Konzentration ist scheinbar gar nicht so einfach

Konzentration ist eines von diesen Themen, von dem viele Leute denken, dass sie schon alles darüber wissen, was es zu wissen gibt. Und dann verhalten sie sich auf eine Weise, die ihrer Konzentration schadet. Man denkt einfach ganz fest an eine bestimmte Aufgabe, dann ist man konzentriert, oder?

Leider funktioniert es so nicht wirklich.

Konzentration lässt sich eher beschreiben als, nur an eine bestimmte Aufgabe denken. Alle Gedanken an andere Sachen werden ausgeblendet und auf später verschoben.

Wenn du irgendetwas machst, gleichzeitig aber eine Unterhaltung führst, bist du nicht vollkommen konzentriert. Außer natürlich du konzentrierst dich auf die Unterhaltung.
Auch dein Handy ist ein absoluter Konzentrationskiller. Es braucht dich nur ganz kurz durch eine Benachrichtigung zu rufen, schon schenkst du ihm deine volle Aufmerksamkeit. Selbst wenn du es auf lautlos stellst, wirst du trotzdem sofort das blinkende Lämpchen bemerken, solange du die Vorderseite des Geräts sehen kannst. Wer daran gewöhnt ist, oft aufs Handy zu schauen, kann das auch in „konzentrierten“ Phasen nur schwer lassen.

Aber Konzentration ist nun mal notwendig für effektives, produktives Arbeiten, bei dem gleichzeitig auch noch eine gewisse Qualität gewahrt wird.

Deswegen sollte man sich auch nicht gegenüber den Erkenntnissen der modernen Wissenschaft sträuben, die einem verraten, wie Konzentration wirklich funktioniert. Dann kann man nämlich mit seinem Körper arbeiten und kämpft nicht gegen ihn.

Konzentration

Eine wichtige Erkenntnis ist, dass unser geistiger Zustand auch im Wachzustand gewissen Fluktuationen unterliegt. Jeder hat bestimmt schon mal von den verschiedenen Schlafphasen gehört, die sich dabei alle 90min wiederholen. Genauso gibt es aber auch im Wachzustand einen gewissen Zyklus, der alle 90min zu einer vorübergehenden Abnahme deiner Konzentrationsfähigkeit führt.

Wenn man dann aufmerksam ist, kann man diesen Zyklus bemerken und die eigenen Arbeiten gezielt so anordnen, dass der benötigte Konzentrationsgrad zur aktuellen Konzentrationsfähigkeit passt.

Bei den meisten ist die Maximale Konzentrationsdauer aber deutlich kürzer als etwa 75 Minuten. Das liegt daran, dass ihnen von der modernen Welt eine gewisse Unkonzentriertheit antrainiert wurde. Überall gibt es etwas, auf das wir unsere Aufmerksamkeit richten sollen. Wie soll man sich da über längere Zeiträume auf eine bestimmte Sache fokussieren?

Konzentration wird nicht gerade gefördert von unserer modernen, schnellen Welt.

Und doch ist sie absolut wichtig, um Arbeit abzuliefern, die besser ist als die eines entsprechenden Computerprogramms. In diesem Fall wirst du nämlich ziemlich schnell ersetzt werden. Und mit der steigenden Leistungsfähigkeit moderner Algorithmen wird das immer essentieller.

Wie lange kannst du dich konzentrieren?

Ich empfehle eine Reihe von Tests durchzuführen. Wenn du das nächste Mal etwas arbeiten sollst, besorgst du dir Wecker, Zettel und Stift. Dann bist du ausreichend vorbereitet.

Nimm dir als erstes einmal einen Zeitraum von 10min vor. In diesem Zeitraum versuchst du dich jetzt vollkommen auf die vorliegende Arbeit zu konzentrieren. Jedes Mal, wenn du in Gedanken zu einer anderen Sache abschweifst, machst du einen Strich auf deinen Zettel. Dann kehrst du sofort zur vorliegenden Aufgabe zurück.

Nach Ablauf der 10min kannst du dann nachsehen, wie oft du abgelenkt warst. Kein einziger Strich bedeutet du warst vollkommen konzentriert. Je mehr Striche, desto öfter warst du abgelenkt.

Solange du dich nicht 10min am Stück konzentrieren kannst, solltest du nicht zu längeren Konzentrationsintervallen übergehen. Bleib vorerst einmal bei 10min, dann 3min Pause.

Wenn du es aber geschafft hast, kannst du es mit 15min versuchen. Dann mit 20. Du wirst zu Beginn nicht wirklich sehr weit kommen. Höchstwahrscheinlich bleibst du einfach erst mal bei 10min.

Aber sobald du deine Grenze gefunden hast, kannst du dieses Wissen jetzt nutzen. Wenn du nämlich immer wieder über diese Grenze hinweg deine Konzentration aufrechterhältst, ohne kurze Pausen einzulegen, in denen du dich möglichst gar nicht konzentrierst, wird deine Konzentrationsfähigkeit stark abnehmen. Nur durch kleine Pausen, die immer wieder zwischendurch stattfinden, kannst du das maximale Niveau bis zum Ende aufrecht erhalten.

Aber es ist gut, so viele Pausen zu machen. Da kannst du dann versuchen in jeder 10Minuten Einheit einen Strich weniger setzen zu müssen als in der letzten. Und wenn du eine ganze Weile in Folge geschafft hast, dich ohne Unterbrechung für volle 10 Minuten zu konzentrieren, dann darfst du auch zum nächsten Level fortschreiten:

Mit dem Körper arbeiten

Du hast jetzt herausgefunden, wie lange du dich am Stück konzentrieren kannst. Dann kannst du jetzt auch damit beginnen dieses Wissen auszunutzen.

Arbeite einfache in Pomodoro-Intervallen. Das bedeutet, dass du dir immer wieder für kleine Zeitabschnitte von vielleicht 10min eine Arbeit vornimmst, die du dann mit voller Konzentration bearbeitest. Dann kommt 3min Pause, in denen du dich möglichst überhaupt nicht konzentrierst. Dann wieder 10min Konzentration, 3min Pause, usw. Und alle 3-4 Einheiten machst du mal eine größere Pause. Und zwar spätestens so, dass du in deinem alle-90min-Tief eine Pause machst.

Und wenn du ein paar Tage geschafft hast, dich in jeder dieser Einheiten vollkommen zu konzentrieren, kannst du sie verlängern.
Dann arbeitest du vielleicht in einem 15-5-15-5-15-Rhythmus. Dann in einem 20-7-20-7-20-Rhythmus. Beobachte deinen Körper. Wie lange braucht er Pause, um sich danach wieder die komplette Zeit lang konzentrieren zu können. Kürzer solltest du auf keinen Fall Pause machen, länger braucht es eigentlich nicht.

Das Maximum von etwa 75 Minuten Konzentration ist nur mit viel Übung erreichbar und ergibt eigentlich auch nur Sinn, wenn du Aufgaben hast, an denen du so lange am Stück arbeiten kannst. Meistens sind kürzere Intervalle viel zielführender und auch nicht so anstrengend.

Generell ist es einfach so, dass du auf deinen Körper hören solltest. Nur wenn du regelmäßig kurze Konzentrationspausen einlegst, kannst du deine Fähigkeit zur Konzentration den ganzen Tag über auf ihrem maximalen Niveau halten. Wenn du dich einfach immer weiter und weiter zur Konzentration zwingst, nimmt sie ziemlich schnell ab und am Nachmittag wirst du nicht mehr viel gute Arbeit erledigen können.

Ablenkungen

Generell kann sich jeder mit der richtigen Technik über längere Zeit wunderbar konzentrieren. Zumindest solange er nicht an einem Aufmerksamkeitsdefizit leidet oder Ablenkungen des Weges kommen.

Ablenkungen tun genau das, was ihr Name über sie aussagt. Sie lenken deine Konzentration bzw. Aufmerksamkeit von der eigentlichen Arbeit ab und führen sie zu einer anderen Sache. An sich wäre das ja nicht schlimm, aber Studien haben gezeigt, dass man – sobald die Konzentration auf eine bestimmte Sache unterbrochen wurde – bis zu 20min braucht, um sich wieder komplett auf die eigentliche Aufgabe zu konzentrieren.

Ablenkungen kommen in den verschiedensten Ausführungen. Und allen muss man anders entgegentreten.
Ich unterscheide erst mal grundsätzlich Ablenkungen von Innen und von Außen.

emotionale Destabilisierung

Auf der Innenseite gibt es zum Beispiel Situationen die dich noch tagelang komplett unkonzentriert hinterlassen. Sie haben einen solchen Einfluss auf deine Emotionen, dass sie immer und immer wieder in deinen Gedanken auftauchen werden und du dich gar nicht gegen sie wehren kannst.

Wenn dir so etwas passiert ist, kannst du jetzt wohl auch nichts mehr dran ändern. Aber vielleicht lassen sich solche Situationen in Zukunft vermeiden?

Möglicherweise, ich weiß es nicht.

Aktuell bleibt dir nur eine Option: Versuche dich von dieser Sache abzulenken, indem du dich vollkommen in deiner Arbeit vertiefst. Bei kompletter Konzentration werden auch diese Gedanken nicht auftauchen. Mehr als trotzdem das Konzentrieren zu versuchen kannst du aber einfach nicht dagegen machen.

Mit anderen Ablenkungen von Innen kannst du dagegen definitiv umgehen. Da gibt es zum Beispiel:

Ideen

Ideen tauchen einfach zwischendurch auf, man kann gar nichts gegen sie unternehmen. Und wenn man dann ein bisschen darüber nachdenkt, ist man versucht, es jetzt gleich mal auszuprobieren.

Im Augenblick stellt diese Idee aber nur eine Ablenkung dar. Du musst sie möglichst schnell eliminieren, am besten ohne diese super Idee zu verlieren. Dafür hast du deshalb einfach grundsätzlich Zettel und Stift einstecken oder neben dir liegen. Dann schreibst du die Idee einfach schnell auf und kehrst wieder zur vorliegenden Aufgabe zurück.

Denk nicht mal 10s darüber nach. Mit ein bisschen Übung sieht das so aus: Oh eine Idee, aufschreiben, weiterarbeiten. Keine Verzögerungen. Darüber kannst du nachdenken, wenn du mit der aktuellen Aufgabe fertig bist.

Mitarbeiter

Neben diesen Gedanken, die in dir auftauchen und dich abzulenken versuchen, gibt es aber auch Ablenkungen von außen. Gegen die kannst du dich praktisch nicht wehren. Manche Sachen lassen sich auch einfach nicht vermeiden.

Aber du kannst zumindest die Menge der Dinge, die dich ablenken reduzieren, in dem du dafür sorgst, dass ihr ein System einrichtet, bei dem nicht so dringende Anliegen asynchron kommuniziert werden. Zum Beispiel über Email. Dann kannst du nämlich alle diese Dinge gebündelt bearbeiten, sobald du mit der aktuellen Arbeit fertig bist.

Vielleicht erlaubst du deinen Mitarbeitern auch einfach ihre Anliegen auf deinen Ideenzettel zu schreiben, der eh neben dir liegt.

Manche haben auch einfach einen Stapel auf ihrem Schreibtisch, auf dem alle zukünftigen Arbeiten gesammelt werden.

Manchmal kommt die Ablenkung aber auch von außen, ohne dass deine Kollegen daran beteiligt sind.

Umgebung

Auch deine Umgebung kann dich ablenken. Besonders wenn dein Arbeitsplatz unaufgeräumt ist, eine Menge unbekanntes Zeug herumliegt oder direkt vor dem Fenster etwas ungewöhnliches passiert, geschieht folgendes ziemlich schnell:

Man löst seinen Blick vorübergehend vom Bildschirm und schon sieht man etwas, das ablenkende Gedanken hervorruft. Viel besser wäre es, wenn du deinen Blick zur Entspannung schweifen lassen kannst, ohne dass etwas deine Aufmerksamkeit erregt. Schließlich soll man ja spätestens alle 20min mal seinen Blick für 20s weit in die Ferne richten, damit die Augen nicht vom übermäßigen Arbeiten vor dem Bildschirm in Mitleidenschaft gezogen werden.

Räume also mal wieder auf, wenn du öfter mal von Dingen abgelenkt wirst, die du um dich herum sehen kannst.

Generell ist Konzentration einfach eine Frage der Übung. Solange du nicht gezielt darauf achtest und versuchst immer besser zu werden, wirst du es weiterhin so schlecht können wie bisher.

Kannst du dich lange genug Konzentrieren, um einen ganzen 1600 Wörter Artikel am Stück zu schreiben?

Ich nicht. Ich hab mir zwischendurch einen kleinen Snack geholt 😛

Aber das wird bestimmt noch besser mit der Zeit. Immerhin gab es schon deutliche Verbesserungen zum Anfang. (Damals, vor über 100 Artikeln.)

Julian

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