Stufe 3: Die Ablehnung des Rufs

Nach dem Ruf zum Abenteuer kommt in jeder Geschichte verpflichtend ein weiterer Aspekt: Er folgt logisch direkt aus dem Ruf. Immerhin stellt sich dann ja sofort die Frage: wie reagiert der Held? Wie würdest du reagieren, wenn du in dieser Situation wärst? Und letztendlich wird das natürlich immer ein ja sein, aber vorerst kommt erst mal eine andere Antwort: die Ablehnung des Rufs.

Und wenn das nicht der Held selbst übernimmt, weil es sich um einen der seltenen, willigen Helden handelt, streift ein anderer Charakter die Maske über. Vielleicht ist es ein (ehemaliger) Mentor des Helden, der jetzt versuchen will den Helden aufzuhalten. Vielleicht ist es ein Familienmitglied, das sich um das Leben des Helden sorgt. Ganz egal wie: in jeder Geschichte taucht die Ablehnung des Rufs auf.

Davon zu unterscheiden ist aber die Situation, in der kurz vor der besonderen Welt das Engagement des Helden getestet wird: an dieser Grenze taucht immer ein scheinbar unüberwindlicher Grenzwächter auf, um den der Held erst mal außen herum finden muss. Auch hier wird er von außen aufgehalten, aber es geht schon nicht mehr darum ihn davon zu überzeugen, das Abenteuer nicht zu wagen. Hier ist es dann nur noch der letzte, nicht mehr rückgängig machbare Schritt in das Abenteuer hinein.

Welche Funktion erfüllt diese Ablehnung also? Wieso taucht sie in jeder einzelnen Geschichte auf, und wird willigen Helden sogar von außen aufgedrückt?

Die Ablehnung des Rufs

Zum einen ist das natürlich eine Verschnaufpause für alle beteiligten. Die letzte Ruhe vor dem Sturm der Gefühle, der das Abenteuer begleiten wird. Und doch dürfen wie auch jetzt schon um den Helden fürchten.

Zum anderen ist das nämlich die offizielle Gelegenheit alle Gefahren und Konsequenzen zu verdeutlichen, die ein ja bedeuten würde. Was steht auf dem Spiel? Es sollte eindeutig verständlich sein, dass der Held zögert. Und falls er auf vergangene Abenteuer zurückblicken kann und keine großen Besonderheiten beim kommenden entdecken kann, muss eben verständlich sein, dass Außenstehende ihn nicht ziehen lassen wollen.

Und das ist auch wichtig. Solange der Held nur ein bisschen Imageverlust oder ein Auslachen riskiert, sind die Zuschauer noch nicht wirklich emotional involviert. Das kommt erst mit wirklich hohen Einsätzen. Wenn sie nämlich um das Leben der Helden fürchten müssen, die sie gerade kennengelernt haben, ist das eine ganz andere Sache. Plötzlich sind sie sehr daran interessiert zu erfahren, wie es weitergeht. Wird der Held dem Ruf folgen? Wird er das Abenteuer überleben? Wird er sein Ziel erreichen?

Und die erste Antwort ist schon klar: Der Held wird ja zum Ruf sagen, ansonsten gäbe es ja keine Geschichte.

mehrere Optionen?

Wenn mehrere Rufe auftauchen, kann das verschiedene Gründe haben. Vielleicht wird einfach nur ein Ruf nochmal – lauter – wiederholt, vielleicht kommt auch noch ein neuer hinzu.

Im zweiten Fall ist das jetzt die perfekte Gelegenheit all die verschiedenen Optionen aufzuzeigen, die der Held hat. Folgt er dem Ruf an sein Ego? Oder doch lieber dem Ruf seines Herzens? Gibt es noch eine dritte Variante? Was sind die Risiken in jedem Fall?

Und am wichtigsten: Für was wird der Held sich letztendlich entscheiden? Er hat jetzt ja verschiedene Optionen. Und sie alle führen zu verschiedenen Endresultaten. Letztendlich wird vermutlich nur einer der Wege zu einem guten Ende führen, die anderen dagegen zum gleichen Ergebnis, wie dauerhafte Ablehnung des Rufs: ein tragisches Ende. Letztendlich wird der Held also den richtigen Weg wählen müssen. Auch wenn er vielleicht am Anfang einem anderen Ruf gefolgt ist, kann er ja auch noch später in der Geschichte auf den richtigen Ruf mit ja antworten. Dann ist es normalerweise noch nicht zu spät.

Wird der Held deiner Geschichte mehrere Optionen zur Verfügung haben? Welche davon führen zu einem guten Ende, welche zum Verderben?

Genau das könnte nämlich passieren. Vielleicht wurde der Ruf ja vom Bösewicht der Geschichte veranlasst, der den Helden in eine Falle locken möchte. Gut gemacht, sieht dieser Ruf vermutlich noch vielversprechender als der echte aus. Hier ist dann auch die einzige Stelle, an der der Held tatsächlich ablehnen darf. Manche Rufe sind zu seinem Schaden. Die sollte er eindeutig vermeiden. Normalerweise steht aber eine andere Konsequenz auf dauerhafte Ablehnung:

dauerhaft?

Bei dauerhafter Ablehnung des Rufs zum Abenteuer gibt es keine Geschichte. Es gibt kein Abenteuer zu erzählen und keine daraus resultierende Veränderung in der Welt. Und das Risiko für den Helden ist noch höher:

Wir Leser verlieren vielleicht nur die Chance eine spannende Geschichte mitzuerleben, der Held kann auch hierbei sein Leben verlieren. Dauerhafte Ablehnung des Rufs resultiert schließlich fast immer in einem sehr tragischen Ende. Dieses stand schon unweigerlich vor der Tür, als der Ruf noch gar nicht ausgesprochen war. Jetzt hat der Held aber keine Chance mehr ihm zu entkommen. Verdient er dann überhaupt noch Held genannt zu werden?

in deinem Leben..

Das hab ich ja gestern schon mal postuliert: Der Aufbau von Geschichten ähnelt stark unserem eigenen Leben. Auch wir erhalten Rufe. Auch wir lehnen sie vielleicht zuerst ab. Und nur durch Abenteuer entsteht wirklich große Veränderung.

Also: in deinem eigenen Leben – wie oft erhältst du Rufe? Wie oft lehnst du sie ab? Wenn du ihnen gefolgt bist, welche Veränderungen haben sie letztendlich bewirkt? Welche Rufe hast du dauerhaft abgelehnt? War das durch unverhältnismäßiges Risiko gerechtfertigt?

Kannst du die Rufe überhaupt noch hören?

Wenn man die Rufe der Welt lange genug ignoriert, werden sie irgendwann immer schwächer und schwächer. Wenn man das lange genug macht, kann man sie irgendwann gar nicht mehr hören. Dann verbannt man jegliche Chance auf Abenteuer aus seinem Leben, es wird für immer der Status Quo herrschen, vielleicht mit kleinen, schrittweisen Veränderungen hier und da. Etwas großes kann hier nicht mehr passieren.

Willst du das wirklich? Möchtest du die Aufregung aus deinem Leben verbannen?

Oder machst du das ganze absichtlich. Künstler müssen schließlich immer wieder für längere Zeitabschnitte die Rufe der Welt ablehnen, um überhaupt Kunst produzieren zu können. Aber auch Künstler haben Rufe, denen sie folgen.

Was machst du?

Was wird dein nächstes Abenteuer sein?

Ich bin mir sicher, du kannst den Ruf bereits jetzt schon hören.

Horche aufmerksam.
Folge ihm.
Mache eine Geschichte aus deinem Leben, die man erzählen will.

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