Wie Körpersprache dir Gedanken lesen ermöglicht

Okay. Es ist nicht wirklich Gedanken lesen. Vielmehr geht es, um das sekundengenaue Einschätzen, wie sich jemand fühlt. Auch in Reaktion auf bestimmte Informationen, Gesprächsthemen oder Handlungen.

Aber nicht oberflächliches Einschätzen des Gemütszustandes, sondern eher ein detailliertes in Erfahrung Bringen der Einstellungen die jemand gegenüber vielen verschiedenen einzelnen Dingen hat und ein ziemlich genaues Einschätzen seines aktuellen Zustands auf der Wohlbefinden-Unwohlsein-Skala.

Der Trick? Nonverbale Signale auf ihre äußerlichen Ursachen zurückführen. Die Signale sagen dir, was jemand fühlt, und die Zuordnung, worauf sich das bezieht.

Gedanken lesen

Die relevanten Signale habe ich bereits die letzten Tage über besprochen. (Wohlbefinden-Unwohlsein-Skala, 3 Stressreaktionen)

Jetzt geht es uns also um die Zuordnung dieser Signale zu ihren jeweiligen Ursachen.

in Frage kommende Ursachen

Was kann in jemandem ein Gefühl von Gefahr auslösen oder generell eine Reaktion hervorrufen? Richtig, einfach alles.

Deswegen muss man auch immer ein paar Möglichkeiten ausschließen, die man gar nicht kennen kann: zum Beispiel Gedanken, also Erinnerungen an bestimmte Dinge. (Herd angelassen, Geburtstag vergessen; tolle Pläne am Wochenende, Vorfreude auf späteren Termin, …)
Vielleicht hat die Person auch etwas gesehen oder gehört, das nicht in unserem Bereich der Wahrnehmung liegt. (Hinter uns, am Telefon, …) Das ist schließlich immer möglich.

Man sollte also immer vorsichtig sein, bevor man bestimmte Reaktionen Sachen zuschreibt, von deren Existenz man weiß. (Handlungen von einem selbst, Informationen, Gesprächsthemen, …)

Aber die letzte Gruppe von Ursachen ist nun mal die, die uns am meisten interessiert. Jeder will doch gerne wissen, ob Berührungen wohlwollend oder ablehnend aufgenommen werden, welche Gesprächsthemen am besten vermieden werden sollten oder ob sich jemand jetzt über die Informationen freut oder nicht (vor allem, wenn er nur sein Pokerface zeigt), oder?

Und genau das kann man eben einschätzen, sobald man sowohl nonverbale Kommunikation versteht und man sich relativ sicher ist, auf was das gerade eine Reaktion ist.

Grundsätzliches

Bevor wir zu ein paar echten Beispielen kommen, muss ich erst noch ein paar Dinge klarstellen. Es handelt sich um eine Kurzfassung einiger der Gebote bei der Dekodierung von Körpersprache. Wenn du die also schon in und auswendig kennst, kannst du das hier überspringen.

Für uns Normalsterbliche ist das aber sehr wichtig.

Zum einen sind nur die Veränderungen in der Körpersprache, eben die Abweichungen vom Grundverhalten relevant. Alle Personen unterscheiden sich. Jeder zeigt ganz von allein andere Mengenausprägungen bestimmter Signale. Erst wenn sich (plötzlich) die Körpersprache ändert, weiß man, dass die Ursache etwas zeitlich sehr naheliegendes sein muss. Ansonsten kann der Gegenüber ja auch einfach noch über Dinge nachdenken, die schon eine Weile zurückliegen. Wer weiß?

Daneben ist es aber auch immer wichtig Cluster zu erkennen. Erst wenn sich Signale mit der selben Aussage häufen (= du mehrere sich unterstützende Signale erkannt hast), kannst du dir sicher sein, ein aussagekräftiges Signal entdeckt zu haben. Genauso bestätigen sich auch manche Signalfolgen gegenseitig. Wenn entsprechende Verhaltensweisen auftauchen, können sie einfach nur diese Bedeutung haben.

So. Jetzt sind wir gewappnet. Ein wichtiger Hinweis fehlt aber noch:

sich widersprechende Signale

Der Körper sagt das eine, die Worte das andere? Oder vielleicht zeigt das Gesicht Freue über deine Anwesenheit und der ganze restliche Körper Ablehnung?

Was ist die wahre Einstellung, oder gibt es hier tatsächlich gemischte Gefühle?

Zuerst ist einmal ganz wichtig, dass das limbische System, das unsere nonverbale Kommunikation verursacht ohne Verzögerung und komplett ehrlich reagiert. Solange du dir also sicher sein kannst, dass sich die Körpersprache auch auf das Gesagte bezieht, verrät sie dir die wahre Einstellung des Sprechers.

Aber was, wenn die Körpersprache sich selbst widerspricht? Das liegt dann daran, das man ja auch bewussten Einfluss auf die Bewegungen seines Körpers hat. Und zwar umso mehr, je mehr Übung man darin hat, seine wahren Gefühle zu verbergen.

Deshalb kann man dem Gesicht auch oft nicht so wirklich trauen. Dass das Gesicht nicht die Wahrheit verrät, hat sich sogar schon in unserer Sprache, im bekannten Pokerface niedergeschlagen.

Genauer gesagt ist es etwa so: je weiter ein Körperteil vom Gehirn weg ist, desto unwahrscheinlicher ist das Signal gefälscht. Die Reihenfolge von sehr vertrauenswürdig zu möglicherweise gefälscht lautet also: Beine/Füße, Oberkörper, Arme/Hände, Hals/Kopf/Gesicht.

Aber auch am Kopf gibt es Signale, die man nicht fälschen kann. Versuch mal, wenn du dich unwohl fühlst, deinen Kopf schräg zu halten. Zum Beispiel in einem Aufzug voller Leute, die du nicht kennst – während du einen von ihnen anschaust. Das geht ziemlich schwer. Dein Körper wehrt sich nun mal gegen diese Gefährdung deines Wohlbefindens. (Hals entblößen!)

Außerdem kann es auch vorkommen, dass das selbe Körperteil kurz nacheinander verschiedene Signale sendet. Hierbei ist grundsätzlich das erste Signal, auch bekannt als Mikrosignal, ehrlicher, da das zweite dann eine willentlich gesteuertes Signal nach außen darstellt.

Besonders negative Gesichtsausdrücke werden oft verborgen. Trotzdem solltest du natürlich deine Beobachtungen mit dem Rest des Körpers abgleichen. Denk dran. Erst Häufungen von Signalen sind aussagekräftig!

Kommen wir jetzt also mal zu ein paar echten Beispielen. Aber denk dran. Du musst das selbst ausprobieren, sonst lernst du es nicht!

verschiedene Beobachtungssituationen

Vielleicht befindest du dich gerade in einem Gespräch mit jemandem. Vielleicht beobachtest du einfach so ein paar Signale, deren Ursachen dich interessieren. Besonders im letzten Fall wird es dir schwer fallen die tatsächlichen Gründe ausfindig zu machen, du kannst immer nur raten.

einfach so

Irgendwann muss man seine Beobachtungsfähigkeiten doch auch mal üben, oder?

Stell dir vor du siehst jemanden, der telefoniert und plötzlich beginnt mit dem Fuß zu wippen. Wie verrückt. Die begründete Vermutung wäre jetzt, dass er etwas sehr erfreuliches erfahren hat, auch wenn sein restlicher Körper immer noch ein neutrales „ich zeige nichts nach außen“ signalisiert.

Oder du siehst ein paar, das eine mehr oder weniger ernste Unterhaltung führt. Woran siehst du das? Ihre Füße kommen sich unter dem Tisch nicht nahe und je nach Gesprächsthema, siehst du sie beide mit verschränkten Armen oder in einer weniger schützenden Haltung.

Denk dran. Diese Signale sind den Personen selbst oft nicht klar. Sie verspüren einfach das Bedürfnis ihre Arme zu verschränken (Abwehr des Gesprächsthemas?) oder wieder eine andere Position einzunehmen (Thema überlebt?). Aber diese Bewegungen sind trotzdem nicht zufällig. Besonders wenn wir uns auf etwas anderes konzentrieren, wird unsere Körper trotzdem die ganze Zeit von unserem Gehirn kontrolliert. Nur eben nicht mehr von unseren bewussten Gedanken.

Wenn du jemanden von weiter weg beobachtest, siehst du immer nur die Reaktionen, nur sehr selten auch die tatsächlichen Auslöser. Eigentlich nur, wenn es sich dabei um Handlungen der anderen Person handelt, zum Beispiel eine Berührung am Arm. Ansonsten kannst du praktisch nicht wissen, was die Reaktion jetzt letztendlich ausgelöst hat.

Aber das ist nicht so schlimm. In vielen Situationen reicht das Wissen um die Gefühlswelt einer Person schon aus, um bestimmte Reaktionen zu rechtfertigen. (Trösten, wenn jemand plötzlich bestürzende Neuigkeiten erfährt, …)

Ansonsten kannst du auch einfach raten, vielleicht gibt es ja später die Möglichkeit deine Vermutungen zu überprüfen.

Und noch eine Sache kann dir das aufzeigen: In jedem Fall kannst du das Level an Zuneigung zwischen diesen zwei Personen abschätzen. Auch eine höchst interessante Information.

in Gesprächen

Jetzt geht es dir mehr darum herauszufinden, wie jemand auf die Sachen reagiert, die du machst oder sagst, was die Person wirklich fühlt, nicht nur das, was sie behauptet.

Hierbei ist es interessant zu wissen, dass die nonverbale Reaktion immer direkt nach dem Verstehen der Bedeutung eines Satzes oder direkt nach der Aktion kommt. Das limbische System reagiert nun mal ohne gedankliche Verzögerung.

So kannst du zum Beispiel bemerken, wenn du ein unangenehmes Gesprächsthema anschneidest. Je nach Situation (vielleicht ist das gerade ja ein polizeiliches Verhör) ist die beste Variante dann vermutlich dieses Thema zu vermeiden.

Genauso könnte auch die Körpersprache Ablehnung ausdrücken, auch wenn die Worte neutral oder freundlich sind.

So kannst du erkennen, wer deine besten Freunde sind, welche Ideen besonders gut ankommen oder einfach was die andere Person diesbezüglich fühlt.

Wichtig ist hierbei natürlich immer herauszufinden, was die Reaktion jetzt tatsächlich verursacht hat. War es das, was du denkst, oder doch einer der Gründe, die wir gar nicht kennen können. (Erinnerungen, Dinge, die wir nicht gesehen haben, die andere Person aber, …).

Um das herauszufinden, ist es manchmal sinnvoll die vermeintliche Ursache nochmal aus einer anderen Richtung auszuprobieren und zu schauen, ob dann eine ähnliche Reaktion kommt.

Wie auch immer.

Zu wissen, wie jemand sich eigentlich fühlt, ist am Gedanken lesen doch schon ziemlich nah dran, oder?

Meiner Meinung nach sogar besser. Was bringt das Gedanken Lesen, wenn die Leute eh nicht in vollständigen Sätzen denken und sich der Dinge, die du durch nonverbale Kommunikation erfahren kannst, sowieso nicht bewusst sind?

Lerne auch Körpersprache zu verstehen. Das bereichert dein Leben!

Julian

PS: für noch besseres Verständnis von Körpersprache, lies dieses Buch.

Kommentar verfassen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.