würde.) Vielleicht zieht man auch seinen Fuß weg, bevor jemand anderes einem zu nahe kommt, oder geht sogar so weit, sich nicht frontal zu jemandem hin zudrehen, sondern den Oberkörper etwas gedreht zu halten. (Juchhu, die inneren Organe werden jetzt eindeutig besser geschützt.)

Generell ist einfach ein gewisses Distanz-Aufbauen angesagt. Ob sich das jetzt durch Weglehnen des Oberkörpers oder das Dazwischenstellen eines Gegenstands (Kissen/Handtasche auf den Schoß) zeigt ist egal. Sogar das plötzliche Arme-Verschränken dient zur Blockierung (also „Flucht“). (Manchmal sieht man sogar das Führen der Hand an die Kuhle unterm Hals. Auch das ist ein sehr eindeutiges Zeichen.)

Beim Verschränken der Arme muss man aber vorsichtig sein. Für viele ist das eine sehr angenehme Armposition. Erst wenn die Hände angespannt sind oder die Arme nur bei bestimmten Themen diese Position einnehmen (und danach wieder lösen), kann man es als eine der 3 Stressreaktionen (Flight ;)) identifizieren.

Wenn der gefühlte Stress nicht abnimmt, bleibt als letzter Ausweg nur noch eins:

Fight

Das muss ich glaub ich nicht weiter erklären. Jeder kann aggressives Verhalten identifizieren, auch wenn es nur verbal erfolgt.

eine letzte Bestätigung

Auf eine Stressreaktion folgt auch immer eine Bewegung, die dem Gehirn hilft den Stress wieder abzubauen. Wenn du eine der 3 Stressreaktionen bemerkst (oder mehrere nacheinander) und danach eine Beruhigungsbewegung, kannst du dir ganz sicher sein, dass deine Interpretation richtig ist. Garantiert.

Wieso passiert das? Das Gehirn findet Stress nun mal unangenehm. Bei der kleinsten Menge zusätzlichem Stress bittet es also sofort um Ablenkung. Das kann durch jegliche Art von Stimulation erfolgen. Besonders praktisch sind aber natürlich Bereiche mit besonders vielen Nervenenden.

Jegliche Bewegung von Gesicht, Hals, Nacken oder Auch Handflächen dient als auf jeden Fall zur Beruhigung. (Reiben, streicheln oder tippen/klopfen ist egal). Manche befeuchten auch ihre Lippen oder pusten ihre Backen auf, um die Luft danach langsam entweichen zu lassen.

Sehr verbreitet ist auch das „sich selbst umarmen“ und das Abwischen der Hände auf den Oberschenkel. Letzteres ist ein besonders aussagekräftiges Signal. Immerhin dient es gleich zwei Zielen: Schweißige Hände abtrocknen + Stress im Gehirn durch Stimulation mindern.

Sobald du also nach einer der 3 Stressreaktionen auch noch ein solches Beruhigungsverhalten gesehen hast, kannst du dir sicher sein. Irgendetwas, wurde gerade eben als Gefahr wahrgenommen.

Dein Job als Beobachter ist jetzt nur noch das Verhalten der auslösenden Situation zuzuordnen. Manchmal geht es leichter, manchmal musst du das Thema vielleicht nochmal ansprechen, um zu schauen, ob es nochmal eine ähnliche Reaktion hervorruft.

Beobachte aufmerksam!

Julian

PS: mehr Informationen gibt es natürlich wieder in diesem Buch zur Körpersprache.

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