Quiet hebt einen Schleier von deinen Augen

„Quiet“ von Susan Cain thematisiert ein unglaublich wichtiges Thema: das falsche Bild, das wir von introvertierteren Menschen haben, die Bevorzugung, die unser System extrovertierteren Menschen zuteil werden lässt, und wie es eigentlich ist. Nämlich das Introvertiertere ihre eigenen Stärken haben und eine ebenso wichtige Rolle für unsere Gemeinschaft spielen. Sie werden bloß leichter übersehen, weil die meisten von ihnen nicht so stark auf sich aufmerksam machen.

Und das hat letztendlich eine ziemlich einfache Ursache: deine Sensitivität gegenüber der Außenwelt. Introvertierte sind viel sensibler und überladen deshalb in stark stimulierenden Situationen schnell. Selbst wenn sie es für ein paar Stunden aushalten, müssen sie sich danach erst mal ausruhen, weil nur so ihre inneren Batterien wieder aufgeladen werden können. Extrovertierten geht es genau anders herum: sie werden durch solche turbulenten Umgebungen geradezu energetisiert: alles andere ist eben zu langweilig. So zumindest die ganz grobe Zusammenfassung.

Das Wissen um die zwei Enden dieses Spektrums auf dem wir alle uns befinden, bereichert dein Leben enorm: Du kannst dich selbst besser verstehen und dich auf eine Weise verhalten, die viel gesünder für dich persönlich ist. Du kannst auf andere Rücksicht nehmen und sie vor allem verstehen, auch wenn ihre Welt anders funktioniert, als die deine. (PS: Das ist übrigens überall so. Jeder Mensch ist anders. Das macht es doch eben erst interessant. Wie lassen sich die Erkenntnisse übertragen?) Du kannst Frieden mit dir selbst finden.

Wenn du das Buch „Quiet“ liest, wirst du immer wieder mit den verschiedensten Beschreibungen einzelner Menschen und Persönlichkeitseigenschaften in Berührung kommen. Du wirst vieles wiedererkennen, das du auch bei anderen Menschen in deinem Leben bereits beobachtet hast. Noch mehr wirst du in dir selbst wiederfinden. Das bringt dir eine unglaubliche Menge Selbsterkenntnis. Es ist gar nicht so häufig genau beurteilen zu können, was die Aspekte deines Tages sind, die dich mit Energie aufladen, und welche es sind, die dich anstrengend. Du erlangst wissen über Details deiner Vorlieben, und warum sie dir liegen. Und noch vieles weiteres. Allein deshalb solltest du dir das schon nicht entgehen lassen.

Und über die unglaubliche Ladung Selbsterkenntnis hinaus erlangst du durch das Lesen von „Quiet“ auf einen gewissen Respekt vor introvertierten Menschen. Du hast sie vielleicht bisher nicht so häufig bemerkt, aber sie können viele Dinge viel besser als die Leute, die mehr Aufmerksamkeit auf sich ziehen und dadurch viel leichter bemerkt werden, einfach, weil das ihre Art ist. Es ist einfach absolut empfehlenswert.

Quiet bleibt unbemerkt

..geht dabei in dreieinhalb Teilen vor. Zuerst wird erklärt, wie es überhaupt dazu gekommen ist, dass wir heutzutage extrovertiert sein so sehr schätzen, wie wir es tun. (Im dritten Miniteil wird aufgezeigt, dass in großen Teilen Asiens das Gegenteil der Fall ist.) Es gibt doch auch unzählige andere Attribute, die man besonders hervorheben könnte. Die charismatische, kontaktfreudige Person ist einfach viel sichtbarer in allen unseren modernen Medien und auch in deinem täglichen Kontakt mit Menschen. Wenn du nicht aufpasst, übersiehst du vielleicht die anderen, die es auch noch gibt. Besonders, da ziemlich viele der bis zu 50% introvertierten Menschen auf der Welt ziemlich gut darin sind, das zu verstecken, während sie im Freien unterwegs sind. Erst daheim sinken sie dann erschöpft auf die Couch und du bekommst es gar nicht mit.

Außerdem ist der charismatische Anführer, CEO, oder Was auch immer einfach das typische Ideal für Menschen in einer leitenden Person. Interessanterweise kann es aber geradezu schlecht für die direkt unter diesem „Idol“ arbeitenden Personen sein, wenn er so viel Aufmerksamkeit auf sich zieht, so sehr präsent ist. Vielmehr wird in diesem Kapitel klar aufgezeigt, dass introvertierte Chefs mit einer verstärkten Eigeninitiative der Mitarbeiter korrelieren und damit womöglich sogar noch bessere Ergebnisse erzielen, als die, die immer alle motivieren.

Und schließlich auch noch in diesem Teil des Buches: die Sache mit dem Gruppen-Brainstorming. Hier hat man erwiesenermaßen viel schlechtere Ideen, als wenn man sich einfach alleine an das Problem setzt. In Gruppen schließt man sich einfach viel zu leicht schon gegebenen Meinungen an und die Extrovertieren sprechen oft zuerst. Pech für alle anderen.

Quiet ist angeboren?

Ist deine Persönlichkeit angeboren oder entwickelt sie sich im Laufe der Zeit? Solltest du danach streben dich zu verändern oder eher die beste Umgebung für deine ganz persönlichen Vorlieben zu schaffen. Die richtige Antwort ist vermutlich ein Mittelweg dazwischen. Man sollte sowohl sich selbst kennenlernen und Rücksicht auf diese Eigenschaften nehmen. Darüber hinaus kann man aber auch eine unglaubliche große Bandbreite an Dingen lernen. Nur weil du dich bisher mit etwas schwer getan hast, heißt das ja nicht, dass du es niemals können wirst. Du kannst es sicherlich lernen und sogar gut darin werden. Willst du das? Wenn ja solltest du es versuchen.

Wie fast immer ist es übrigens eine Mischung der verschiedenen Meinungen, die sich letztendlich zu bewahrheiten scheint. Auf der einen Seite stehen ja diejenigen, die Argumentieren, dass genetisch jegliche Charaktereigenschaft prädestiniert ist. Auf der anderen Seite diejenigen, die die Ursachen für den heutigen Zustand in der Umgebung sehen, wodurch sich mit der Zeit auch noch vieles Verändern wird. Beides, sowohl deine Gene, als auch die Umwelt spielt nun mal eine Rolle. Konzentriere dich auf die Umwelt, wenn du einen Einfluss darauf nehmen willst, wie es dir geht, was du kannst, wie du mit der Welt interagierst.

Wie stille Menschen das Leben navigieren können

Das ist jetzt der vierte Teil und der spannendste Aspekt des ganzen Buches. Hier kann man lernen, wie man mit solchen Menschen hervorragend zurechtkommt, wie man solche Kinder richtig fördern kann, wie man selbst besser die Welt navigieren kann.

Wenn du darüber allerdings näheres wissen willst, solltest du das Buch selbst lesen. Es kann dir diese sehr relevanten Themen viel besser vermitteln, als ich in diesem kurzen Artikel überhaupt die Zeit habe. Also worauf wartest du? Lies dieses phänomenale Buch!

PS: als Nachfolgeband hat die Autorin das Buch „Quiet Power“ veröffentlicht, das jungen Menschen beibringen will, wie man als introvertierter Mensch unsere extrovertierte Welt navigieren kann. Es hört sich jedenfalls sehr spannend an und ich werde es hier auch vorstellen, sobald ich es gelesen habe. Also bis dann!

Kommentar verfassen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.