Stufe 9: Die Belohnung für den ersten Erfolg

Bei unserer Reise über den „Weg des Helden“ sind wir schon bei Stufe 9 von 12, also dem zweiten Teil von Akt 2 angekommen. Bevor wir jetzt aber den Rückweg aus der speziellen Welt des Abenteuers antreten, muss erst mal noch ein weiterer wichtiger Aspekt bedacht werden, den man nicht einfach so weglassen sollte: Die Belohnung, dass man die zentrale Prüfung bestanden hat. In so einer Situation ist erst mal Feiern angesagt.

Die zentrale Prüfung war bisher die spannendste Stelle im ganzen Buch. Sozusagen der Zwischenhöhepunkt. Noch schlimmer wird es eigentlich erst in Stufe 11 bei der Dunklen Nacht der Seele.
Und falls wir keine Tragödie schreiben, war das auch für den Helden ein ziemlich schlimmer Zeitpunkt. Andernfalls könnte er nicht das darauf folgende Hoch erleben, das der Stimmung ganz am Ende des Buches entspricht. Normalerweise sollte nämlich die Stimmung in deinem Buch direkt nach der zentralen Prüfung der am Ende deines Buches entsprechen. In einer Tragödie bedeutet das jeweils einen großen Verlust bzw. den Tod des Helden und überall sonst einen großen Gewinn.

Und dank der Elastizität von Emotionen, die uns nach einem besonders tiefen Fall bei Lösen der Spannung weit nach oben katapultiert, kommt jetzt nach dieser schweren Prüfung, die uns all unsere Nerven gekostet hat ein besonders hohes Hoch: die Belohnung.

Endlich eine Pause für den Leser, ein kleines bisschen Entspannung nach der Aufregung, sich darüber freuen schon so weit gekommen zu sein. Viel länger dauert es aber normalerweise nicht. Ein ausgedehntes Lagerfeuer ist die absolute Ausnahme. Grundsätzlich gilt: je größer die Konsequenzen der zentralen Prüfung, desto kürzer fällt dieser Szenen(abschnitt) aus. Es ist einfach keine Zeit für eine längere Entspannung.

Also was genau ist jetzt die Belohnung?

Die Belohnung

Ein Klischee haben wir schon gehört: Feiern am Lagerfeuer. Wenn dafür Zeit ist, ist das eine wunderbare Möglichkeit den Erfolg ein bisschen auszukosten und die Charaktere näher kennenzulernen. Am Lagerfeuer unterhält man sich schließlich normalerweise miteinander. Besonders gut würde sich das natürlich nach einer erfolgreichen Jagd anbieten, aber wenn du so etwas nicht hast, musst du einen anderen Weg finden eine Szene der Belohnung in deine Geschichte einzupacken.

Diese Stelle in der Geschichte eignet sich einfach zu gut dafür, dass verschiedene Charaktere eine Kennenlernen-Szene haben und sich gegenseitig ihre bisherige Geschichte erzählen. So kann sowohl das Team der Helden besser zusammen wachsen, als auch eine noch bessere Verknüpfung zum Leser erschaffen werden. Alles sehr praktische Aspekte, die eigentlichen Belohnungen in dieser Szene gehen aber noch weit über alle bisher genannten Elemente hinaus. Egal wie kurz sie ist, sie alle tauchen fast immer auf.

Veränderung des Helden

Die Belohnung umfasst eindeutig auch die Veränderung die der Held im Laufe der Prüfung erfährt. Die wird ja nicht umsonst als Tod und Wiedergeburt bezeichnet. In dieser schweren Krise wurde er gezwungen alte Eigenschaften zurück zulassen und neue anzunehmen. Die Frage ist also: Was wird der Held in deiner Geschichte zurücklassen? Was wird er neu mitbringen?

Pass auf, dass es sich logisch anfühlt. Veränderung in den Personen deines Buches wird immer graduell, Schritt für Schritt geschehen, während sie sich weiter durch die Geschichte vorarbeiten. Kann man die im letzten Abschnitt vorgefallene Veränderung als Tod des Egos ansehen? Wenn ja, wäre der nächste Aspekt ziemlich sicher auch mit ja zu beantworten.

Recht Held genannt zu werden

Hat der Held sich dieses Recht verdient? War er bereit etwas für das größere Ganze zu opfern?

Genau das ist schließlich die Definition eines Helden: ist bereit etwas, möglicherweise sein Leben, für eine größere Sache zu opfern. Ohne diese Bereitschaft wäre er einfach nur egoistisch und dürfte eigentlich gar nicht als Held bezeichnet werden. Letztendlich fällt es dann aber den meisten Charakteren gar nicht so schwer doch diesen Schritt zu gehen. Sie freunden sich ja auch mit anderen Personen in der Geschichte an oder beginnen sich mit bestimmten Idealen zu identifizieren. Dafür dann auch etwas zu opfern ist nur der nächste Schritt.

Wenn das also geschieht, haben sie auch das Recht erworben, Held genannt zu werden.

Die materielle Belohnung

Wenn es sie überhaupt gibt und die Belohnung nicht zu 100% die charakterliche Besserung des Helden darstellt, dann wird in diesem Abschnitt von ihr Besitz ergriffen. Geschieht das aggressiv, möglicherweise gegen den Willen des eigentlichen Eigentümers? Wenn ja, dann muss man eindeutig mit Konsequenzen rechnen. Die Belohnung einfach gegeben zu bekommen ist genauso legitim. Die Konsequenzen, mit denen der Held dann im nächsten Abschnitt zurechtkommen muss, sind dann einfach umso persönlicher, je weniger von außen dazu kommt.

An dieser Stelle spricht man oft auch von der Ergreifung des Schwertes. Ist es in deiner Geschichte ein echtes Schwert oder doch eine Metapher für den Willen des Helden, der zerbrechen und neu geschmiedet werden kann? Außerdem ist es durchaus üblich an dieser das Elixier zu stehlen, also einen super hilfreichen Gegenstand, Trank, oder was auch immer. Aber denk an die Konsequenzen. Sie sollten realistisch sein.

eine neue Richtung

Die Belohnung umfasst sehr oft auch noch eine gesteigerte Fähigkeit zur Wahrnehmung. Dadurch kann ein selten übertroffener Moment der Klarheit erzielt werden, der dem Helden neue Selbsterkenntnis verschafft. Möglicherweise geschieht dieses Erkennen auch durch einen anderen Charakter es ist aber eindeutig von der Alternative abzugrenzen: ein völlig verzerrtes Selbstbild, dass den Helden jetzt erst mal nochmal in eine falsche Richtung lenken wird.

Basierend auf dieser Neuen Erkenntnis wird jetzt jedenfalls sehr oft für den Rest des Buches eine neue Richtung eingeschlagen. Der Held erkennt praktisch, dass er ein anderes Ziel verfolgen sollte, als er ursprünglich vorhatte. Die dramatische Frage vom Anfang, sollte aber trotzdem im Laufe des Rückwegs geklärt werden. Ansonsten sind die Zuhörer möglicherweise enttäuscht, dass der eigentliche Grund, warum sie die Geschichte überhaupt begonnen haben nie aufgeklärt wird.

Und jetzt?

Die zentrale Prüfung ist bestanden, die Belohnungen wurden abgeholt oder gestohlen, eine neue Richtung möglicherweise festgelegt. Es bleibt nur noch eins: der Rückweg aus der besonderen Welt des Abenteuers in die (neue) gewöhnliche Welt muss angetreten werden.

Dieser Rückweg wird natürlich mit den Konsequenzen der bisherigen Taten des Helden gepflastert sein, die er alle Erfolgreich überwinden wird. Letztendlich soll die Geschichte ja auf folgendes Hinauslaufen: der Held muss das eben gelernte in der gewöhnlichen Welt erfolgreich anwenden. Ansonsten wäre das Abenteuer ja völlig umsonst gewesen.

Kommentar verfassen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.