Smartphone ausgeschaltet und jetzt?

Ich habe vor drei Tagen ein kleines Experiment gestartet. Ich bemühe mich, dass mein Handy abends schon lange vor dem Schlafengehen ausgeschaltet ist, und mach es auch erst auf dem Weg zur Arbeit wieder an. Meine Nachrichten überprüfe ich dann eben in der Mittagspause oder auf dem Heimweg. Das kann doch gar nicht so schwierig sein, oder?

Dachte ich auch, aber schon jetzt zeigen sich die ersten Probleme. Wenn mein Smartphone nicht die Nacht über an bleibt, dann habe ich keinen Wecker, der mich verlässlich morgens um 6 weckt. Als Ersatz habe ich mir logischerweise einen gesonderten Wecker besorgt, aber der ist irgendwie ungenau und muss vor allem abends, weniger als 12h vor seinem Einsatz eingeschaltet werden.

Am ersten Tag wurde ich also um 5:56 Uhr geweckt. Das ist ja auch völlig in Ordnung. Lieber ein bisschen früher aufstehen, als zu spät, oder? Genauer kann ich den Wecker leider nicht einstellen. Es ist so ein fragwürdiges, analoges Modell. Zweiter Tag: Wecker klingelt um 5:53 Uhr, obwohl ich nichts verstellt habe. Komisch oder? Und 7 Minuten später klingelt der Wecker von meinem Handy, weil ich vergessen hatte es auszuschalten. Okay, das wird mir heute Abend nicht nochmal passieren, denke ich mir. Wie ich es dann tatsächlich ausgeschaltet habe, kommt später. Das ist ganz alleine eine erwähnenswerte Geschichte.
Dritter Tag, also heute morgen: kein Wecker klingelt, ich stehe um 6:40 Uhr mal auf und schau auf meine Uhr – Ups! Ich hab vergessen ihn einzuschalten und mein Handy war dieses Mal natürlich aus. Oh Mann, was soll das denn? Wenn man daran gewöhnt ist, dass der eigene Wecker einfach verlässlich klingelt ohne dass man etwas dafür machen muss, dann dauert es eben ein bisschen, bis man daran gewöhnt ist, ihn Abends einschalten zu müssen. Nun ja, ein paar Mal ins Fettnäpfchen treten, danach wird es sich hoffentlich eingebläut haben.

Eine kleine relevante Bemerkung am Rand: Ich schreibe meine Artikel normalerweise ein paar Tage im Voraus, damit in dem Fall, dass ich an einem Tag mal nicht morgens zum Schreiben komme, trotzdem um 9 Uhr ein Artikel erscheint. Auch wenn der heutige also an einem Sonntag veröffentlicht wird, heißt das nicht, dass ich sonntags gerne um 6 Uhr aufstehen möchte. So verrückt bin nicht einmal ich.

Aber zurück zum Thema. Warum sollte man das überhaupt machen? Sein Smartphone abends ausschalten und morgens erst nach einer Weile wieder einschalten? Ganz einfach: Wenn es ausgeschaltet ist, kann man es nicht aus Versehen benutzen. Eigentlich hat es ja sowieso nur eine Daseinsberechtigung, sobald man unterwegs erreicht werden möchte. Eine andere Option ist also zum Beispiel es abends in dem Auto zu lassen, mit dem man immer zur Arbeit fährt. Das hat den selben Effekt: Es ist weit genug weg, sodass man es nicht aus Versehen benutzt.

Glaub mir, dieses „aus Versehen benutzen“ ist ziemlich präsent in unserem täglichen Leben. Man merkt es erst, wenn das Handy aus ist und man es gar nicht benutzen kann. Stell dir vor du brauchst die Uhrzeit – Ups, stimmt ja, mein Handy ist aus. Naja, vielleicht ein schlechtes Beispiel. Sobald es aus ist, wirst du dich auch nicht mehr darum bemühen es ständig mit dir herumzutragen, um es im Zweifelsfall schnell zur Hand zu haben. Was ist dieser Zweifelsfall? Zum einen immer noch die Uhrzeit, zum anderen Benachrichtigungen, Anrufe, etc. Also Situationen, in denen das Handy nach uns ruft und wir reagieren. Aber solange wir nicht unterwegs sind, brauchen wir auch nicht auf dem Handy erreichbar zu sein, oder? Dafür hat man ja eine Festnetz-Verbindung. Und daran, dass Nachrichten nicht sofort beantwortet werden, gewöhnt man sich schnell. Die Leute, die dich anschreiben, werden es dir nachsehen, wenn du erst morgen früh in den 5 Minuten vor Arbeitsbeginn antwortest. Das reicht doch aus, oder? Und wenn sie wirklich sofort eine Antwort brauchen, warum schreiben sie dann überhaupt eine Nachricht?

Naja, das ist ein anderes Thema. Was ich eigentlich sagen wollte: Wenn dein Handy aus ist, kannst du gar nicht auf all diese Benachrichtigungen antworten und das ist etwas gutes! Dann ist mehr Platz in deinem Leben, um dich proaktiv um die wichtigen Dinge zu kümmern, anstatt nur ständig auf die Stimulationen deines Smartphones zu reagieren. Das ist wirklich traurig, wie mein Leben an manchen Tagen aussieht. Erst gestern bin ich nach Hause gekommen und habe mich sofort auf die Couch gelegt, um eine Stunde völlig unnötig Videos im Internet anzuschauen. Ich habe daraus nicht mal wirklich etwas gelernt. Sobald es mir so wirklich bewusst geworden ist, habe ich mein Handy ausgeschaltet und das ist es jetzt immer noch. Zumindest ein kleiner Sieg, aber über diesen Fehlschlag vorher, ärgere ich mich immer noch. Wie kann man denn so süchtig sein, dass man bei der kleinsten Gelegenheit wieder in seinem Handy versinkt? Ich werde mir also noch etwas weiteres angewöhnen müssen:

Wenn ich nach Hause komme, lege ich mein Handy an einen festen Platz, wo ich es nicht mehr anfassen darf. Irgendwann nach 6 Uhr abends kontrolliere ich eventuell noch mal nach Benachrichtigungen, schalte es dann aber vor allem aus und meinen Wecker ein. Das sollte fest miteinander verknüpft werden: sobald ich mein Handy ausschalte, muss ich meinen Wecker einschalten. Andernfalls, werde ich am nächsten Tag nicht geweckt. Gleichzeitig sollte das aber auch nicht zu spät stattfinden, sagen wir einfach mal spätestens 8 Uhr.

Der Grund ist ganz einfach: Je mehr Platz wir zwischen unserer letzten Handybenutzung und dem Schlafengehen haben, desto gesünder ist das für uns. Unser Gehirn kann sich entspannen und natürlicheren Beschäftigungen zuwenden. Unser Schlaf wird ganz automatisch enorm verbessert.
Und am Morgen das selbe: Wenn man sofort nach dem Aufstehen, erst mal seine Nachrichten überprüft, startet man den Tag direkt in einer reaktiven Geisteshaltung. Das kann gar nicht gut sein. Stattdessen, sollte man kreativ sein. Etwas erschaffen, vielleicht Tagebuch schreiben und vor allem den Tag, der vor einem liegt, planen! Das ist viel besser. Aufs Handy darf man frühestens dann schauen, wenn deine Geisteshaltung für den Tag festgelegt ist. Probier es mal aus: das macht unheimliche Unterschiede in deinem Verhalten den restlichen Tag über.

Also, was hältst du von diesen Erkenntnissen aus meinem Selbstversuch? Ich werde auch weiterhin mein Smartphone abends ausschalten und hoffentlich daran denken meinen Wecker einzuschalten. Aber du, wirst du es auch mal versuchen? Das ist eine wichtige Erfahrung zu erleben, wie abhängig man eigentlich von Technologie ist. Viel Erfolg!

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