Bist du abhängig vom Internet?

Das Internet ist ein selbstverständlicher Teil unseres Lebens. Wir kommunizieren darüber, schlagen Informationen nach und konsumieren Unterhaltung und andere Inhalte. Studien haben gezeigt, dass Menschen durchschnittlich 6 Stunden pro Tag etwas im Internet machen. Wahnsinn, oder? Von den 16h, die man wach ist, fallen ja schon mindestens 2 für Essen und damit verbundene Tätigkeiten weg. Und wenn man dann noch einen Arbeitsweg hat, ist das die Hälfte deiner verbleibenden wachen Lebenszeit. „Abhängig vom Internet“ ist eigentlich schon fast der einzige Weg das zu beschreiben. Du kannst es selbst erleben, wenn zuhause dein Internetrouter kaputt geht. Plötzlich kein WLAN mehr. Plötzlich keine Internetverbindung für all deine Standgeräten mehr. Smartphones erhalten womöglich noch über Internetverträge mit Telefonanbietern mobile Daten, aber reicht das um einen Film zu streamen? Musik zu hören (- vermutlich schon, falls du nicht schon dein gesamtes Datenvolumen aufgebraucht hast)? Computerspiele mit Internetverbindung zu spielen oder sogar zu Arbeiten? Ich denke nicht.

Und das ist erst ein Kratzen an der Oberfläche. Wir benutzen das Internet ständig. Wenn deine Verbindung ausfällt, kannst du vermutlich nicht einmal mehr mit deinem Festnetztelefon jemanden anrufen. Diese Geräte funktionieren seit einer Weile ja auch alle nur noch per VoIP („Voice over IP“).

Was ist deine erste Handlung, wenn du plötzlich kein Internet mehr hast? Womöglich panisches Herumwuseln, Knöpfe am Heimrouter drücken oder bei anderen anwesenden Personen darüber beschweren, was alles nicht funktioniert. Das ist fast schon so, als ob plötzlich ein Körperteil fehlt, das man in seinem täglichen Leben braucht. Warum sind wir so abhängig vom Internet?

Ich glaube es liegt daran, dass es sich so unglaublich einfach bedienen lässt, so viele praktische Funktionalitäten ermöglicht und in immer mehr Geräten zum Einsatz kommt, die wir tagtäglich benutzen. Es ist einfach überall und die meiste Zeit, wenn wir darauf vertrauen, ist es uns gar nicht bewusst. Die darunterliegende Technologie verschwindet nun mal überall unter einer Schicht der Abstraktion. Und das ist auch gut so. Es reduziert die benötigten Informationen, um mit den einzelnen Dingen zu interagieren auf das notwendigste und ermöglicht dadurch eine viel erfolgreichere Navigation der Welt.

Ok. Das Internet steckt also in vielen Geräten und Apps, die wir tagtäglich benutzen, ohne dass wir uns darüber Gedanken machen. Wir verlassen uns einfach darauf, dass es da ist. Fertig. Normalerweise ist es das ja auch. Das Internet selbst kann auch nur dann ausfallen, wenn plötzlich die ganze Welt keinen Strom mehr hat. Das sind Milliarden autonomer Computer, die miteinander verbunden sind, und dadurch kommunizieren können. Fällt einer aus, reden die anderen weiter, als ob nichts gewesen wäre.

Aber wenn dann deine Verbindung zum Internet doch mal den Geist aufgibt, ist das eine dieser ganz seltenen Situationen, wo du es plötzlich nicht mehr nutzen kannst. Man kann es zuerst gar nicht wirklich verarbeiten. Ich habe gerade schon zweimal versucht etwas zu googeln, während ich diesen Artikel ausnahmsweise in einem Texteditor schreibe, anstatt in meinem Browser. Mir geht es nämlich gerade genau so, wie ich es in diesem Text beschreibe: Plötzlich fällt die Internetverbindung aus und schon ist man aufgeschmissen. Ich wurde gerade sogar mit dem Wort „Katastrophe“ geweckt, dabei ist nur unser Router kaputt. Was soll das denn?

Ich weigere mich dagegen so abhängig vom Internet zu sein. Man darf Äußerlichkeiten generell keine Macht über sein Wohlbefinden geben. Beim Internet ist das nicht anders. Wo kommst du denn hin, wenn du dich nur gut fühlst, wenn andere dich wertschätzen und das auch an dich kommunizieren. Wenn du nur entspannt bist, falls gerade die Sonne scheint. Vielleicht sogar in absoluter Todesangst bist, nur weil es gerade gewittert. Naja, jeder hat (angeblich) seine Phobien, aber trotzdem kann man doch nach emotionaler Unabhängigkeit streben. Das ist ein Zeichen von persönlicher Reife.

Sicherlich ist es unangebracht das fehlende Internet über dein Wohlbefinden entscheiden zu lassen. Wie wäre es, wenn du einfach etwas anderes machst? Was kann man denn alles machen, jetzt wo das Internet ausgefallen ist? Schon traurig, dass die ersten paar Sachen, die man sich vorstellt, alle das Internet benötigen. Aber dann kommen ja doch noch ein paar andere Sachen auf. Versuche am besten gleich nur Dinge aufzuzählen, für die keine elektronischen Geräte verwendet werden. Wir tun jetzt einfach mal so, als ob wir einen Stromausfall hätten.

Wie lange hast du diese Sachen schon nicht mehr gemacht? Je nachdem wie alt du bist, hast du womöglich noch nie ohne ständige Internetverbindung gelebt. Ich sicherlich nicht, auch wenn sie in meiner Kindheit für mich eigentlich glücklicherweise keine Rolle gespielt hat.
Jedenfalls ist es vermutlich schon eine unverhältnismäßig lange Zeit her. Ich verspreche mir selbst gerade möglichst wenig Zeit meines Tages mit Aktivitäten zu verbringen, die das Internet benötigen. Klar, bei Kommunikation funktioniert jetzt alles darüber, außer vielleicht Anrufe mit dem Handy, aber danach, kann man sich ja ausklinken. Ein Buch lesen, zusammen kochen, ins Freie gehen und die Natur genießen.

Das sollte viel mehr Zeit in unserem Leben verbringen, und doch verbringen wir sie mit surfen, ergeilen uns an Nachrichten aus aller Welt und lassen uns ununterbrochen von Unterhaltung berieseln. Was ist denn das für ein Leben?

Heute kann ich üben. Wenn unser Router wieder funktioniert, werde ich es anwenden: Man kann sein Leben auch viel weniger auf dem Internet aufbauen. Ich mag es nicht, so abhängig zu sein. Mal sehen, was ich heute alles schönes mache. Vielleicht rufe ich mal wieder einen Freund an, um ein Treffen auszumachen. Vielleicht gehe ich Baden. Wie wäre es, das Buch weiterzulesen, wo ich jetzt schon seit einiger Zeit immer nur einzelne Seiten am Stück lese, weil ich danach sofort wieder ins Handy und dadurch das Internet versinke?

Eigentlich sollte man dankbar sein, wenn soetwas passiert. Man kann seine eigenen schlechten Gewohnheiten beobachten und was passiert, wenn man das Verlangen nach Internet gar nicht befriedigen kann. Letztendlich ist es doch gar nicht so schlimm etwas anderes zu machen, oder? Das nächste Mal, wenn die Gewohnheit sich meldet, kannst du sie wieder einfach ignorieren. Oder noch besser: du findest etwas, was du stattdessen machst. Das wird dein Leben verbessern. Und alles nur, weil ausnahmsweise kein Internet da ist. Vielen Dank!

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