Emotionales Konto, was bedeutet das? Das ist ein phänomenales Modell für zwischenmenschliche Interaktion. Es ist sozusagen die Menge von Vertrauen, die dir jemand entgegenbringt, die du bei ihm angespart hast. Also hast du nicht nur eins von diesen Konten, sondern mehrere. Genauer gesagt bei jeder Person, mit der du in Kontakt kommst. Und jede dieser Personen hat auch ein Konto bei dir: wie viel Vertrauen bringst du ihnen entgegen?
Und jetzt kommt der Knackpunkt: Jede deiner Handlungen hat einen Effekt auf dieses Konto. Manche deiner Handlungen entnehmen dem Konto Punkte. Man kann sie nur machen, wenn man schon einen hohen Kontostand hat. Andernfalls wird sich der andere hoffentlich einfach weigern oder es wird ziemlich sicher in einer unschönen Situation enden. Andere Handlungen zahlen sozusagen ein. Dadurch wird dein Kontostand erhöht. Du baust dir ein Polster auf, falls du doch mal Vertrauen einlösen musst.
Je höher dein Kontostand ist, desto effektiver kannst du mit einer Person interagieren. Sie wird deine Aussagen wohlwollend interpretieren und bereitwillig versuchen dich zu verstehen. Es ist, wie gesagt, viel Vertrauen zwischen euch und das ist nur hilfreich.
Der Trick besteht jetzt darin, ein Gefühl für den aktuellen Kontostand zu entwickeln. Als Mensch hast du dieses Gefühl sicherlich schon. Du musst es jetzt bloß noch schulen und lernen darauf zu vertrauen. Und weiterhin musst du auch lernen die Person zu verstehen, mit der du gerade interagierst. Das ist Wissen, das oft für eine ziemlich lange Zeit gültig bleibt. Du musst verstehen, welche deiner Handlungen Einzahlungen sind und welche Vertrauen verbrauchen. Es gibt einige Bereiche, in denen sich die meisten Menschen ziemlich einig sind. Andere Dinge sieht jeder anders. Im Zweifelsfall musst du eben bei jeder Person erneut aufmerksam sein und vielleicht sogar nachfragen.
Das ist sowieso eine ziemlich mächtige Sache. Sobald auch die andere Person das Konzept dieses emotionalen Kontos kennt, kann man sie einfach fragen: War das gerade eine Einzahlung oder ein Abheben? Eine ziemlich mächtige Frage, wenn man mal bedenkt was sie kommuniziert: Die Veränderung des Vertrauenslevels zwischen den beiden Personen. Das kann man nicht sehen, man kann es nur mit viel Übung vermuten und selbst dann liegt man noch oft falsch. Menschen funktionieren einfach ziemlich unterschiedlich. Jeder bringt andere Erwartungen mit, hat andere Vorerfahrungen. Sei aufmerksam, ehrlich und frag einfach nach, wenn du dir unsicher bist. Wenn du das tatsächlich tust, wirst du mit der Zeit immer besser, mit einer bestimmten Person auf eine Art und Weise zu kommunizieren, die das Vertrauen erhält und sogar anhebt. Und dieses Vertrauen ist die Grundlage für jegliche effektive Zusammenarbeit. Etwas, das immer ein wichtiges Ziel sein sollte.
Ein Beispiel, wie man in ein emotionales Konto einzahlen kann, ist, sich an sein Wort zu halten. Versprechen einzuhalten. Vielleicht indem man nur welche gibt, bei denen man auch daran glaubt, dass man sie halten kann. Indem man sich erst von einem Versprechen erlösen lässt, bevor man es ignoriert. Indem man authentisch lebt. Jedes Mal, wenn du dich an dein Wort hältst, zahlst du in das Konto der anwesenden Personen ein und das Konto derer, die davon erzählt bekommen. Jedes Mal, wenn du dich nicht daran hältst, ist das ein ziemlich großer Abzug. Deine Glaubwürdigkeit sinkt. Logischerweise solltest du den Ruf aufbauen, dass du dich an dein Wort hältst. Wenn du dann für etwas dein Wort gibst, dann zählt das auch etwas. Dann kannst du damit etwas erreichen.
Weiterhin ist es auch sinnvoll nicht hinter dem Rücken anderer schlecht über sie zu reden. Im ersten Augenblick ist das vielleicht eine Einzahlung in die Konten der Anwesenden. Schon bald werden sie aber erkennen, dass du, wenn du so über andere redest, auch genauso hinter ihrem Rücken schlecht über sie redest. Und das will niemand. Einer solchen Person kann man nicht vertrauen. Stattdessen kannst du ja, wenn das Gespräch zu Geläster wird, folgendermaßen reagieren: Eventuell zustimmen, wenn es unbedingt sein muss, dann aber auch vorschlagen die Kritikpunkte direkt zu der betroffenen Person zu bringen und mit ihr zu besprechen. Letztendlich kann man ja sowieso nur auf diese Weise eine Veränderung erreichen.
Außerdem erhält auch folgende Aussage in diesem Licht eine viel bessere Bedeutung: „Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem anderen zu.“
Diese Aussage war noch nie wörtlich gemeint. Jeder Mensch hat andere Erwartungen und Vorlieben. Du musst da ein bisschen differenzieren. „Was du nicht willst, das man dir tu“ sind die Dinge, die einer Entnahme aus dem emotionalen Konto bei dir bedeuten. Genau das sollst du jetzt auch nicht bei anderen tun. Genauso wie du gerne möchtest, dass andere sich (dir gegenüber) auf eine bestimmte Art und Weise verhalten, und du das unterbewusst mit Einzahlungen oder Entnahmen aus dem entsprechenden Konto belohnst, funktioniert es auch bei anderen. Sie haben bestimmte Erwartungen. Lerne sie kennen. Verhalte dich auf eine Weise, die Vertrauen verstärkt, nicht schwächt. Genau das willst du ja auch für dich.
Deshalb ist es auch so praktisch gleich zu Beginn einer Interaktion die Erwartungen aller auf die selbe Seite zu holen. Schon allein das Klären der Erwartungen ist eine Einzahlung in die emotionalen Konten. Außerdem kann man dann schon mal nicht aus Versehen Erwartungen enttäuschen, nur weil sie unausgesprochen geblieben sind und jeder eine andere Vorstellung hatte. Solche enttäuschten Erwartungen wären Entnahmen aus dem Konto. Die erfüllten Erwartungen sind Einzahlungen.
Was sind deine Erwartungen an eine bestimmte Situation? Kommuniziere sie klar und du gibst dadurch anderen die Chance sie zu beachten, mit dir Vertrauen aufzubauen. Das ist natürlich auch eine Einzahlung in dein Konto bei ihnen. Herzlichen Glückwunsch, dass du noch eine weitere Option entdeckt hast, wie du Vertrauen stärken kannst.
Jetzt fehlt eigentlich nur noch eins, um in Zukunft noch effektivere Interaktionen zu ermöglichen: Du musst auch versuchen dieses Wissen zu beachten. Du kennst jetzt vielleicht dieses Prinzip, das ich heute über emotionale Bankkonten zwischen Einzelpersonen beschrieben habe. Aber wirst du es auch beachten? Wirst du in deinen Interaktionen mit anderen immer einen Fühler dafür haben, wie der aktuelle Kontostand ist, durch welche Handlungen du einzahlst, welche Entnehmen würden und vor allem, ob und wann du dir doch gelegentlich die eine oder andere Entnahme leisten kannst, ohne die Beziehung zu gefährden.
Das ist letztendlich die einzige Ursache, warum Beziehungen zugrunde gehen: Stetige Entnahmen ohne wieder Vertrauen einzuzahlen. Und die kleinen Dinge sind es, die das Vertrauen aufbauen. Was sind deine (zwischenmenschlichen) Gewohnheiten? Hast du sie schon optimiert, um möglichst viel Vertrauen zu erzeugen, möglichst wenig zu verbrauchen? Das kann sicherlich ein sehr sinnvolles Unterfangen sein.