Das Paradox des Wissens und was es für uns bedeutet

Das Paradox des Wissens ist simpel und gleichzeitig mächtig für alle die seine Auswirkungen kennen. Und diese Auswirkungen sind genauso simpel: Wissen über Systeme zu denen man selbst gehört macht sich selbst irrelevant. Erklärungen, wie komplexe Systeme funktionieren, in denen wir Menschen Entscheidungen treffen, beschreiben nur noch die Vergangenheit, sobald wir von ihnen erfahren. Dieses Wissen zeigt uns eine mögliche Zukunft. Wenn wir sie nicht wollen können wir uns anders als von der Erklärung geplant verhalten und neue Wirkungsketten und Zusammenhänge ergeben sich.

Dieses Wissen bringt also keine Macht. Es beschreibt immer nur vergangene Situationen, nie die aktuelle Lage. Sobald eine einzige Person dieses Wissen hat, also auch du selbst, ändert diese Person ihr Verhalten und damit das ganze System. Zu Beginn sind die Auswirkungen vielleicht gering, aber auch dann wird das Paradox des Wissens nicht zulassen, dass du weiterhin eine ungleiche Wissensverteilung ausnutzen kannst.

Was es aber sehr wohl gibt, ist Freiheit. Man wird davon befreit, genau den Pfaden folgen zu müssen, die Laut diesem Wissen auf einen warten. Vorher hätte man nicht mal gemerkt, wie unumgänglich das eigene Schicksal war. Jetzt da man es kennt, kann man sich für einen anderen Weg entscheiden. Ist das alleine genug Motivation die Welt in jedem Augenblick in all ihren Systemen zu verstehen? Um von ihnen befreit zu werden und für die Zukunft immer bessere bauen zu können? Ich denke schon.

Paradox des Wissens

Hier nochmal in weniger Worten: Sobald man Wissen über die aktuelle Funktionsweise eines (komplexen) Systems erlangt, an dem Menschen und vor allem man selbst beteiligt sind, ändert sich die Verhaltensweise der Menschen, damit das Funktionsprinzip des Systems und letztendlich wird das Wissen zu Wissen über die Vergangenheit, nicht die Gegenwart.

Und natürlich trifft dieses Wissen auch dich selbst. Jetzt wo du dir der Effekte bewusst bist, kannst du dich stattdessen für die Alternative entscheiden: Du kannst davon absehen dich entsprechend dem Wissen anders zu verhalten und das System bleibt bestehen, unverändert durch dein Wissen. Aber etwas nutzen tut dir das dann natürlich nicht. Was bringt dir Wissen über die Realität, wenn du nicht mal deine eigenen Entscheidungen auf ihm beruhen lassen kannst?

Die Funktionsweise eines Systems zu kennen gibt dir die Freiheit einen anderen Pfad einzuschlagen. Und das es genau das ist, sollte man nicht vergessen. Einen neuen Weg einzuschlagen, mit neuen Regeln. Das gilt sowohl für all die Systeme auf das es sich anwenden lässt, als auch für sich selbst. Aber was bringt dir die Freiheit nicht diesen Prinzipien zu folgen? Die einzige Alternative zum irrelevant für die Gegenwart Machen des eigenen Wissens ist nur dieses Wissen für immer ungenutzt zu lassen und es zu vergessen. Sobald du eine einzige eigene Entscheidung darauf beruhst, ändert sich das System und dein eigenes Wissen ist nicht mehr einhundert Prozent korrekt. Und das geschieht sehr leicht schon allein dadurch, dass du im Besitz dieses Wissens bist, selbst wenn du mit Absicht versuchst es nicht zur Grundlage deiner Entscheidungen zu machen. Und was bringt dir eine inkorrekte Repräsentation der Realität, außer die Vergangenheit besser zu verstehen? Genauso wenig wie Wissen, das mit Absicht wieder vergessen wird. Das ist das Paradox des Wissens: Wissen über komplexe Systeme, an denen Menschen teilhaben, macht sich selbst irrelevant, sobald diese Menschen davon erfahren.

Ausnutzen

Dieses Prinzip kann man zwar nicht ausschalten, aber es ist nicht nur negativ. Angenommen es gibt ein System das dir ein Dorn im Auge ist. Es reicht bereits dieses System ausführlich genug zu verstehen, sodass man überzeugend argumentieren kann, warum aus dem aktuellen Verhalten sehr bald ein ungewolltes Ergebnis folgt. Sobald man diese Informationen öffentlich macht, werden die Betroffenen entscheiden, dass sie ein solches Schicksal lieber vermeiden wollen und sich entsprechend anders verhalten.

Du kannst zwar mögliche Alternativen vorschlagen, aber niemand garantiert dir, dass die Leute sich an deine Möglichkeiten halten diese unerwünschten Ergebnisse aufzuhalten. Sie werden ihren ganz eigenen, persönlichen Weg finden. Und das ist etwas, das du nur sehr schwierig manipulieren kannst. Aber eines hast du dann trotzdem erreicht: das alte System wird abgeschafft. Es gibt jetzt die Chance, dass es durch etwas besseres ersetzt wird.

Gibt es dagegen allerdings kein begründbares schlechtes Resultat in naher Zukunft das aus dem aktuellen System resultiert, wirst du womöglich niemanden überzeugen können etwas dagegen zu unternehmen. Möglicherweise hast du tatsächliche Funktionsweisen aufgedeckt. Wenn ja werden sie definitiv die neue Gegenwart beeinflussen, aber genauso definitiv auch nicht auf die Art und Weise, die man selbst sich vorgestellt hat.

Das Problem der Selbsterkenntnis

Der Titel sollte dir schon verraten, wo das Paradox des Wissens noch negative Konsequenzen zeigt. Auch du selbst bist schließlich ein komplexes System. Erlangst du Selbsterkenntnis, dann ändert das möglicherweise, wie du selbst funktionierst. Wenn nicht hattest du diese Selbsterkenntnis nie wirklich verstanden.

Ist es also eine schlechte Idee all die Techniken auszusprechen, mit denen man sich selbst steuern kann, weil sie dann ihre Wirksamkeit verlieren und man sich doch nicht selbst steuern kann. Ich weiß es nicht. Ohne dieses Wissen ist man noch mehr dem eigenen Schicksal unterworfen. Mit dem Wissen wurde eine neue Entscheidungsmöglichkeit aufgetan. Das ist immer besser, als sich nicht wehren zu können.

Gleichzeitig wirst du den Effekt nicht bemerken können, sobald du deine Makel aussprichst, in der Hoffnung sie dadurch entfernen zu können. Natürlich kann Scham dabei helfen, aber die Motivation eine dauerhafte Veränderung herbeizuführen ist nur da, wenn man eine unangenehme Konsequenz vermeiden will. Solange es erträglich ist, wird stattdessen die Faulheit siegen und man erreicht keine Veränderung. Aber jetzt da du das weißt, kannst du das auch ändern.

Möglicherweise war es in der Vergangenheit so, dass das Aussprechen der eigenen Makel zu keiner dauerhaften Veränderung führt. Aber jetzt da du das weißt, kannst du dich auch anders entscheiden. Du kannst dich dazu entscheiden trotzdem eine Veränderung zu erzielen. Auch wenn die negativen Konsequenzen, die du dir selbst angedroht hast, keine Motivation genug sind. Stattdessen strebst du nach Selbstkontrolle und ständiger Verbesserung. Und du musst die Systeme kennen, bevor du sie ändern kannst. Da ist es doch sogar praktisch, wenn es nicht sofort seine Funktionsweise ändert, nur weil du verstanden hast, wie es funktioniert.

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