Als Einstieg zum Konzept der Lebensgeschwindigkeiten bedenke folgende Frage: Wie schnell rennst du durch den Tag? Hetzt du dich immer weiter ab, um noch mehr und mehr hinein zu pressen oder machst du es vielleicht sogar zu einem Sport möglichst schnell im Leben voranzukommen? Das zweite kann ja auch sinnvoll sein. Je früher man an einem Meilenstein ankommt, desto mehr Zeit kann man dahinter verbringen. Aber warum wird die erste Variante inzwischen zur Norm? Fast jeder ist inzwischen in seinem Job fast schon am Limit, der Arbeitsberg wird zu groß. Vielleicht, weil wir bei zu vielen Aufträgen zusagen. Wir müssen jedenfalls logischerweise anfangen zu rennen. Nur so haben wir das Gefühl einer Chance gegen diese Überlastung ankommen zu können.
Und dann überträgt sich das leider auch noch auf den Rest deines Tages. Selbst wenn du Vollzeit arbeitest, wird trotzdem nur ein drittel deines Tages von Arbeit belegt, eventuell noch ein Drittel durch Schlaf. Was machst du mit dem Rest? Hetzt du dich wieder so schnell es geht, um auch hier so viel wie möglich hinein zu pressen? Oder probierst du auch gelegentlich eine der anderen Lebensgeschwindigkeiten aus? Es gibt immerhin eine Menge anderer Optionen. Schon alleine ein normales Aktivitätslevel kann sich schon langsam anfühlen, so sehr ist man an den Stress gewöhnt. Aber besonders langsam? Können wir das überhaupt noch? Manche buchen sich ja extra einen Urlaub im Kloster, um zwangsentschleunigt zu werden. Hört sich das nicht sinnlos an? Wir rennen auf der Arbeit so schnell wir können, um uns dann einen Urlaub in Langsamkeit leisten zu können. Naja, jedem das seine, oder?
Jedenfalls gibt es verschiedene Lebensgeschwindigkeiten, von denen wir uns leider an eine der schnellsten gewöhnt haben. Ist es nicht an der Zeit die anderen wieder stärker in dein Leben hinein zu lassen?
Lebensgeschwindigkeiten
Es gibt gar keine festen Abstufungen wie ich sie eben womöglich angedeutet habe. Vielmehr existiert da ein Spektrum der Lebensgeschwindigkeiten, auf dem sich jeder zu jedem Zeitpunkt irgendwo befindet. Ist man eher schneller unterwegs oder langsamer? Ist man dabei gestresst oder entspannt? Das ist die relevante Frage: Lässt sich diese Geschwindigkeit dauerhaft und ohne negative Effekte aufrecht erhalten?
Zu viel Stress ist bekanntermaßen nicht gut und doch befinden sich viele wie schon gesagt in diesem Zustand gestresster Hetze, der aus zu vielen Dingen resultiert, die man mit seiner Zeit machen muss beziehungsweise will. Und in beiden Fällen ist man selbst Schuld. Im zweiten ist es ziemlich offensichtlich. Setz dir halt ein realistischeres Ziel, was du alles in deiner begrenzten Zeit machen willst!
Aber im ersten Fall, wie ist man da Schuld? Ganz klar hättest du dich gegen einen Großteil der Aufträge, die du jetzt übernehmen musst, auch wehren können. Vorher mal ausrechnen sollen, wie viel Zeit du für deine bestehenden Verpflichtungen brauchst und was also noch übrig bleibt. Die besonders guten prognostizieren sogar wie viel Zeit sie in Zukunft für sich wiederholende Aufgaben brauchen werden und können so noch weiter in die Zukunft planen. Bist du dann doch schneller als deine Schätzung, ist das hervorragend. Dann kannst du gleich mit dem nächsten anfangen, eventuell den Rückstand abarbeiten, der sich dann doch irgendwie ansammelt oder eben auch mal eine der gelegentlich notwendigen Instandhaltungsaufgaben durchführen, die sonst völlig unter den Tisch fallen. Kennt ihr diese Aufgaben? Priorität B, wichtig, aber nicht dringend? In den allermeisten Fällen kommt man nur sehr selten dazu, sich darum zu kümmern. Wenn du also nicht so überhäuft bist mit Aufgaben, bist du auch weniger im Stress und kannst in einer angemesseneren Geschwindigkeit leben.
Normales Aktivitätsniveau
Wie schnell ist man, wenn man ohne Stress, aber immer noch hoch konzentriert arbeitet? Schneller. Das kann man aber nur bemerken, wenn der Stress mal nachlässt und man sich wirklich traut sich hoch konzentriert auf nur eine einzige Aufgabe zu stürzen. Dann merkt man, was es bedeutet, mal kein Multitasking zu betreiben und dadurch eine Menge Zeit zu verlieren. Dann versenkt man sich in der Aufgabe und vervollständigt sie viel besser und schneller als es irgendwie anders möglich wäre.
Kannst du so arbeiten? Ohne Stress, weil du nicht zu viel auf dem Teller hast, aber trotzdem hoch konzentriert und dadurch produktiver als alle anderen? Das ist eine sehr seltene Fähigkeit. Sie zu besitzen, heißt in einer gehetzten Welt in normaler Geschwindigkeit gehen zu können und dabei trotzdem noch die beste Arbeit zu machen. Du solltest das lernen! Damit verbindest du deinen Wunsch nach Leistung mit der absolut notwendigen Rücksicht auf dich selbst.
Und was Stress im Privaten angeht: Auch hier gilt, dass man genau planen sollte. Lernen, wie viel Zeit verschiedene Aktivitäten verbrauchen und entsprechend nicht mehr einzuplanen als man auf jeden Fall schafft. Die Lebensnotwendigen Dinge zuerst. Dann die obligatorische Entspannungszeit, in der man sich übrigens nicht berieseln lassen sollte. Und dann ist noch Zeit für all die anderen Dinge, die du auch noch machen willst. Wofür setzt du sie ein? Das ist jetzt eine Frage deiner Werte, Prioritäten oder Vorlieben. Ich werde mich jedenfalls nicht weiter einmischen.
Besonders langsam oder absichtlich schnell
Besonders langsam zu leben ist gar nicht so einfach. Man kann sicherlich im Laufe von ein paar Tagen bei einem Urlaub deutlich entschleunigen. Aber wie weit kommt man an einem Wochenende? Wie Länge hält man Tatenlosigkeit aus? Auch das sollte man gelegentlich machen. Es setzt das eigene Geschwindigkeitsgefühl zurück. Man kann neu beurteilen, was einem wirklich wichtig ist. Man wirkt eventuell zu viel Stress entgegen. Endlich mal Entspannung.
Und auf der anderen Seite gibt es auch einen ziemlich schwierigen Modus. Wie kann man sich besonders schnell bewegen, ohne dabei unerträglichen Stress zu empfinden? Sobald du das gelernt hast, erlaube ich dir diese neue Geschwindigkeit zu deiner normalen Geschwindigkeit zu erklären. Das ist allerdings eine wahre Kunst. Sie ist eigentlich nur dadurch möglich, dass man sich in eine Umgebung bringt, die große Anforderungen an einen stellt und in die man dann hineinwachsen kann. Schafft man dieses Hineinwachsen allerdings nicht, ist man wieder im Stress. Sag mir Bescheid, wenn du es gelernt hast.
Also das ist die Zusammenfassung: Höre auf dich zu schnell durchs Leben zu bewegen, wenn das so viel Stress verursacht. Probiere auch mal die anderen Geschwindigkeiten aus. Finde einen Weg wie du gleichzeitig produktiv sein kannst und nicht im Stress.