Was Achtsamkeit ist und wie du sie erreichen kannst

Achtsamkeit.

Vielleicht hast du das ja schon einmal gehört.

Als ich es das erste mal gehört habe, hab ich mir irgendwie vorgestellt, dass es bedeutet darauf zu achten, was andere tun und diese Beachtung auch in Lob oder Dankbarkeit zu zeigen.

Das an sich ist ja auch schon ein lobenswertes Ziel, aber wie sich herausstellt, hat das nichts mit der eigentlichen Bedeutung dieses Wortes zu tun.

Achtsamkeit ist das Gegenteil von Kopflosigkeit. Entweder du treibst du durch das Leben und existierst mit all deinen Gedanken vor dich hin – oder du bist dir dieser Gedanken bewusst und lebst dein Leben mit einer gewissen Aufmerksamkeit, auch als Achtsamkeit bekannt.

Achtsamkeit ist das Ziel einer bestimmten Sorte von Meditation. Im Englischen ist sie auch als ‚Mindfulness Meditation‘ bekannt. Dieser Name drückt auch viel besser aus, um was es eigentlich geht:

Anstatt kopflos zu leben (mindless), ist man stattdessen achtsam (mindful).

Denn Kopflosigkeit ist etwas das viel zu viele Menschen praktizieren, da kann doch zumindest man selbst versuchen ein bisschen dieser Tendenz entgegenzuwirken.

Der kopflose Autopilot

Das ist der Zustand in dem die meisten Menschen ihren Tag verbringen. Im Autopilot verbraucht dein Gehirn weniger Energie, es ergibt also evolutionär Sinn, diesen so oft wie möglich zu verwenden.

Der Autopilot steuert alles, was du nicht komplett bewusst machst. Alle Abläufe die du automatisiert hast, kannst du dem Autopiloten überlassen. Das ist ziemlich praktisch, dann sparst du nämlich Energie für später auf, wenn du dich auf etwas wichtiges konzentrieren willst und dich dann ausnahmsweise mal bewusst mit der Umwelt auseinandersetzt.

Ich sage ausnahmsweise, weil diese Zeitpunkte stark in der Unterzahl sind, wenn man die tatsächlich zugebrachte Zeit in beiden Zuständen aufaddiert. Aber genau das sind die Zeitpunkte, in denen besonders viele Erinnerungen gebildet werden.

In den meisten deiner Erinnerungen bist du also im bewussten Zustand und nicht im Autopilot. Du denkst also die meiste Zeit deines Lebens nicht im Autopilot zu verbringen.

Es ist aber nun mal so.

Also ist es auch deine Aufgabe deinen Autopiloten zu erziehen. (Vielleicht willst du auch lieber ein anderes Verb zum Beschreiben dieses Vorgangs verwenden, aber darauf läuft es letztendlich hinaus.)

Du bringst dir selbst bei, automatisch dankbar zu sein. Man lernt mit der Zeit automatisch mitzuhelfen, wenn man an irgendetwas beteiligt wurde. Man adaptiert für sich selbst die Regeln der Höflichkeit, die die Gesellschaft im Laufe der Zeit entwickelt hat.

Man verändert, wie man sich im Autopilot-Modus verhält. Aber über die eben beschriebenen Szenarien hinaus, was macht man normalerweise noch? Vielleicht erlernt man bestimmte Verhaltensweisen, die man dann auch im Autopilot abspulen kann. Vielleicht übt man sich in bestimmten Denkmustern. Aber Achtsamkeit geht noch einen Schritt weiter:

Achtsamkeit packt ein bestimmtes Problem an, das die meisten Menschen gar nicht bemerken.

Das Problem mit den Gedanken

Die-ganze-Zeit-Gedanken-denken gehört auch zum Autopilot.

Jeder denkt normalerweise immer.

Nur ganz selten gibt es mal Situation, in denen deine Gedanken mal kurz aussetzen und du gar nichts mehr denken kannst.
Das ist dann aber auch genau in den Situationen, in denen du es am wenigsten gebrauchen kannst, oder?

Jedenfalls reihen sich deine Gedanken normalerweise ohne Ende aneinander. Jeder Mensch denkt jeden Tag 70000 Gedanken.

Man macht nie eine Pause und denkt immer weiter.

Und dabei merkt man gar nicht was für einen Blödsinn man schon wieder zusammendenkt. Oder zumindest erst 5 Minuten später, sobald man sich ein bisschen davon lösen konnte.

Vielleicht denkst du ja, dass Gedanken denken die Definition von Bewusstsein ist.

Aber Bewusstsein geht viel tiefer als nur Gedanken.

Und Achtsamkeit bringt dir bei das zu erkennen.

Achtsamkeit

Achtsamkeit geht nämlich einen Schritt weiter als alles, was ich vorher beschrieben habe.

Anstatt nur unser äußeres Verhalten im Autopiloten zu ändern, zählt sie auch unsere Gedanken zu diesem Verhalten dazu. Unsere Gedanken folgen auch Bahnen, die wir uns im Laufe unseres Leben angewöhnt haben.

Und solange du sie nicht von außen betrachten kannst, ist es nur sehr schwierig möglich diese Bahnen zu ändern.

Du willst deine Gedanken nicht ändern?

Vielleicht schon. Zumindest die negativen Spiralen, in die du manchmal hinein gerätst.

Achtsamkeit ermöglicht dir hinter deine eigenen Gedanken zu treten und sie von außen zu betrachten. Danach kannst du wiederum Gedanken verwenden, um diese Erkenntnisse zu analysieren und dir zu überlegen, was du eigentlich denken willst. Wenn du willst.

Aber allein schon das Gedanken von außen Betrachten ist ein Level von Selbsterkenntnis, das nur wenige Menschen erreichen.

Und wenn du es oft genug praktizierst, kannst du das auch zu einem Teil deines Autopilot machen.

Lernen, dass Bewusstsein und Gedanken zwei verschiedene Sachen sind

Dein Bewusstsein und deine Gedanken sind zwei verschiedene Dinge. Deine Gedanken werden durch dein Bewusstsein ermöglicht, aber dein Bewusstsein existiert auch ohne deine Gedanken.

Das heißt, du kannst auch dein Bewusstsein empfinden, ohne dabei etwas zu denken. Du kannst deine Gedanken verstummen lassen.

Ein kleines bisschen Ruhe auf dem ewig stürmischen Ozean deiner Gedanken.

Und wenn dann doch ein Gedanke daher kommt, eine Welle auf diesem Ozean, dann kannst du ihn als das sehen, was er ist. Nur eine Welle auf diesem riesigen Ozean.

Du kannst seine unumgängliche Existenz akzeptieren und ihn als Grundlage deiner Selbsterkenntnis nutzen.

Du kannst dir dieser Gedanken, die du denkst, bewusst sein. Du kannst sie verstummen lassen, wenn du gerade Ruhe brauchst. Du kannst sie verändern und dir andere Gedanken angewöhnen.

Du kannst dir sogar angewöhnen im Autopiloten diesen Zustand inne zu haben, den du ohne Übung nur ganz punktuell erreichen kannst. Diesen Zustand, in dem du deine Gedanken von außen betrachten kannst.

Du kannst diese Tatsache, die dich menschlich macht, dein Bewusstsein voll auskosten und deine Gedanken gezielt nutzen, um großes zu erreichen.

Okay.

Genug Wunschträume für heute.

Kommen wir dazu, wie du einen solchen Zustand erreichen und ihn dann auch wiederholt einnehmen kannst.

Achtsamkeit durch Meditation

Es gibt verschiedene Formen von Meditation.

Aber bei dieser Variante geht es darum, dass du dich vollkommen auf eine bestimmte Sache konzentrierst. Zum Beispiel dein Atem.

Solange du deine Gedanken nicht ausschalten kannst, denkst du dann halt einfach: Einatmen, Halten, Ausatmen, Halten, Einatmen, Halten, Ausatmen, Halten, Einatmen, ….

Immer weiter.

Unweigerlich wird diese Konzentration durch einen Gedanken unterbrochen werden. Das ist aber kein Grund sich schlecht zu fühlen. Du kannst es halt einfach noch nicht. Irgendwo muss man halt anfangen.

Stattdessen akzeptierst du die Existenz dieses Gedankens und kehrst wieder zum Einatmen, Halten, Ausatmen, Halten, Einatmen, … zurück.

Und dann wird wieder ein Gedanke kommen. Akzeptieren, Einatmen, Halten, Ausatmen, …

Und dann wieder ein Gedanke.

Aber mit der Zeit werden deine Gedanken weniger.

Ganz langsam kannst du deinen Geist verstummen lassen.

Irgendwann erreichst du den Punkt, in dem du für ein paar Sekunden überhaupt nichts denkst.

Dann kommt wieder ein Gedanke. Einatmen, Halten, Ausatmen, Halten, Einatmen, …

So schaffst du es immer wieder einfach nur zu existieren, dein Bewusstsein zu spüren ohne gleichzeitig zu denken.

Das wird immer öfter und immer länger funktionieren.

Vielleicht schaffst du ja 10 Sekunden ohne einen Gedanken. Oder eine Minute. Dann bist du aber schon richtig gut.

Aber vorher schon erreichst du einen bestimmten Punkt.

Den Punkt an dem die Zeiträume, in denen du gar nichts denkst, einen Anteil einnehmen, der groß genug ist, dass du es bemerkst, wenn du denkst.

Dann kannst du die Gedanken von außen betrachten, wenn sie auftauchen. Und wieder vergehen lassen.

Lasse deinen Geist vollkommen still werden.

Die Vorbedingung

Es gibt eigentlich nur eine Bedingung, damit das klappt: Konzentration.

Jetzt ist nicht der Zeitpunkt, um seine Gedanken schweifen zu lassen. Du konzentrierst dich vollkommen auf eine bestimmte Sache und versinkst darin, um dann gar nichts mehr zu denken.

Das ist natürlich möglich, wenn man gezielt meditiert, mir ist das aber auch schon bei anderen Aktivitäten passiert, die ich komplett automatisch durchführen kann. Zum Beispiel häkeln.

Manchmal wird dieser Zustand auch als Flow bezeichnet, den gibt es aber auch, während man denkt.

Wann und Wo?

Das ist ehrlich gesagt ziemlich egal. Du kannst meditieren wann und wo du willst.

Hauptsache du hast eine Umgebung, in der du dich tatsächlich so stark konzentrieren kannst, wie ich es hier beschrieben habe. Der Rest bleibt dir überlassen.

Und was die Länge der Meditationseinheit angeht, gibt es eigentlich auch keine Beschränkungen.

Wenn du gut bist, kannst du auch mal kurz zwischendurch 10s lang meditieren. Kannst du bereits auf Knopfdruck deine Gedanken für 10s ausschalten? Ich jedenfalls nicht.

Vielleicht willst du dir aber auch 10 Minuten vornehmen. Oder 1 Stunde, falls du zum Meditationsguru werden möchtest.

Wie auch immer. Es bietet sich auf jeden Fall an einen Wecker zu stellen, der nach einer bestimmten Zeit klingelt und dann so lange durchzuhalten, aber auch aufzuhören, wenn es zu Ende ist.

Übung

Dieser Zustand, in dem man seine Gedanken von außen sieht, ist etwas, das man nur mit viel Übung erreichen kann.

Es ist sehr schwierig zu dem Punkt zu kommen, den ich beschrieben habe, aber es lohnt sich.

Du musst das ganze halt immer wieder machen. Jeden Tag, für mehrere Wochen.

Dann wirst du auch Verbesserungen erzielen und Meditation vielleicht sogar als festen Bestandteil in deinen Tagesablauf einbauen. (Zum Beispiel in der Morgenroutine?)

Jedenfalls will ich das lernen.

Ich werde also die nächsten 30 Tage lang, jeden Tag 10 Minuten lang Achtsamkeit trainieren, indem ich mich in Meditation übe.

Versuch du es doch auch mal.

Julian

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