Benutzt du schon offene Fragen?

Offene Fragen sind ein ziemlich mächtiges Werkzeug. Wer sie aktiv einsetzen kann, kann aus Unterhaltungen deutlich mehr herausholen und sogar introvertierte Gesprächspartner dazu bringen sich zu öffnen. Vielleicht benutzt du sie ja schon; damit du das genau beurteilen kannst, muss ich allerdings erst mal den Unterschied zwischen verschiedenen Fragen erklären. Man unterscheidet nämlich (in normalen Gesprächen) zwei Kategorien: geschlossene und offene Fragen. Geschlossene Fragen zeichnen sich dadurch aus, dass der andere in nur einem Wort antworten kann, meistens sogar muss. Nur wirklich „sprech-gierige“ Personen schaffen es dann trotzdem in ganzen Sätzen zu antworten. Sobald die Antwort aus einer kleinen Auswahl ausgewählt werden muss, haben wir also eine geschlossene Frage. Sobald du ein paar Antwortmöglichkeiten vorschlägst, um dem anderen beim Denken zu helfen, haben wir eine geschlossene Frage. (Mach das nicht!)

Offene Fragen lassen dem Antwortenden dagegen viel größere Freiheit. Er kann Antworten, wie auch immer er will. Oft ist es sogar unmöglich nur kurz angebunden zu antworten. Falls du die Frage richtig einleitest, will der andere das auch gar nicht. Das bringt ihn also zum Reden, egal wie introvertiert er sein mag. Und schon sind wir beim ersten Punkt: der Wirkung.

Die Wirkung offener Fragen

Dem anderen wird keine Antwort vorgeschrieben, er darf antworten wie auch immer er möchte. Und das ist etwas sehr gutes. Sobald nämlich deine Erwartungen, die Erwartungen des Fragenden den Antwortenden beeinflussen, verfälscht das die Echtheit der Antwort. Es werden Wörter verwendet, die ansonsten gar nicht gewählt worden wären. Die Antwort bewegt sich in die Richtung, die der Fragende vorgegeben hat. Man kann nur wenig neues über den Antwortenden erfahren.

Hier wird also schon etwas wichtiges klar: offene Fragen können darin variieren, wie offen sie tatsächlich gestellt werden. Unterschiedliche Grade können in unterschiedlichen Situationen angemessen sein. Um das Gespräch in eine gewisse Richtung zu lenken, müssen die Fragen logischerweise enger gestellt werden. Je offener die Frage ist, desto schwieriger kann es für den Antwortenden sein eine Antwort zu finden, mit der er zufrieden ist. Allein die Ideengenerierung kann hier schließlich schon Probleme darstellen. Aber sobald das Gespräch schon ein bisschen läuft, kann das immer leichter geschehen. Wenn die Situation es also erlaubt, kann man die eigenen Fragen mit der Zeit immer offener Stellen, um ihre wahre Wirkung tatsächlich erleben zu können. Es sprechen schließlich auch starke Argumente für die Verwendung offener Fragen:

Wir hatten ja schon den Punkt, dass dadurch die Richtung des Gesprächs weniger vorgeschrieben wird. Dadurch gibst du dem anderen die Möglichkeit das Gespräch zu einem Thema zu lenken, über das er gerne reden möchte. Eine gute Sache, und ich werde auch gleich noch mehr dazu sagen. Zusätzlich dazu helfen immer offenere Fragen auch dabei den anderen zum Reden zu bringen. Am Anfang kommen die Antworten vielleicht kurz angebunden und stockend. Aber auf offene Fragen muss man einfach ein bisschen länger antworten. Und wenn der Fragende es geschickt angeht, fällt einem das auch gar nicht schwer. Man gelangt in einen Modus, wo man stundenlang reden könnte und sich nur unterbricht, weil man auch die Ansichten des anderen hören möchte. Und das ist genau der Punkt, wo man in einer echten Unterhaltung hinkommen möchte:

Das Ziel einer Unterhaltung

Grundsätzlich gibt es hier ja viele Möglichkeiten. Und ich möchte dazu noch kurz sagen, dass es sehr hilfreich ist am Anfang einer Unterhaltung zu wissen, was man erreichen möchte, und das dem anderen auch mitzuteilen. Aber viel grundlegender verfolgen Unterhaltungen ein viel simpleres Ziel: du möchtest etwas lernen. Wenn du direkte Fragen nach bestimmten Informationen stellst, ist das offensichtlich. Mir geht es aber um eine andere Sorte Unterhaltungen. Eben die, die du nicht gezielt in eine bestimmte Richtung lenkst. Hier funktioniert das etwas anders: du lernst die andere Person kennen. (Zumindest wenn du aktiv zuhörst. Das solltest du also auch machen.) Und jemanden kennen zu lernen ist es auf jeden Fall wert eine Unterhaltung zu führen.

Grundsätzlich gilt, dass du jemanden auf eine von zwei Arten besser kennenlernst: Durch seine Taten und durch seine Geschichten. In Unterhaltungen verwendest du die zweite Variante. Um möglichst viel über die andere Person zu lernen, musst du sie zum weiterreden animieren. So hörst du immer mehr Geschichten aus ihrem Leben, lernst, für was sie sich interessiert, und kannst sie immer besser verstehen. Das bedeutet aber auch, dass du gelegentlich auch etwas von dir teilen solltest, wenn du möchtest, dass die andere Person dich besser kennenlernt.

Und wie bringst du die andere Person dazu diese Geschichten mit dir zu teilen, egal wie gut ihr euch kennt, egal wie geübt sie im Reden ist? Richtig. Du stellst offene Fragen. Du lässt zu, dass sich das Gespräch in eine Richtung entwickelt, die du alleine niemals eingeschlagen hättest, von der du nicht einmal wusstest, dass sie existiert. Man kann mit jedem eine spannende Unterhaltung führen, sobald man Bereiche betritt, die es in deinem eigenen Kopf bisher noch nicht gab. Sauge diese neue Welt geradezu in dich auf!

offene Fragen verwenden

Dass man sich schrittweise zu immer offeneren Fragen vorarbeiten sollte, hab ich ja schon erklärt. Es gibt allerdings noch ein paar weitere Tipps, die man auf jeden Fall beachten sollte. Die wichtigste Grundregel von allen ist simpel: Warten, während der andere Überlegt. Das äußert sich dann in verschiedenen Verhaltensweisen.

Zum einen darfst du auf keinen Fall Antwortmöglichkeiten vorschlagen. Im glücklichsten Fall vertust du dadurch die Möglichkeit neue Gefilde zu entdecken. Wahrscheinlich verärgerst du den anderen, weil du für ihn denkst. Die Sätze des anderen zu vervollständigen ist nur in deinem Kopf erlaubt! (Und dort eine hervorragende Technik, um ihn noch besser zu verstehen.)

Zum anderen darfst du auch keine Lücken füllen, wenn der andere inmitten seiner Antwort überlegt. Gib ihm ein bisschen Zeit. Da kommt bestimmt noch etwas. Möglicherweise willst du ja die Lücke nutzen und das Gespräch in eine Richtung lenken, die dich interessiert und die sich hier besonders gut anbietet. Das ist natürlich auch in Ordnung, normalerweise bist du aber erst wieder dran, wenn wiederum dir eine Frage gestellt wird. Vorher ist aktiv Zuhören angesagt!

Wenn der andere allerdings fertig ist ohne dir eine Frage gestellt zu haben, bist du auch wieder an der Reihe. Jetzt musst du einen der vielen weiterführenden Ansatzpunkte aufgreifen – etwas das auch der andere hätte übernehmen können. Vielleicht erzählst du ja auch kurz etwas eigenes (je nachdem ob die andere Person dich auch kennenlernen will), danach musst du aber sofort die nächste offene Frage stellen. Sorge dafür, dass der Andere weiterredet. Lenke die Unterhaltung in eine Richtung, die euch beide brennend interessiert. (Dich selbst möglicherweise erst seit gerade eben, weil du vorher gar nicht von ihrer Existenz wusstest.)

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