4 verschiedene Denkgeschwindigkeiten

Vielleicht findest du es komisch, wenn ich von 4 Denkgeschwindigkeiten rede. Man denkt doch immer gleich schnell, oder? Jeder hat seine eigene Denkgeschwindigkeit. Manche sind etwas schneller, andere langsamer. Aber so ist es nicht. Jeder kann in verschiedenen Geschwindigkeiten denken, die alle ihre Daseinsberechtigung haben. Nicht jeder hat aktuell Zugang zum vollen Spektrum, aber in einem gewissen Bereich kann man eine Veränderung bemerken, wenn man nur danach Ausschau hält. Und wenn man will, kann man auch trainieren, um die verfügbare Bandbreite zu vergrößern.

Denkgeschwindigkeiten

Je nachdem was man gerade macht ist nämlich eine andere Denk-Variante am besten geeignet. Und das ist nicht die, in der sich die meisten Leute, die meiste Zeit befinden: Kopfloses Gedanken schweifen lassen. Hiermit ist jeder vertraut. Gedanken reagieren direkt auf äußere Einflüsse, färben unsere Interpretation der Ereignisse und drehen sich im Kreis. Es kommt nicht viel gutes davon, außer dass man halt etwas zu tun hat. Ab und zu hat man auch eine wunderbare Idee. Juchhu. Vielleicht wechselst du dann ja mal kurz in ein höheres Level, um dir gezielt darüber Gedanken zu machen. Wenn du es aber nicht aufschreibst, vergisst du es einfach wieder.

Den Rest der Zeit ist man hier allerdings ziemlich vertieft in diese Gedanken. Nur die wenigsten können innerlich einen Schritt zurücktreten, ihre Gedanken von außen anschauen und sie als das erkennen, was sie sind: Nur Gedanken. Kleine Wellen auf der Oberfläche eines Meeres. Wenn du wütend wirst, entsteht ein Sturm, der deine Zurechnungsfähigkeit einschränkt. Hierher kommt der Begriff aufgewühlt sein.
Und sobald man einen Schritt zurücktritt, verliert dieses Meer beziehungsweise die Wellen darauf ihre Macht über dein Wohlergehen. Wenn du willst, bist du über diese äußeren Einflüsse erhaben, die wie Wind die Wellen auf der Oberfläche erzeugen. Mit ein bisschen Übung kannst du diesen Zustand immer häufiger und schneller herbeiführen. Man nennt das auch meditieren:

Nicht denken

Das ist die langsamste Denkgeschwindigkeit. Nur die wenigsten können sie erreichen und wenn doch, dann nur mit jahrelanger Meditationsübung. Mit der Zeit lernt man dabei nämlich immer besser diese Perspektive einzunehmen, die einen Gedanken von außen beobachten lässt.

Und wenn man die Gedanken von außen sieht, kann man sie einfach auslaufen lassen, wie Wellen auf Sand, bis sie alle versiegt sind. Anstatt sie immer weiter anzutreiben, weil man sich mitten darin befindet, lässt man sie ruhen. Endlich Stille. Endlich Entspannung. Dieses Erlebnis bringt Klarheit, wie nichts anderes. Du wirst auch den Rest des Tages deine Gedanken von außen beobachten und sie aktiv formen können. Warum sollte man das verweigern?

Diesen Zustand sollte man anstreben, wann immer es möglich ist; sobald kein denken nötig ist. Das ist praktisch zusätzliche Meditationsübung und je mehr du übst, desto umfangreicher sind die positiven Auswirkungen auf deinen Verstand. Sehr viele Dinge lassen sich sowieso komplett über Gewohnheiten steuern. Da muss man sich nicht gleichzeitig auch noch Gedanken über irgendwas anderes machen. Man spart sie sich einfach und erhält stattdessen unvorhergesehene Klarheit und Perspektive.

Das ist also eine der Denkgeschwindigkeiten, die man sich erst erarbeiten muss, die den Aufwand aber eindeutig wert sind. Willst du das erreichen?

wandernde Gedanken

Das ist die Standardeinstellung für die meisten Menschen. Das kopflose reagieren auf Außeneinflüsse, das ich zu Beginn schon mal beschrieben habe. Hiervon kommt nicht viel Gutes, sondern stattdessen verstrickt man sich in unnötigen Denkschleifen und Fehlinterpretationen der Zusammenhänge. Wer sich das sparen kann, ist eindeutig im Vorteil.

Dein Streben sollte also darauf ausgerichtet sein, diesen Zustand als Standardzustand abzuschaffen. Vielleicht ist es mal ganz entspannlich beim Spazierengehen anzuwenden, dann könntest du aber auch genauso gut nicht denken und die Welt ungefiltert aufnehmen. Der erste, meditative Zustand ist also die eine Variante, die sich als Standardzustand eignet. Auf der anderen Seite würde sich aber auch die folgende anbieten, die dafür allen zur Verfügung steht. Am besten wäre es eigentlich je nach Situation kurz in den dritten Zustand zu schalten, um danach wieder zum nicht-denken zurückzukehren.

Mitdenken

Das sind die intelligenten, hilfreichen Gedanken. Hier durchsucht man ständig sein eigenes Wissen nach für die Situation relevanten Informationen, Fragen, Blickpunkten. Man versucht nichts zu vergessen, auf alle Rücksicht zu nehmen und sich auch sonst umsichtig zu verhalten.

Dieser Zustand ist für alle neuen Situationen empfehlenswert, in denen man nicht einfach alte Gewohnheiten zur Hand nehmen und das denken abschalten kann. (Mitdenken wird da sowieso abgeschaltet, da kann man auch gleich zur Meditation übergehen.) Hier werden Pläne erstellt und Situationen ausgeleuchtet. Hier liegt auch Kreativität, wenn du sie aktivierst.

Kurz und gut: Dieser Zustand erhöhter Aufmerksamkeit ist sehr praktisch, aber nebenbei leider auch anstrengend. Deswegen ist dein Kopf ziemlich gut darin, in wieder abzuschalten, sobald er nicht mehr gebraucht wird. Das ist also der Moment, in dem man wieder zur Meditation überwechseln sollte. Gleichzeitig gibt es aber auch ein noch höheres Level:

Absolute Konzentration

In gewisser Weise ähnelt dieser Zustand auch dem ersten. Bloß werden dieses Mal ganz gezielt genau die Gedanken gedacht, die du gerade benötigst, in maximaler Geschwindigkeit. Du trainierst diesen Zustand mit tiefer Arbeit, manche nennen ihn auch Flow. Hier liegt deine absolut höchste Leistungsfähigkeit. Je besser du ihn anwenden kannst, desto schneller und hochwertiger kannst du arbeiten. Auch diese Fähigkeit lohnt sich auf jeden Fall zu trainieren und anzuwenden.

Umschalten

Je besser du in Meditation und tiefer Arbeit wirst, desto größer wird die Bandbreite der Denkgeschwindigkeiten aus der du auswählen kannst. Ich habe jetzt 4 Abschnitte aufgezeigt, es ist aber eher ein Kontinuum, aus dem fließend ausgewählt wird, je nachdem was gerade benötigt wird. Und je größer dein Bereich ist, desto mehr kannst du das auch aktiv darauf Einfluss nehmen, wie schnell du denkst.

Dann kannst du die Zeit in Meditation maximieren und den Bereich des zwecklosen, nur schlechtes bringenden Denkens eliminieren. Dann kannst du deine Aufmerksamkeit und Konzentration genau auf die Schwierigkeit der Situation ausrichten und gleichzeitig auch merken, wie viel Konzentration du benötigst. Du kannst dir die schwierigsten Aufgaben heraussuchen und exzellent lösen. Du kannst andere danach beurteilen, wie sehr sie deine Gedanken fordern. Du kannst einen gesunden Abstand zur Welt einnehmen und deine Gedanken als das Werkzeug benutzen, das sie sind.

Bist du bereit? Dann beginne die Geschwindigkeit deines Denkens zu bemerken und aktiv zu lenken.

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