Hier habe ich vor kurzem schon mal über die Angewohnheit unseres Gehirns geschrieben immer nur genau die Informationen verfügbar zu machen, von denen es denkt, dass sie in der aktuellen Situation relevant sind. Sobald sich dann etwas ändert, wird manches wieder fallen gelassen und dafür treten neue Brocken in den Vordergrund. Das funktioniert ganz einfach dadurch, dass alle Informationen in deinem Kopf miteinander verknüpft sind. In einer bestimmten Situation hast du Zugriff auf diese Sachen, die mit den einzelnen Aspekten der Situation (bzw. deiner mentalen Repräsentation von ihr) verknüpft sind. Sobald sich etwas ändert, siehst du andere Aspekte um dich herum, werden andere Aspekte wichtig. Ihre Informationen treten in den Vordergrund.
Und wichtig an diesem Phänomen ist, dass dir für all deine Handlungen und Entscheidungen nur diese Informationen zur Verfügung stehen, die gerade „geladen“ sind. Du kannst ja nichts beachten, dass du gerade kurzzeitig vergessen hast. Denn genau das ist es letztendlich. Du kannst dich an all dein Wissen, egal was es ist, nur über die Verknüpfungen erinnern, die es mit allen möglichen anderen Dingen hat. Gibt es oder findest du keine Verknüpfungen mehr, hast du etwas vergessen. Tut sich doch noch eine auf, hast du sofort wieder Zugriff.
Jedenfalls hinterlassen all die Informationen, die schon mal „geladen“ waren, Spuren in deinem Kopf. Sie verschwinden nicht völlig wieder, sondern beeinflussen noch weiter alles in deinem Leben. Erst wenn du schläfst, wird das alles gründlich gereinigt. Das bedeutet, direkt nach dem Aufstehen hast du einen ziemlich blanken Verstand. Deine Träume werden auch bald verblassen. Wenn dir trotzdem viele Gedanken durch den Kopf wirbeln, ist er eindeutig viel zu voll. Der Schlaf hat nicht ausgereicht, sodass sie sich alle zur Ruhe legen konnten. Probier mal aus, abends alle deine Gedanken aufzuschreiben, die dir noch durch den Kopf wirbeln und dir keine Ruhe lassen. Vielleicht verbindest du das auch gleich mit deinem Tagesrückblick, den ich sehr empfehle. Aber das sollte eigentlich die Ausnahme sein.
Ziemlich sicher hast du morgen früh einen ziemlich blanken Verstand. Mit was wirst du ihn als erstes Füllen? Was sind deine ersten Erlebnisse und Handlungen des Tages? Das wird deinen ganzen restlichen Tag bestimmen, wenn über nichts anderes, dann zumindest über die Geisteshaltung, mit der du alles weitere angehst. Wie schon gesagt, die Informationen hinterlassen Spuren und die allerersten logischerweise die stärksten.
Falls du der selben schlechten Gewohnheit verfallen bist, wie die allermeisten Menschen, schaust du gleich als erstes auf dein Handy. Vermutlich in einem Zug, wenn du deinen Wecker aus machst. Da ist es eigentlich besser sich einen externen Wecker zuzulegen und das Handy ganz weit weg abzulegen. Schaust du nämlich sofort in dein Handy, bist du als allererste Handlung des Tages in einem reaktiven Zustand. Welche neuen Benachrichtigungen gibt es für mich, auf die ich reagieren kann? Und nicht nur das. Gleichzeitig werden dir auch noch völlig unnötige Sorgen über Dinge eingepflanzt, die vermutlich nie dein Leben berühren werden. Was ist heute Nacht (völlig unwichtiges) in der Welt passiert? Was haben meine Kontakte gepostet?
Dein Gehirn holt sich gleich den ersten Dopamin-Schuss ab. Heute wirst du dein Handy kaum loslassen können (oder andere Mittel der Ablenkung wählen). Falls das normal ist, bemühe dich doch mal darum dein Handy in den ersten 1-2h nach dem Aufstehen nicht anzufassen. Du brauchst es definitiv nicht, mach dir also lieber Sorgen darum, wie du dich davon fernhältst. Mit ein bisschen Übung denkst du gar nicht mehr daran und nimmst es nur mit, wenn du das Haus verlässt. Jedenfalls wirst du an solchen Tagen dein Handy viel weniger benutzen. Dein Kopf ist nicht so sehr auf Ablenkung und auf das Reagieren wunderbar in Schlange stehender Nachrichten getrimmt. Was du direkt nach dem Aufstehen machst, hat einen großen Einfluss auf deinen Tag.
Aber jetzt weißt du das ja. Jetzt wirst du dich nicht mehr davon bestimmen lassen. Du wirst dein Handy beiseite legen und endlich mal wieder gut schlafen. Du wirst morgen früh aufstehen und produktiv etwas erschaffen, und dadurch deinen Tag auf einem komplett anderen Fuß starten.
Das hört sich doch nach einem guten Plan an, oder? Letztendlich verlangt er von dir, dass du dir eine ordentliche Morgenroutine ausdenkst und in deinem Leben installierst. Es gibt zahlreiche Dinge, die direkt nach dem Aufstehen ihre größte Wirkung entfalten. Für welche wirst du dich entscheiden? Wie startest du (und prägst dadurch) deinen Tag?
Eine dieser Sachen, die direkt nach dem Aufstehen eine noch größere Wirkung entfalten sind Dankbarkeitsübungen. Dort schreibt man alles auf, wofür man dankbar ist. Und noch 5 Sachen mehr, vor allem Dinge, über die man sich bisher geärgert hat. Natürlich ohne zu lügen. Schaffst du da: Dankbar sein, für etwas das dich ärgert, frustriert oder irgendwie anders belastet? Das trainiert dich die Welt in einem positiven Licht zu sehen, Ereignisse einfach zu akzeptieren und deinen Blick auf all die Möglichkeiten zu richten, die du schon hast und die sich gerade auch noch eröffnen.
Außerdem könntest du meditieren. Hier am Morgen fällt es dir vermutlich am leichtesten deinen Kopf zu leeren und einfach nur zu sein ohne zu denken. (Das ist natürlich die oberste Endstufe. Aber schon die Bemühung darum ist wertvoll. Viel zu wenige Menschen meditieren und verpassen so all die positiven Auswirkungen, die das hat.)
Weitere Vorschläge sind: etwas erschaffen, (wie zum Beispiel einen Artikel,) Ideen generieren üben, deinen Tag planen, ein bisschen Sport machen. Such dir etwas aus. Finde die Morgenroutine, mit der du deinen Tag starten möchtest und lass sie ein Teil deines Lebens werden.
Dadurch gestaltest du aktiv, was viele Menschen völlig dem Zufall (oder ihrem Smartphone) überlassen: in welcher Geisteshaltung du den Tag startest. Was ist besser als einen dankbaren, positiven Ausblick auf die Welt zu haben und zu wissen, dass man heute schon produktiv war und etwas erschaffen hat?
(Für dich vermutlich deine eigene Morgenroutine. Das ist ja nur meine Variante. Worauf ich hinaus will: das ist definitiv besser als mit dem Handy in der Hand zu starten.)
Jetzt kennst du die Hintergründe und deine Möglichkeiten. Nutze die Macht, die dadurch in deine Finger gelegt wird. Wie gestaltest du den Kontext, mit dem du den Tag startest?