Sapiens und die Geschichte der Menschheit

„Sapiens“ von Yuval Noah Harari stellt sich selbst eine schwierige Aufgabe: die Geschichte der Menschheit und warum sie so ist, wie sie heute ist, auf eine zusammenhängende Art und Weise zu erzählen. Das gleiche sagt auch der Untertitel aus: „A Brief History of Humankind“. Er macht es zur Geschichte aller Menschlichen Arten, auch wenn alle außer uns schon im ersten Kapitel wieder ausscheiden. Trotzdem ist es wichtig für den Gesamtzusammenhang: Was macht unsere Spezies besonders, sodass sie überleben konnte, als alle anderen Menschen ausgelöscht wurden?

Warum wurden aus den Jägern und Sammlern der Steinzeit Bauern, die Städte und Königreiche gründeten? Wie kommen wir dazu an Götter, Nationen oder Menschenrechte zu glauben? (Etwas, das keine andere Spezies kann.) Was können wir von der Zukunft erwarten? Und so weiter. Derartige Fragen werden hierin auf eine derartige Horizont-erweiternde Art und Weise erläutert, dass man geradezu merkt, wie man schlauer wird. Dieses Buch kann ich absolut jedem zum Lesen empfehlen.

Sapiens

Dr. Yuval Noah Harari unterrichtet Welt-Geschichte an der Universität von Jerusalem. Seine Forschung spezialisiert sich dabei auf Fragen wie: Was ist die Verbindung zwischen Biologie und Geschichte? Gibt es Gerechtigkeit in der Geschichte? Sind Menschen im Laufe der Geschichte glücklicher geworden?

Seine Antworten auf diese Fragen finden sich in diesem Buch und sie sind genauso atemberaubend wie einleuchtend. Der Autor schafft es eindeutig grundlegende Wahrheiten in einfach verständliche Worte zu fassen, sodass man die Konzepte klar erfassen kann. Schon die Innenseite des Covers liefert einen ersten Eindruck:

  • Feuer gab uns Macht
  • Tratsch half uns beim kooperieren
  • Landwirtschaft machte uns hungrig nach mehr
  • Mythologie erhielt Gesetzt und Ordnung
  • Geld war etwas, dem wir wirklich vertrauen konnten
  • Widersprüche erschafften Kultur
  • Wissenschaft machte uns tödlich

Im Nachhinein klingt es eindeutig einleuchtend. Vereinzelt braucht es vielleicht noch ein bisschen Erläuterung. Aber wer hätte das von vorne herein so formulieren können?

Das ist erst der Anfang. Das Buch ist in 4 Teile und 20 Kapitel aufgeteilt. Jedes von ihnen bringt neue Einsichten, die man auf diese Weise bisher noch nicht hatte. Der kommende kurze Überblick hilft vielleicht dabei dich zu überzeugen das Buch auch zu lesen.

Die kognitive Revolution

Am Anfang der Zeit beginnend schlägt Yuval Noah Harari einen Bogen zu einer Zeit vor etwa 100000 Jahren. Zuerst war Physik die treibende Kraft der Komplexität, die Sonnen und Planeten erschafft. Dann war es Chemie, die Aminosäuren und letztendlich Leben erschafft. Dann ist es Biologie, die immer neue und komplexere Arten hervorbringt, auch eine Gattung, die sich auf besonders große Gehirne spezialisiert: die Menschen.

Dann, vor 70000 Jahren gab es allerdings eine plötzliche Veränderung. Biologie wurde als Triebkraft der Komplexität abgelöst durch Geschichte, Homo sapiens hatte gelernt abstrakte Sprache zu benutzen und plötzlich, keine 50000 Jahre später war es die einzige Menschliche Art, anstatt eine von vielen. Vielleicht haben wir sie ausgerottet, unsere biologischen Brüder und Schwestern.

Diese kognitive Revolution ermöglichte es Wissen über Generationen hinweg zu bewahren und auf diese Weise viel schneller zu lernen, als es jemals vorher möglich war, als Wissen noch genetisch verankert werden musste. Diese genetische Verankerung können wir allerdings heute noch spüren, in unserer Welt die zwar gänzlich anders ist als die damalige, in der wir aber immer noch Verhaltensweisen zeigen, die nur in der damaligen Sinn ergeben. Hast du dich schon mal gefragt, wieso fettiges Essen mit vielen Kalorien so gut schmeckt, obwohl wir davon nur fett werden, was in der heutigen Zeit, definitiv nicht erwünscht ist? Es steckt eine gewisse Absicht dahinter. Damals war es lebensrettend derartig Kalorien zu horten. Mehr als das, also welche Geschichten damals erzählt wurden, wie die Gesellschaften aussahen, und so weiter können wir niemals wissen. Es hängt ein Vorhang der Stille darüber, der erst durchbrochen wird, durch die Erfindung des Schreibens. Vorher kam aber erst noch etwas anderes:

Die landwirtschaftliche Revolution

Landwirtschaft gab uns viel mehr zu essen, als wir jemals hatten und ermöglichte dadurch erst alles, was danach kam. Gleichzeitig war es aber auch der größte Betrug jemals: Vorher haben wir entspannte Leben geführt, in denen wir halbtags ein wenig Essen gesammelt oder gejagt hatten, aber ansonsten Freizeit hatten. Danach haben wir den ganzen Tag schwerste Arbeit verrichtet, um überleben zu können.

Aber letztendlich sollten wir nicht verärgert sein. Das ist der einzige Weg, wie genug Kapazitäten für andere Projekte offen bleiben konnten. Vorher war jeder mit Essensbeschaffung beschäftigt, jetzt konnten Städte und Königreiche entstehen und Pyramiden gebaut werden. Die Bevölkerung konnte deutlich wachsen, da eine viel kleinere Fläche Land viel mehr Menschen gleichzeitig versorgen konnte. Und noch etwas: die Menschen hatten Zeit das Schreiben zu erfinden.

An dieser Stelle beginnt die Geschichte, die wir kennen. An dieser Stelle beginnt ein noch schnelleres exponentielles Wachstum unseres Wissens. Und eines wird besonders klar: Es gibt keine Gerechtigkeit in der Geschichte.

Die Vereinigung der Menschheit

Die Richtung der Geschichte führt immer in die selbe Richtung: viele kleine Gruppen, werden zu immer mehr, immer größeren Gruppen. Sogar wenn mal ein großes Reich in mehrere kleiner zerfällt, ist das noch wahr. Gleichzeitig sind vermutlich unzählige, vorher unabhängige Stämme Teil der großen vernetzten Gemeinschaft geworden. Vor der Geschichte gab es tausende Einzelgruppen, heute gibt es praktisch nur noch eine einzige. Und immer mehr der Barrieren, die einzelne Untergruppen separieren verschwinden. Nationalstaaten sind nur ein Produkt unserer Vorstellungskraft. Wir sind alle miteinander vernetzt. Wir bilden eine große Gruppe.

Dieser Vorgang wird durch viele Aspekte unterstützt, unter anderem Geld, Reiche und Religionen.
Geld ist das genialste von ihnen allen. Anstatt jemand anderem zu trauen, muss man jetzt nur noch darauf vertrauen, dass jemand anderes auf etwas vertraut: alle vertrauen auf das Gleiche, den Wert des Geldes, und Handel ist möglich, wie noch nie zuvor. Alle benutzen heutzutage das selbe Geld (da man die verschiedenen Währungen problemlos ineinander umtauschen kann).
Aber auch Imperien erfüllen eine ähnliche Funktion: Anstatt sich auf ein lokales Gebiet zu beschränken, versuchen sie sich immer weiter auszudehnen und immer mehr Menschen unter dem selben Dach zu vereinen. Wer Teil des Reiches wird, wird assimiliert. Unterschiede in Kultur und Sprache werden ausgemerzt. Die Welt wird immer gleicher.
Und mit Religionen ist es das gleiche: Anstatt allen das selbe weltliche System geben zu wollen, dem sie angehören, geben die Weltreligionen allen die selbe Sache, an die sie glauben können. Sehr vereinigend 😉

Die wissenschaftliche Revolution

Es begann damit unsere eigene Ignoranz zuzugeben. Danach stand Wissen und Forschung (auch im Auftrag des Staates), Kapitalismus, Industrie, … nichts mehr im Weg. Heutzutage bewegt sich der Fortschritt so schnell, dass wir in einer ständigen Revolution leben. An keinem Tag bleibt alles gleich, etwas ändert sich immer. Wir sind inzwischen an die ständige Veränderung gewöhnt. Vielleicht werden wir bis in alle Ewigkeit bestehen, vielleicht machen wir bald Platz für etwas neues, noch besseres. Das wäre dann das Ende von Homo Sapiens und der Beginn von Homo Deus (dem nächsten Buch von Yuval Noah Harari.)

Du willst es noch genauer wissen? Lies das Buch.

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