Stufe 7: Die Annäherung an die innerste Höhle

Die Annäherung an die innerste Höhle ist die 7. Stufe auf dem Weg des Helden, wie Christopher Vogler ihn in „The Writer’s Journey“ beschreibt. Natürlich ist jede Geschichte verschieden, und doch haben sie alle gemeinsame Elemente, die immer wieder auftauchen. Und wenn nicht in dieser Reihenfolge, dann zumindest in einer ähnlichen. Nur selten kommen Geschichten ohne diese Plot-Aspekte aus, also sollte man sich durchaus über sie informieren.

Nach der Phase der Gewöhnung an die neue Welt, kommt jetzt wieder eine deutliche Beschleunigung des Geschehens. Es verläuft jetzt viel zielgerichteter, und zwar direkt auf den zentralen Konflikt der besonderen Welt zu. Und da dieser oft direkt in der Mitte der Geschichte bzw. des zweiten Akts und damit in der Mitte der besonderen Welt liegt, wird dieses Ziel auch die innerste Höhle genannt. Manchmal wird diese zentrale Krise auch ein Stück nach hinten verschoben und findet dann eher gegen Ende des zweiten Aktes statt. Der Teil davor funktioniert dann aber immer noch genauso:

In Stufe 7 geht es jetzt also darum den Helden auf die zentrale Prüfung vorzubereiten und dabei die Spannung immer weiter zu steigern, sodass der Leser das Buch nicht weglegen möchte. Ob der Held sich freiwillig auf diesen Weg begibt oder mehr oder weniger dazu gezwungen wird, die Richtung ist klar: Wir wollen letztendlich den zentralen Punkt dieser Welt aufsuchen.

Dabei kann dann ein spannendes Phänomen auftreten. Ich nenne es: besondere Welt in der besonderen Welt. Im Zentrum der besonderen Welt liegt eine weitere besondere Welt, die sich nochmal anders anfühlt, auch eine Grenze hat und dementsprechend auch von einem Grenzwächter bewacht wird. Aber wie man Grenzwächter überwinden kann, dazu kommen wir nachher. Jetzt hat der Held erst mal 2 fundamental unterschiedliche Optionen diese Annäherung hinter sich zu bringen:

Annäherung an die innerste Höhle

Option eins ist ziemlich simpel, höchst wagemutig und katapultiert uns direkt zu Stufe 8, der zentralen Krise. Hierfür muss der Held nur provozierend in das Hauptquartier des Feindes hinein-laufen, warum auch immer er das machen wollte. Das geht natürlich nur, wenn es einen solchen Ort in der Geschichte gibt und ist auch nur unter einer Bedingung zu „empfehlen“: der Held braucht die Vorbereitung nicht, die er sich hier gerade entgehen lässt.

Das ist schließlich der eigentliche Grund für die Existenz dieser Phase: dafür sorgen, dass der Held bereit für die Prüfungen des zentralen Konflikts ist und diese tatsächlich glaubhaft überwinden kann. Für einen Deus ex Machina wäre es dann schließlich noch zu früh.

der lange Weg

Normalerweise wird also der lange und komplizierte Weg gewählt:
Das feindliche Territorium will ausgekundschaftet werden, sonst wird man sich später nicht hinein schleichen können.
Vielleicht sollte die Gruppe neu strukturiert werden: Manche Mitstreiter werden den Helden bei der ersten ernsthaften Warnung alleine lassen. Der Mentor kann normalerweise sowieso nicht mitkommen. Am Ende steht dein Held vielleicht ganz alleine da. Kann er die zentrale Prüfung trotzdem überstehen?
In dieser Phase sollte sich das Team natürlich auch bewaffnen. Möglicherweise ist noch Zeit für ein letztes Lachen oder eine Liebesszene, bevor wirklich alle Kapazitäten für die Prüfungen benötigt werden. Aber viel Freiraum ist dafür nicht so wirklich. Die Geschwindigkeit der Handlung nimmt ganz schön zu und führt jetzt ohne unnötige Schlenker direkt zum Zentrum dieser besonderen Welt hin.

Vorbereitung auf die zentrale Prüfung

In welcher Weise finden in deiner Geschichte an dieser Stelle besondere Vorbereitungen statt? Welche der Dinge, die der Held jetzt lernt oder nicht lernt, wird er später dringend benötigen? Was wiederum stählt seine Nerven? Werden die Prüfungen und Hindernisse schrittweise intensiver? Hat der Held gleichzeitig zu den äußeren Konflikten auch mit inneren Problemen zu kämpfen?

All das sind Fragen, die du bedenken solltest, wenn du dich diesem Aspekt deiner Geschichte annimmst. Sie soll immerhin glaubhaft auf die zentrale Krise hinführen und nicht plötzlich dort ankommen und auf eine Art und Weise daran vorbeikommen, dass man sich fragt, wie das denn bitte jetzt funktioniert hat.

Diese Phase der Vorbereitung ist voller Hindernissen und Grenzwächter, voller dramatischer Komplikationen und immer schwereren Verteidigungen, die der Held umgehen muss. Vielleicht gibt es sogar den einen oder anderen komplett unmöglichen Test, der dann doch noch bestanden wird.

Wie genau diese Phase aussehen wird, bleibt logischerweise dir überlassen, aber eines ist sicher: Es wird hier wieder Grenzen geben und damit auch wieder Grenzwächter, die es zu Überwinden gilt.

Jedenfalls bietet Christopher Vogler eine Menge häufiger Tricks, um an solchen Grenzwächtern vorbeizukommen, die ich jetzt auch mal kurz aufzeige.

an Grenzwächtern vorbei kommen

Die einfachste Option ist eigentlich fast schon beschummeln und wird eigentlich auch nur dadurch glaubhaft gemacht, dass der Held erst mal auf eine so abwegige Idee kommen muss: Einige Grenzwächter lassen sich durch das vorzeigen bisheriger Erlebnisse überreden den Weg freizugeben. Der Held gibt sich praktisch als die Person zu erkennen, von der der Grenzwächter schon so viel gehört hat, und erlangt dadurch seinen Respekt. Die Belohnung: anstatt dem Helden im Weg zu stehen, wechselt der Grenzwächter auf seine Seite und versucht ihm zu helfen.

Bei anderen kann man es schaffen eine emotionale Verbindung aufzubauen. Auch das ist sehr hilfreich, wenn es darum geht einen Grenzwächter auf deine Seite zu holen. Wenn er dich versteht und beginnt sich mit dir zu identifizieren, wird er alles tun, um dir zu helfen. Vielleicht sogar Dinge, bei denen du gar nicht daran gedacht hättest, selbst zu fragen.

Andere Grenzwächter stehen dagegen eindeutig auf der Seite des Gegners. Diese kannst du nicht in der Zeit, die dir zur Verfügung steht auf deine Seite ziehen. Hier hilft nur ein anderer Trick, der auch schon oft angewendet wurde: schlüpfe in die Haut des Gegners, vielleicht sogar wortwörtlich durch überstreifen einer Uniform, um dich als einer der ihren auszugeben. So kannst du vielleicht unbemerkt durch die Reihen schlüpfen ohne dass jemand verdacht schöpft.

Ansonsten würde dir nämlich fast nur noch eine Option übrig bleiben: Mit Gewalt durchbrechen. Manche Türen muss man einfach eintreten, um sie zu passieren. Das sollte aber trotzdem immer die letzte Option bleiben.

Findest du einen anderen Weg um die jeweiligen Grenzwächter außen herum? Jeder hat eine schwache Stelle. Du musst sie bloß finden. Und als Autor hast du die besten Chancen den Grenzwächter gut genug zu kennen. Nutze diese Techniken, die ich eben beschrieben habe also nicht allzu oft. Sie sind fast schon Klischees. Kannst du sie vermeiden?

die zentrale Prüfung

Wir nähern uns jetzt also unweigerlich der zentralen Krise, dem ersten von zwei Höhepunkten. Hat dein Charakter sich in der bisherigen Geschichte bereits verändert? Will er aufgeben, weil ihn Ängste zu überwältigen drohen? Oder ist er jetzt endgültig zum Abenteuer verpflichtet?

Welchem Weg folgt deine Geschichte?

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