Wir geben der Realität in unserem Leben oft ein sehr großes Gewicht: „Sei doch mal realistisch!“ Sobald es um ernsthafte Aktivitäten, Entscheidungen, et cetera geht, ist es uns wichtig, mit beiden Beinen auf dem Boden der Tatsachen zu stehen, der Realität eben. Aber vielleicht ist sie gar nicht so wichtig. Natürlich stellt sie die Naturgesetze bereit, die wir sicherlich nicht brechen können. Das verhindert schon mal ein paar coole Ideen, die aber logischerweise schnell als unmöglich abgestempelt werden. Aber hier darf man nicht zu schnell sein. Nur weil man etwas noch nie gesehen hat, heißt das ja noch lange nicht, dass es auch unmöglich ist. Solange es innerhalb der Grenzen der Naturgesetze liegt, ist es vielleicht doch irgendwann möglich. Nur weil man aktuell noch nicht weiß, wie es funktioniert, darf man es nicht gleich abschreiben. Diese Interpretation der Realität ist nämlich der sehr viel wichtigere Punkt, wenn es darum geht zu entscheiden, was tatsächlich möglich ist und was nicht.
Die Realität hat nämlich eine sehr weite Vorstellung davon, was alles möglich ist. Genauer gesagt können wir gar nicht wissen, was tatsächlich alles möglich ist, bis auf die paar Dinge, die wir tatsächlich schon gemacht haben. Alles ist unmöglich, bis es zum ersten Mal gemacht wird. Vorher kannte man keinen Weg, jetzt existiert einer. Vielleicht bald zwei oder drei. Aber einmal mehr wurde bewiesen, dass die Realität viel mehr erlaubt, als wir für möglich gehalten hätten. Wichtig ist also unsere Interpretation der Realität. Die Geschichte, die wir uns selbst erzählen, was alles möglich ist und was nicht. Denn wenn man nicht daran glaubt, dass etwas möglich ist, wird man es sicherlich auch nicht schaffen. Wenn man dann aber daran glaubt, ist es doch möglich. Wer weiß schon, was alles innerhalb der Grenzen des Möglichen liegt? Wir haben nur unsere eigene Interpretation der Realität zum Vergleich und die ist ja wie schon oft gezeigt nicht sehr korrekt.
deine Interpretation
Die Grenzen der Realität spielen also in deinem Leben keine so große Rolle. Viel wichtiger sind die Grenzen in deiner Interpretation dieser Realität. Sie basieren auf der endlichen Menge deiner bisherigen Erlebnisse und deinem Wissen über die Zusammenhänge und Mechanismen der Welt. Und gleichzeitig sind sie viel enger als alles, was die Realität uns vorschreibt. Wir halten oft Dinge für unmöglich, die man einfach nur ausprobieren müsste, um zu sehen, dass sie tatsächlich möglich sind. Vielleicht hält uns ja die Angst vor tatsächlichem Erfolg davon zurück es mal auszuprobieren. Wer weiß? Die, die es doch ausprobieren und dabei ihr Verständnis für das tatsächlich mögliche erweitern, blicken jedenfalls nicht zurück. Sie suchen stattdessen nach noch viel mehr falschen Unmöglichkeiten in ihrer Interpretation der Realität.
Aber diese Interpretation geht noch viel weiter, als dir nur vorzuschreiben, was möglich ist und was nicht. Sie erklärt schließlich auch die Zusammenhänge. Wie es zu bestimmten Ereignissen gekommen ist. Was auf bestimmte Aktionen folgen wird. Und dieses persönliche Verständnis über die Zusammenhänge bestimmt, was du versuchst um etwas an den Tatsachen zu ändern. Du hast sogar deine persönliche Interpretation der Tatsachen: Was sie bedeuten, was andere damit beabsichtigt haben, und so weiter. Auch das beeinflusst deine Handlungen, aber vor allem auch wie du dich fühlst.
Deine Interpretation der Realität hat damit eine unglaublich große Macht. Sie bestimmt wie du dich fühlst und was du machst. (Weil sie dir sagt, was möglich ist und wie die kausalen Zusammenhänge lauten.) Lässt du diese Macht unbeaufsichtigt? Wird sie einfach von den Erlebnissen deines Lebens informiert und tyrannisiert daraufhin deinen Geist. Oder erschaffst du sie aktiv mit? Formst du sie nach deinen Bedürfnissen, so wie es am besten für deine Psyche ist? Wählst du die Interpretation eines Geschehnisses aus, die dir die besten Zukunftschancen gibt? Weil du dann eine positivere Einstellung hast. Weil du Gegenmaßnahmen oder darauf aufbauen für möglich hältst. Du solltest die Kontrolle über deine Interpretation der Realität zurückfordern und sehr vorsichtig mit ihr umgehen.
die Geschichten, die du dir selbst erzählst
Hier liegt der Ansatzpunkt, um deine Interpretation der Realität zu verändern. Wie erzählst du deine Erlebnisse in deinem Kopf nach? Warst du aktiv oder passiv? Konntest du Einfluss nehmen oder warst du nur ein Spielball im Sturm größerer Kräfte? Wie waren die Menschen dir gegenüber eingestellt? Was hast du bei einem bestimmten Erlebnis gespürt?
All diese Details sind oft ziemlich offen. Du musst selbst entscheiden, worauf du den Fokus legst, welche Variante der Geschichte du erzählen möchtest. Es gibt schließlich immer verschiedene Varianten, wie du sie nacherzählen könntest. Sie alle passen auf die paar wenigen Erinnerungen, die du davon mitgenommen hast. Dein Verstand füllt die Lücken auf, danach steht fest, was du darüber denkst. Was in deinen Augen tatsächlich passiert ist. Aber wie füllst du die Lücken auf? Wo liegen diese Lücken?
An dieser Stelle hast du eine Chance dein eigenes Weltbild zu verändern. Es kommt darauf an deine inneren Überzeugungen zu überschreiben, wie die Welt funktioniert, sodass die Lücken auf eine andere Art und Weise gefüllt werden. Und es kommt darauf an, auf was du überhaupt deinen Fokus richtest, denn dort werden dann sicherlich keine Lücken existieren. Du kannst deinen Fokus auf die positiven Erlebnisse richten. Auf die Momente, in denen du eine Entscheidung treffen durftest. Oder auf die netten Interaktionen, die du mit anderen Menschen hattest. Du kannst entscheiden. Wie entscheidest du dich?
Diese Entscheidungen sind wichtig. Sie bestimmen, wo die Lücken liegen und wie sie aufgefüllt werden. Dadurch bestimmen sie welche Geschichten du dir selbst erzählst. Ein Ereignis könnte so oder so nacherzählt werden. In deinem Kopf kann nur eine Variante existieren. Sie später zu verändern ist schwierig. Du kannst sie nur durch neue, ähnliche Erlebnisse überschreiben.
Und schließlich bestimmen diese Entscheidungen dadurch natürlich auch deine Interpretation der Realität. Deine ganz persönliche Einschränkung der tatsächlichen Möglichkeiten. Natürlich kann man sie durchbrechen. Man kann das sogar üben und eine Gewohnheit daraus machen. Aber was, wenn man direkt bei der Entstehung anpackt, anstatt die eigenen Überzeugungen später mühsam zu verändern.
Also laufe mit offenen Augen durchs Leben. Bemerke, wenn sich eine neue Überzeugung bilde und schreite aktiv ein. Lenke sie in eine Richtung, die du gerne hast. Wähle etwas, an das du bereitwillig glaubst, weil es gut ist, daran zu glauben. Forme deine Interpretation der Realität