Kannst du dein Wissen anwenden?

Es gibt einen großen Spalt zwischen Wissen haben und Wissen anwenden können. Und nur die zweite Variante ist es eigentlich wert so viel Arbeit hinein zu stecken.

Denn etwas lernen bedeutet immer einen Aufwand. Darum kommst du nicht herum. Aber zumindest ist das ja meistens auf einem bestimmten Level.

Trotzdem fühlt es sich bestimmt doof an eine Menge Zeit investiert zu haben, um Sachen zu lernen, die man jetzt nicht mal wirklich anwenden kann. Egal ob man musste, weil es nun mal eine Schulpflicht gibt und die Eltern nicht wollten, dass man sitzen bleibt, oder ob man tatsächlich freiwillig ein Buch in die Hand genommen hat, es bleibt immer das gleiche. Wissen, das du hast, aber nicht anwenden kannst, ist irgendwie unnötig.

Nur wenn du die Sachen lebst, die du gelernt hast, hast du wirklich etwas davon, dass du sie gelernt hast.

Natürlich ist das unterschiedlich leicht zu machen, je nachdem wie relevant das Gelernte für dein aktuelles Leben ist, aber danach zu streben Wissen zumindest ohne Zusatzaufwand anwenden zu können ist auf jeden Fall immer ein sinnvolles Ziel.

Aber wie erreicht man diesen Zustand? Wie schafft man es, Wissen tatsächlich anwenden zu können, wenn bisherige Lernmethoden anscheinend versagt haben?

Letztendlich ist es eine Frage der Einstellung:

Wissen anwenden

Das sollte von Anfang an dein Ziel sein.

Nicht Reproduktion für den Test, nicht auf den schmalen Aufgabenbereich anwenden, tatsächlich in der echten Welt anwenden können.

Warum sonst solltest du jemals etwas lernen?

Lernen um des Lernens Willen?

Lernen nur um des Lernens Willen ist nicht wirklich sinnvoll, besonders wenn man dann in die Falle tappt, und sich auf das einmalige durchlesen informativer Texte beschränkt.

Davon wird schon direkt nach dem Durchlesen eine Menge wieder aus deinem Kopf heraus gepurzelt sein. Solange du Wissen nicht auch anwenden willst, sondern den „Weg des geringsten Aufwandes“ gehst, wirst du niemals viel davon behalten. Was bringt es dir zu wissen, dass schon eine Menge Wissen in deinen Kopf hinein gewandert ist, wenn du es nicht mehr anwenden kannst, weil es schon lange wieder verschüttet wurde oder sogar ausgewandert ist?

Viel besser ist die Variante, wo man sich Wissen für die Ewigkeit aneignet. Du willst Sachen doch nicht irgendwann wieder lernen müssen, sobald du sie dann wirklich brauchst, oder? Dann wäre das erste Mal nun wirklich Zeitverschwendung.

Sorge dafür, dass das erste Mal auch gleich das letzte Mal ist, dass du etwas lernen musst. Das ist natürlich nicht immer möglich, aber im Vergleich zu dem, was normalerweise vom Unterricht behalten wird, ist eindeutig noch eine enorme Steigerung möglich.

Wie erreicht man die? Zuerst einmal, indem man das Wissen auch wirklich anwenden will.

Wissen erwerben, wenn man es braucht

Das ist die beste Variante sicherzustellen, dass man das Wissen nach dem Erwerb auch sofort anwendet und so konsolidiert. Wenn du Sachen lernst, weil du sie dringend anwenden musst, ist es fast gar nicht möglich, dass du diesen zweiten Schritt einfach aus Faulheit weglässt.

Anstatt Sachen also aus irgendeinem schwammigen Grund zu lernen (das Buch lag hier herum und sah interessant aus) und dementsprechend eine ebenso schwammige Motivation zum Anwenden zu haben, versuch es lieber mit folgender Variante:

Sobald es um den Wissenserwerb geht, musst du sofort einen starken Willen entwickeln, es auch zu behalten. Mache dir klar, dass du das alles erneut lernen musst, wenn du es dir nicht beim ersten Mal merkst. Nur wenn du es wirklich willst, wirst du dieses Ziel auch erreichen können. Immerhin bedeutet es einen nicht zu vernachlässigenden Mehraufwand und eine Änderung des eigenen Verhaltens.

Aber das ist nun mal notwendig, damit du endlich sinnvoll lernen kannst.

Und wie kommt man zu diesem Willen? Entweder du schaffst es dich so weit selbst zu kontrollieren, in dem du dir die Effekte klarmachst, wenn du diese Sachen verstehst, oder du musst mit dem Lernen warten, bis du es wirklich brauchst. Dann ist nämlich klar, wie toll das Ergebnis wäre, wenn du dieses Wissen hast und tatsächlich anwenden kannst: du schaffst, was du dir vorgenommen hast.

Das ist aber nicht immer in greifbarer Nähe. Dir bleiben also zwei alternativen: nichts gezielt lernen, solange du es nicht brauchst oder Sachen freiwillig dazulernen, aber auf eine Weise, sodass es gleich beim ersten Mal haften bleibt und du es ab sofort tatsächlich anwenden kannst.

Bei der zweiten Variante brauchst du allerdings einen deutlich stärkeren Willen. Kannst du den jetzt gleich aufbringen, oder ist das erst möglich, sobald du diese Sachen wirklich brauchst?

Der Unterschied

Offensichtlich ist die Menge der Dinge, die man tatsächlich in seinem Leben anwendet, deutlich geringer als die Menge der Dinge die man „weiß“. Wissen hier im Sinne von „hab ich schon mal gelernt, kann ich vielleicht reproduzieren“.

Aber wieso?

Wie kommt es, dass so wenig, von dem was wir in unserem Leben schon gelernt haben tatsächlich hängen geblieben ist? Zum einen ist es vielleicht die Tatsache, dass man das Lernen nie wirklich beigebracht bekommt. (Abhilfe gibt es hier.)

Andererseits gibt es aber auch eine Sache, die deutlich alles, was man behalten hat, von dem unterscheidet, was man wieder vergessen hat: Man hat es in der echten Welt angewendet.

So einfach ist das. Es ist nun mal so, dass nur die Dinge, die man schon mal selbstständig angewendet hat, dauerhaft auf eine Art und Weise abgespeichert werden, dass sie später wiederverwendet werden können. Alles andere verblasst mit der Zeit einfach und ist nie wieder auf dem Level verfügbar, das man ganz am Anfang hatte.

Das musst du also ausnutzen. Nutze die Gelegenheit, dass du dieses Wissen gerade gelernt hast. Nutze sie, um das Wissen auf eine dauerhafte Art und Weise abzuspeichern.

Bei den meisten Sachen geht das nun mal nur, indem du sie in der echten Welt anwendest. Was bringt es dir, dass du Englischvokabeln auswendig lernst, wenn du nicht vorhast, mit englisch sprechenden Menschen zu kommunizieren? (Tipp: nicht viel.)

Nur das tatsächliche Kommunizieren sorgt leider dafür, dass die Wörter auf eine ausreichende Art und Weise in deinem Gedächtnis verankert werden. Wenn du nie sprichst, wirst du all diese Wörter ziemlich schnell wieder vergessen. Du musst sie tatsächlich anwenden, um sie dauerhaft zu behalten.

größerer Aufwand

Der Lernaufwand ist gerade plötzlich größer geworden, oder? Anstatt nur all die Sachen zu machen, die du vorher auch schon gemacht hast, musst du das Wissen jetzt auch noch in der echten Welt anwenden.

Aber der Schein trügt. Vielleicht hast du beim ersten Mal einen größeren Aufwand. Aber während alle anderen die Sachen wiederholen müssen, die sie schon mal gelernt haben, ist dein Wissen deutlich dauerhafter. Du hast also beim ersten Durchgang einen verhältnismäßig geringen Mehraufwand und sparst dir alle zukünftigen Wiederholungsrunden.

Sobald man ein bisschen langfristiger denkt als nur die nächsten paar Stunden, ist es eindeutig sinnvoll sein Wissen auf eine dauerhafte Art und Weise abzuspeichern. Keine Sorge, dein Kopf hat genug Platz.

Der Vorgang

Anstatt Wissen passiv aufzunehmen, musst du in Zukunft aktiv werden. Halte immer wieder an und überlege dir, wie du das, was du eben dazugelernt hast, anwenden kannst. Male dir tatsächliche Szenarien aus, wenn du es erst in der Zukunft anwenden kannst, ansonsten probiere es gleich heute aus. Denn nur wenn du das Wissen derartig mit einer entsprechenden Situation verknüpfst, kannst du es dann auch in dieser Situation anwenden.

Sobald du es dann ein paar mal ausprobiert hast, wird der Lernstoff erst wirklich relevant. Dann kannst du all die Erklärungen schätzen, die dir bereits gegeben wurden, die sich aber noch völlig abstrakt angefühlt haben. Erst sobald man ein bisschen Übung hat, wird eine Menge des Theoriewissens praxisrelevant. Nur dann hast du schließlich eigene Vergleichsdaten, an denen du das zu lernende noch besser verstehen kannst, und ohne die du alles gesagte einfach so hinnehmen müsstest.

Wissen anwenden können beginnt mit dem tatsächlichen Anwenden, solange es noch frisch ist. Dann kannst du auch in ein paar Wochen, Monaten oder Jahren noch darauf zurückgreifen.

Denke daran, dass du immer sofort dein Wissen anwenden musst, damit es dauerhaft gespeichert bleibt. Und das sollte doch das Ziel jeglichen Lernens sein, oder?

Viel Erfolg!

Julian

PS: Als nächster Schritt bietet sich an mit der Feynman-Technik zu überprüfen, wie gut du es schon verinnerlicht hat. Immerhin ist das die einzige relevante Messlatte bezüglich deines eigenen Verständnisses: wie gut du dein Wissen an andere weitergeben kannst.

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