Das ist ein sehr spannendes Thema für mich, weil ich mich selbst gerade in einem Freiwilligenjahr befinde. Genauer gesagt mache ich einen BFD, früher auch als Ziwi bekannt, es gibt aber auch andere Möglichkeiten wie FÖJ und FSJ. So ziemlich jeder hat schon mal von diesen Begriffen gehört. Es ist auch mit einem gewissen Prestige verbunden, soetwas gerade zu machen oder gemacht zu haben. Aber was treibt Leute wirklich dazu an ein ganzes Jahr Freiwilligenarbeit zu verrichten? Was bringt es dir für deine persönliche Entwicklung (aus meiner Perspektive)?
Das sind sehr spannende Fragen. Und meine Antworten darauf überzeugen dich vielleicht selbst nach deiner Schulzeit ein Freiwilligenjahr einzulegen oder du kannst zumindest rückwirkend darüber nachdenken, wie dein Leben vielleicht anders gewesen wäre. Genauer gesagt rede ich hier von einem Freiwilligendienst zwischen Schule und Studium. Alle anderen Zeitpunkte bleiben erst mal außen vor und zeigen auch nicht all die Anreize, die ich einem solchen Jahr gleich zuschreibe:
Das Freiwilligenjahr
Warum sollte man soetwas nach seiner Schulzeit einlegen? Warum nicht einfach gleich studieren und ein Jahr früher ins „richtige“ Berufsleben einsteigen? Wie steht das im Gegensatz zu einem Jahr voller Minijobs oder einer ausgedehnten Weltreise? Ich möchte hier verschiedene Punkte ansprechen. Danach sind diese Fragen hoffentlich alle beantwortet.
Einblick in die echte Welt
Jeder der seine Schulzeit schon hinter sich hat, kann eines sicherlich unterschreiben: Die Schule ist sehr anders als die „echte“ Welt. Sie leistet sicherlich viel hilfreiches, um uns auf unser Leben vorzubereiten und mit wichtigen Wissen auszustatten, aber es gibt auch große Lücken. Da sind noch eine Menge Sachen, die man selbst lernen muss. Fähigkeiten, die man sich erst bei tatsächlicher Arbeit aneignen kann. Nuancen, von deren Existenz man in der Schule noch nicht mal ahnte, die trotzdem gemeistert werden wollen.
Ein Freiwilligenjahr nach der Schule bietet dir also einen ersten Einblick in das echte Leben, bevor du dich wieder Hals über Kopf in deine weitere Ausbildung stürzt – was an der Uni auch wieder Lebens-ferner ist, als es sein müsste, auch wenn sie das alles deutlich besser macht als jegliche staatliche Schule. So ist es zum Beispiel etwas deutlich anderes, ob man in der Schule sitzt und über mögliche Berufsrichtungen nachdenkt oder tatsächlich Vollzeit arbeitet und eine Variante am eigenen Leib erlebt.
So kannst du deine Vorstellungen, was du tatsächlich mit deinem weiteren Leben anfangen willst, viel besser kalibrieren und dich jetzt entweder mit sicherem Wissen, dass du es magst, für einen Berufsweg entscheiden oder eben von einer ganz anderen Basis aus andere Optionen beurteilen: Will ich damit später so viel von meinem Leben verbringen? Das ist schon eine hohe Hürde, die dir hilft eine viel bessere Entscheidung über deinen weiteren Weg zu fällen. Vielleicht findest du ja sogar heraus, dass Angestellter sein gar nichts für dich ist, und planst schnurstracks dein eigenes Startup zu gründen oder zumindest selbstständig zu werden, sobald du eine wertvolle Fähigkeit, für die Leute Geld bezahlen wollen, erworben hast. Wie auch immer, das sind sehr wertvolle Einblicke.
erste Vergleichspunkte
In je mehr verschiedenen Arbeitsfeldern du dich aufhältst, desto größer wird deine Erfahrung in welchem Spektrum sich Mitarbeiter und Chefs bewegen können. Du kannst lernen mit welchen Typen du gut zusammenarbeiten kannst und welche dich eher herunter-ziehen und dadurch in Zukunft noch besser entscheiden, wo du arbeiten möchtest und wo lieber nicht.
Und ein solches Freiwilligenjahr kann dir eben die ersten Vergleichspunkte beschaffen. Du hast deinen ersten Chef, deinen ersten Satz Mitarbeiter. Du lernst was es bedeutet jeden Tag mit ihnen zusammenzuarbeiten. Bei deinem nächsten Vorstellungsgespräch hast du dann womöglich ein paar Fragen bereit, um die Qualität deines zukünftigen Chefs zu beurteilen. Hast schon Taktiken parat, um mit bestimmten Mitarbeitertypen zurecht zu kommen. Das ist sehr wertvoll, besonders da du es in der Schule nicht lernen kannst und du direkt nach deinem Studium vermutlich eine wichtige Entscheidung zu treffen hast, wo du als nächstes arbeiten wirst, und da ist es ja wohl ziemlich praktisch vorbereitet zu sein.
Man kann sogar schon einen Einblick in Büropolitik erhalten und sich dazu entschließen darüber erhaben zu sein. Andere nicht nieder zu machen, nicht strategisch Informationen zurückzuhalten, und so weiter. Stattdessen könntest du schließlich mit gutem Beispiel voran gehen und mit allen wertschaffend kooperieren und einfach so gut sein, dass mögliche Kritiken hinter deinem Rücken einfach zu Staub zerfallen. Außerdem hast du ja etwas geschafft, während die anderen damit beschäftigt waren ihren gegenseitigen Niederfall zu planen.
tolle Einrichtungen unterstützen
Ich persönlich mache meinen Bundesfreiwilligendienst bei einem Verein mit dessen Ziel ich mich eindeutig identifizieren kann. Das ist ein tolles Gefühl jeden Tag für etwas zu arbeiten, dass man gut findet. Ein wichtiges Vorhaben zu unterstützen. Einen solchen Boost werde ich mir definitiv nicht entgehen lassen, wenn ich wieder die Wahl zwischen verschiedenen Varianten habe. Das Gefühl für ein WARUM zu arbeiten, das man gut findet, ist einfach nicht übertreffbar. Und bei einem Freiwilligendienst steht dir das einfach offen.
andere Gleichgesinnte kennenlernen
Und das ist natürlich ein weiterer Pluspunkt: Jede Variante von Freiwilligendienst, sei es BFD, FSJ, FÖJ oder etwas anderes kommt mit verpflichtenden Seminaren. Wochen, in denen du natürlich auch etwas lernst, aber vor allem mit anderen Freiwilligen zusammen viel Zeit verbringen kannst. Das kann die Wurzel für großartige Freundschaften bilden, vor allem weil man ja die Auswahl aus einer größeren Gruppe verschiedenster Menschen hat, die alle eine ganze Woche dort verbringen werden. Dort findet sicherlich jeder tolle neue Freunde.
Wie du sicherlich merkst, finde ich persönlich es ziemlich toll gerade einen Freiwilligendienst zu machen. Und ich kann es jedem anderen, der gerade mit der Schule fertig ist, auch nur wärmstens empfehlen. Wenn du die richtige Einsatzstelle findest, macht es enorm Spaß und bietet gleichzeitig auch noch zahlreiche Möglichkeiten wichtige Fähigkeiten fürs Leben zu erlernen.
Falls du später dran bist, fallen ein paar dieser Sachen natürlich weg, aber es kann immer noch eine sehr wertvolle Erfahrung sein. In solchen Fällen würde ich aber vermutlich eine andere Form eines freiwilligen Engagements für eine gute Sache bevorzugen. Aber das muss natürlich auch wieder jeder selbst entscheiden.
Ich bin jedenfalls eindeutig dafür nach der Schule erst mal ein Freiwilligenjahr einzulegen. Das bringt nur gutes!