Blink und die Macht deines Unterbewusstseins

Jeder von uns hat instinktives Wissen, das uns selbst immer wieder überrascht. Wie konnte ich das vorher wissen? Warum verstehe ich nicht, wie ich zu dieser Schlussfolgerung gekommen bin? Die Erkenntnisse unseres Unterbewusstseins machen sich nur indirekt über Gefühle und Ahnungen bemerkbar. Die Argumentation dahinter ist völlig unerreichbar. Und doch ist das unglaublich mächtig. Wie mächtig erzählt „Blink“ von Malcolm Gladwell und geht dabei auch auf zahlreiche Konsequenzen ein und vor allem die negativen Seiten und wie man sie ausgleichen kann. Und schon wieder muss ich sagen: Das ist ein unglaublich faszinierendes Buch! Lies es auf jeden Fall! Es ist auch gar nicht so lang.

Blink

Das Buch beginnt mit einer Geschichte über Kunstexperten, die auf einen Blick feststellen konnten, dass eine Statue eine Fälschung war: Etwas, das die Wissenschaftler, die sie untersucht hatten, über mehrere Monate hinweg nicht gemerkt hatten. Die Experten hatten es sofort gespürt, aber das heißt nicht, dass sie es auch erklären konnten. Da war nur dieses instinktive Gefühl, dass etwas falsch ist. Das Urteilsvermögen ihres Unterbewusstseins hat sich gemeldet, bei jedem auf eine ein kleines bisschen andere Weise.

Und derselbe Effekt zeigt sich auch an vielen anderen Stellen. Überall wo Menschen Expertise entwickeln, wird auch ihr Unterbewusstsein geschult und findet oft die richtige Lösung lange bevor wir sie durch bewusste Logik erörtern konnten. Der wichtige Effekt dahinter ist ganz einfach: Das Unterbewusstsein lernt sich auf die absolut wichtigsten Aspekte zu konzentrieren. Ähnlich wie dein Fokus alles andere ausblendet, außer der Sache vor dir, beachtet dein Unterbewusstsein zwar alles, lässt sein Urteilsvermögen aber auf den relevanten Details ruhen. Wer eine ähnliche Strategie verfolgt (Beschränken auf die absolut wichtigsten Datenpunkte) kann auch auf einem bewussten Level die selbe Expertise erreichen. Das Problem ist nur herauszufinden was diese wichtigsten Gemeinsamkeiten sind. Und darin ist unser Unterbewusstsein eben ziemlich gut.

negative Nebeneffekte

Dieses System in deinem Unterbewusstsein findet also ständig Muster in deiner Umwelt. Leider führt das auch zu vielen impliziten Annahmen über die Welt um dich herum, die du auf einem bewussten Level vielleicht überhaupt nicht halten möchtest. Du kannst dich gar nicht dagegen wehren und es erst recht nicht ausschalten. Du kannst es lediglich erwarten und bewusst gegensteuern, dass dein Unterbewusstsein Vorschläge machen wird, allein schon aufgrund des Aussehens der Person. Da fließen dann solche Sachen wie Kleidungsstil, Hautfarbe oder Ethnizität mit ein, die du bewusst niemals beachten wollen würdest. Und das beeinflusst dann dein Verhalten enorm. Studien haben das ausreichend belegt. Wie gesagt, deine einzige Option bleibt dich selbst aufmerksam zu beobachten, diesen Effekt zu erwarten und gegenzusteuern, wenn er auftritt.

Implizite Annahmen

Außerdem kannst du vielleicht Systeme installieren, die all diese Details ausblenden, die du gar nicht beachten möchtest, sodass sich dein Instinkt auf die wirklich wichtigen Details stürzen kann.
Etwa so wie Vorspielen in klassischen Orchestern seit einer Weile hinter einem Sichtschirm geschieht, der Bewerber völlig anonymisiert und nur noch ihre Musik übrig lässt. Und plötzlich steigt der Prozentsatz von Frauen von 5% auf 50%. Vorher gab es einfach eine implizite Annahme, dass Frauen manche Instrumente einfach nicht so gut spielen konnten, klassische Musik insgesamt nicht so gut spielen konnten, weil sie eben noch nie in klassischen Orchestern beteiligt gewesen waren. Wenn man die vorspielende Person sieht, fließt all das mit in deinen Höreindruck hinein. Wie jemand aussieht, verändert wie er sich in deinem Ohren anhört. Faszinierend und erschreckend zugleich, oder?
Die Moral hier ist, dass das Problem erkannt wurde und durch eine simple Veränderung des Vorspielablaufs behoben wurde. Welche Vorurteile kannst du deaktivieren, indem du strategisch andere Details ausblendest? Es gibt immer noch viele derartige Probleme in der Welt!

unerklärlich

Und es gibt noch ein Problem: Sobald man Leute dazu zwingt ihre instinktiven Erkenntnisse in Worte zu fassen, zu erklären, verschwindet plötzlich das Urteilsvermögen ihres Unterbewusstseins. Das liegt nun mal alles hinter einer verschlossenen Tür, die wir noch nicht öffnen können. Wenn wir eine Begründung erfinden, überschreibt das die wahren Argumente unseres Unterbewusstseins und ändert dadurch das Ergebnis zu dem es kommt. Der Vorteil, den es hatte, weil es genau weiß, worauf man sich konzentrieren muss, verfällt.

Blink-Urteilsvermögen nutzen

Wenn man herausfinden will, was Menschen wollen, oder irgendeine der zahlreichen anderen Informationen abgreifen möchte, die sich hinter der verschlossenen Tür befinden, ist direkt danach fragen die falsche Option. Man muss das ganze indirekt angehen und zum Beispiel messen, was sie instinktiv bevorzugen, oder sie nach benachbarten Informationen fragen, die durch diese unterbewussten Erkenntnisse beeinflusst werden, und dann Rückschlüsse ziehen.

Außerdem ist es sehr wichtig, wenn man möchte, dass jemand sein instinktives Urteilsvermögen einsetzt, dass man die Konditionen schafft, in denen es gut funktioniert. Der wichtigste Aspekt: die Freiheit lassen eigene Entscheidungen treffen zu dürfen. (Und natürlich gehört noch mehr dazu, was in „Blink“ unter anderem auch am Beispiel eines faszinierenden Kriegsspiels erzählt wird. Lies auf jeden Fall das Buch!)

Und ganz generell ist zu sagen, dass dein unterbewusstes Urteilsvermögen umso besser wird, je öfter du mit entsprechenden Situationen zu tun hast. Das ist alles eine Frage der Übung. Dein Unterbewusstsein ist einfach nur schneller dabei die Muster in deiner Umwelt zu bemerken, als du sie aktiv in Worte fassen kannst. Nutze diese Superkraft aus!

Das bedeutet zum Beispiel, dass du komplexe Entscheidungen vollkommen deinem Instinkt überlassen solltest. Simple Argumentationen kann dein Bewusstsein optimal lösen. Sobald zu viele Variablen beachtet werden müssen, ist dein Unterbewusstsein im Vorteil. Akzeptiere diesen Zusammenhang und treffe in Zukunft viel bessere Entscheidungen: Bei komplexen Entscheidungen nach ein bisschen Bedenkzeit mit der Macht deines Unterbewusstseins.

Wann das System ausfällt

Das ist das letzte Kapitel des Buches. Die Situationen in denen dein instinktives Urteilsvermögen plötzlich nicht mehr funktioniert, haben alle etwas gemeinsam: Du stehst unter hohem Stress und Zeitdruck. Dein interner Computer braucht eben auch ein kleines bisschen Zeit, um auf seine Erkenntnisse zu kommen. Bleibt diese Zeit nicht übrig, wird auf Standardannahmen über die Welt zurückgefallen, die oft nichts mehr mit den Sinneseindrücken zu tun hatten, die man eigentlich erlebt hat – aber eben viel zu kurz.

Und durch den Stress werden eben immer mehr Details aus deiner Umwelt ausgeblendet, sozusagen ein gewollter Tunnelblick, der dir in Gefahrensituationen das Leben rettet. Du kennst das Prinzip, wenn du dich vollkommen auf eine Sache konzentrierst. Alles andere wird ausgeblendet, aber nur aus dem bewussten Teil deines Gehirns. Je stärker du unter Stress stehst, desto mehr werden auch in deinem Unterbewusstsein alle Informationsflüsse außer die absolut wichtigsten abgedreht. Irgendwann sind einfach nicht mehr die Details vorhanden, die dein Gehirn brauchen würde, um die instinktiven Erkenntnisse zu berechnen. Es schaltet einfach ab. Also wo auch immer dein Instinkt besonders wichtig wird, pass auf, dass der Stress nicht zu hoch wird und dir genügend Zeit bleibt! Dann kann eigentlich nichts schief gehen.

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